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TIERE/141: Wipfelteamer ... (SB)



Sie sind nicht immer leicht zu entdecken, denn ihre Wohnstatt befindet sich auf Bäumen und dort fallen sie kaum auf, denn zum einen sind sie durch ihre Fellfärbung gut getarnt, zum anderen bewegen sie sich kaum merklich. Ein heftiges Laubrascheln wird sie also kaum verraten. Mit einer Gesamtlänge von 42 bis 80 Zentimetern erzielen sie ein Körpergewicht von 2 bis 11 Kilogramm. Auffällig ist ihre Haltung im Geäst. Man sieht sie nicht etwa auf einem Ast hocken, oder eher selten sich an einen Stamm lehnen. Faultiere hängen an ihren langen Armen und Beinen mit ihren Krallen fest umklammert an einem kräftigen Ast. Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen sie auf dem Baum. Hinabklettern kommt nur dann in Frage, wenn sie ihre Notdurft verrichten müssen oder den Baum wechseln möchten, weil der alte nicht mehr ausreichend Blätter trägt, die ihm Schutz und Nahrung sind. Doch das ist stets ein gefährliches Unterfangen, denn dort auf dem Boden sind sie ziemlich unbeholfen und werden leichte Beute für ihre Feinde. Sie laufen nicht auf allen Vieren, sondern ziehen sich mit ihren Vorderbeinen auf dem Erdboden entlang, indem sie ihre Krallen, die kräftig und wie Haken gebogen sind, tief in den Untergrund hieben. Natürlich erreichen sie auf diese Weise keine große Geschwindigkeit und könnten nicht vor einer Gefahr fliehen. Doch wenn sie angegriffen werden, verteidigen sie sich energisch mit eben diesen Krallen, die fast 10 Zentimeter lang wachsen und dem Angreifer schwere Verletzungen beibringen können.


Ein Faultier mit grün-bräunlicher Fellfärbung hängt am Baum - Foto: 2010, by Jsfouche (eigenes Werk) / CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), via Wikimedia Commons

Ein Faultier hängt am Ast
Foto: 2010, by Jsfouche (eigenes Werk) / CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), via Wikimedia Commons


Ein Leben auf dem Baum

Alle wichtigen Dinge des Lebens finden bei den Faultieren auf dem Baum statt. Dort suchen und finden sie ihren Partner. Das Weibchen stößt einen bestimmten durchdringenden Laut aus. Wird er von einem Männchen wahrgenommen, so macht sich dieser auf den Weg, um sich mit ihr zu paaren. Allerdings kann es eine Weile dauern, abgesehen davon scheint es sehr schwierig und schon fast ein akrobatischer Akt zu sein, auf den Ästen zu zweit zueinander zu finden. Doch bald danach leben die Faultiere wieder als Einzelgänger allein. Kaum vorstellbar, aber die Weibchen gebären dort oben auch ihre Jungen. Sie bringen nur eins zur Zeit zur Welt. Das Kleine umklammert sofort nach der Geburt den Bauch der Mutter, die in gewohnter Weise an einem Ast hängt. Schon nach wenigen Tagen fressen die kleinen Faultiere die Nahrung, die auch die Mutter zu sich nimmt, zumeist Blätter oder Früchte, manchmal auch kleine Insekten.

Hier stellt sich die Frage, ob und wie diese Tiere trinken. Da sie nur ungern ihren Baum verlassen, müsste es wohl eine Möglichkeit geben, wie sie ihren Flüssigkeitsbedarf auf andere Weise decken. Ihr Lebensraum, der tropische Regenwald Mittel- und Südamerikas, bietet immerhin ausreichend Regenwasser. Lassen sie die Tropfen direkt in ihr Maul tropfen oder schlecken sie das von den Blättern abperlende Wasser auf? Von Faultieren, die in einem Zoo leben, weiß man, dass sie Wasser aus einer Schale mit ihren langen Krallen in ihr Maul "schaufeln". Vielleicht wurden freilebende Faultiere noch gar nicht beim Trinken beobachtet? In einigen Berichten wird behauptet, dass diese Tiere nie trinken würden. Nun, wie dem auch sei, jedenfalls scheinen sie sehr erfindungsreich zu sein, wenn es darum geht, möglichst unaufwendig zu leben. Eigentlich müsste man sie zu den Meistern der nachhaltigen Lebensweise ernennen. Sie brauchen nur wenig nährstoffreiche beziehungsweise kalorienreiche Nahrung, denn ihr Stoffwechsel arbeitet so langsam, dass sie mit dem Wenigen lange Zeit auskommen.


Ein Braunkehl Faultier schmiegt sich an einen Ast - Foto: 2003, by Stefan Laube (eigenes Werk) Tauchgurke / Public domain, via Wikimedia Commons

Ein Braunkehl Faultier im Baum
Foto: 2003, by Stefan Laube (eigenes Werk) Tauchgurke / Public domain, via Wikimedia Commons



Mehr als nur Tarnung

Faultiere sind exzellente Baumbewohner und sie sind bestens an diese Lebensweise angepasst. In dem Blattwerk sind sie kaum zu erkennen, denn ihr dichtes, pelzartiges Fell scheint grün-braun-grau, gereicht also zu einer perfekten Tarnung. Hier offenbart sich eine weitere Besonderheit der Faultiere. Sie leben mit Algen und mit einer bestimmten Mottenart, die sich in ihrem Fell angesiedelt hat, in Symbiose. Wenn die Faultiere ihren Baum verlassen, um ihre Notdurft zu verrichten, nutzen beispielsweise die Motten diese Gelegenheit und legen ihre Eier in den frischen Kot hinein. Er dient als idealer Brutplatz und als Nahrungsquelle für die Mottenlarven. Die Motten erweisen sich wiederum als nützlich für das Faultier, indem sie besondere chemische Substanzen wie Stickstoffverbindungen in deren Fell abgeben, die dort das Algenwachstum fördern. Die Algen sind für das Faultier von Bedeutung, da sie ihm als zusätzliche wertvolle Nahrung dienen, die sich stets in seiner unmittelbaren Nähe befindet. Zudem sind es die Algen, die ihr Fell grünlich erscheinen lassen und somit das Tarnkleid gestalten.


An einem Ast wurde ein Faultiersklett aufgehängt, so dass die sehr langen Vorderbeine und die etwas kürzeren Hinterbeine, wie auch der schmale Brustkorb deutlich zu erkennen sind - Foto: 2012, by Chris Dodds / CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0), via Wikimedia Commons

Skelett eines Faultiers
Foto: 2012, by Chris Dodds / CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0), via Wikimedia Commons


Diese für alle Beteiligten vorteilhafte Lebensgemeinschaft zeigt einmal mehr die eng aufeinander abgestimmten Überlebensstrategien verschiedener Tier- und Pflanzenarten. Das Aussterben einer bedrohten Tierart, zu der auch das Faultier zu zählen ist, bedeutet auch für die Symbionten oftmals das Ende. Durch die Vernichtung des tropischen Regenwaldes und damit des Lebensraums dieser Baumbewohner, werden nicht nur unzählige alte, ehrwürdige Bäume getötet, sondern es wird das Leben vieler verschiedener Arten bedroht oder vernichtet.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.biologie-schule.de/faultier-steckbrief.php

https://www.fr.de/wissen/faultier-unrecht-faulpelz-verschrien-11389188.html

https://www.abenteuer-regenwald.de/wissen/tiere/faultiere


24. September 2020


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