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ARBEITERSTIMME/282: Gefährliche imperialistische Machtprobe um die Ukraine


Arbeiterstimme Nr. 183 - Frühjahr 2014
Zeitschrift für die marxistische Theorie und Praxis
Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiter selbst sein!

Weltpolitische Krise:
Gefährliche imperialistische Machtprobe um die Ukraine



Beim Erscheinen dieser Nummer dauert die politische Krise in und um die Ukraine und um die Zukunft der Halbinsel Krim an. Im Kräftemessen zwischen dem offensiven Westen, angeführt von den nach weltweiter Dominanz strebenden USA und der sich an strategische Sicherheitspuffer (à la cordon sanitaire) klammernden Russischen Föderation werden inzwischen beiderseits Irrationalitäten sichtbar, die gefährlich und nur noch schwer in den Griff zu bekommen sind. Wird, nach dem blutigen Staatsstreich in Kiew, keine gangbare, für beide Seiten akzeptierbare diplomatische Schiene gefunden, könnten überstürzende Ereignisse sich zu militärischen Konflikten zwischen Rußland und der Ukraine ausweiten. Das ständige Vorrücken der NATO in Osteuropa bis an die russischen Grenzen (unter Bruch früherer westlicher Zusicherungen an Gorbatschow) und die Stationierung von Raketenabwehrsystemen bis vor die Haustüre (Verhinderung der Zweitschlagfähigkeit) wollte Moskau nicht tatenlos hinnehmen.

Aller Propaganda zum Trotz - in der Politik geht es vor allem um Interessenlagen, vor allem strategischer und wirtschaftlicher Art. Moralische Prämissen, die man selbst meist nicht einhält (z.B. bei dem Völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien), sollen oft die wahren Absichten verschleiern. So rollt auch in Deutschland bezüglich des Konflikts um die Ukraine wieder eine mediale Hetzkampagne, wie wir sie ähnlich in Hinsicht auf den syrischen Bürgerkrieg erleben. "Verletzung des Völkerrechts", Grausamkeiten der Kriegsführung usw. rechnen die konformistischen Medien der NATO-Staaten - und natürlich auch die Rußlands - immer nur der anderen Seite zu.

Es kommt nun wesentlich darauf an, wie es innenpolitisch in der Ukraine weitergeht. Die Beteiligung der faschistischen Swoboda-Partei an der illegitimen Kiewer Regierung, der Terror der Rechten und die Pläne zur Benachteiligung der russischen Einwohner sind alarmierende Zeichen. Werden Teile des Staates sich abtrennen, wie die Krim? Wer rettet die Ukraine vor dem wirtschaftlichen und finanziellen Bankrott? Wie wird der Westen politisch und wirtschaftlich auf die Intervention Rußlands auf der Krim reagieren? Sanktionen haben bekanntlich kurze Beine, da sie wie ein Bumerang zurückschlagen könnten. Merkels Töne werden leiser, da die deutsche Wirtschaft laut und deutlich vor Sanktionen warnt. Die Geldmittel, die der Westen den neuen Kiewer Machthabern und übergelaufenen Oligarchen in Aussicht stellt, sind völlig unzureichend und reichen nicht an russische Versprechungen heran.

Die Massen der Demonstranten hatten Janukowytschs Regierung "der Regionen" zu Fall gebracht. Die offene Einmischung des Westens sowie Mord und Totschlag disqualifizierten den Aufstand. Doch die Hauptgründe für die Empörung waren der längst in Gang befindliche Niedergang des Landes, Korruption, Ungerechtigkeit und die Perspektivlosigkeit innerhalb der bisherigen "Ordnung". Der Westen hat den Aufruhr mit allen Mitteln angeheizt, auch mit fünf Milliarden Dollar für die "Opposition", laut Aussage einer US-Spitzendiplomatin.

"Wir betonen, dass die Entwicklungen in der Ukraine mit der Intervention der EU und der USA verbunden sind. Sie sind die Folge des starken Konkurrenzkampfes dieser Kräfte mit Russland zur Kontrolle der Märkte, der Rohstoffe sowie der Transportnetze des Landes. Das Volk der Ukraine, wie alle Völker Europas, hat kein Interesse daran, sich auf die Seite des einen oder des anderen Imperialisten, des einen oder des anderen Wolfsbündnisses zu schlagen."
Auszug aus der Erklärung von 31 "kommunistischer und Arbeiterparteien"
Die politischen Folgen der kapitalistischen Systemkrisen brechen auf

Wenn seit einiger Zeit in verschiedenen Teilen der Welt Bewegungen diffusen Charakters sich ausbreiten und gegen die jeweils herrschenden Regierungen protestieren, besteht eine der Hauptursachen in der sozialen Not und Aussichtslosigkeit, welche die kapitalistischen Wirtschafts- und Finanzkrisen hervorgerufen haben. Auch die Ukraine wurde 2009 schwer davon betroffen, was ihre überkommene industrielle Rückständigkeit verstärkte und die Misswirtschaft der Oligarchen-Regierungen offenbarte. Dazu kommt, die Russen jenseits der Grenzen haben einen höheren Lebensstandard und in den Westgebieten der Ukraine lockt der Blick auf die angeblich "soziale" Marktwirtschaft der EU-Länder. Doch Letzteres muß sich erst als vergeblicher Traum herausstellen. Wie bekannt, würden die unausbleiblichen Auflagen einer neuen "Troika" die Ukrainer noch mehr ins soziale Elend stürzen, siehe Griechenland.

Kriege kommen nicht aus heiterem Himmel. Es sind eben die Gesetzmäßigkeiten des kapitalistischen Systems, die die Katastrophenentwicklungen von Konjunktur-Krisen und Kriegen in sich bergen. Beide Kontrahenten im Ukraine-Konflikt, die USA/EU und auch Rußland, sind kapitalistische Gesellschaften und sie verhalten sich entsprechend: Sie sind ihrem Wesen nach imperialistisch. Es ist noch nicht so lange her, dass Rußland in einem grausamen Krieg Tschetschenien unterwarf; ganz zu schweigen von den Kriegen und "Interventionen" der USA. Imperialistische Staaten kämpfen um Absatzmärkte, Rohstoffquellen und um strategische Positionen hierfür; wenn es darauf ankommt, auch mit allen Mitteln. Sie sind ökonomisch miteinander verflochten und gleichzeitig in einem scharfen Konkurrenzverhältnis. Das bestimmt ihre Politik, auch im Ringen um die Ukraine. Noch kann der US-Hegemon mit der Atommacht Rußland nicht umgehen wie mit anderen unbotmäßigen Staaten.

Unterstützen wir jene Kräfte, die in diesem Konflikt auf Verhandlungen und Kompromisse setzen, statt auf Gewalt, Kriegsdrohungen und Interventionen!

Keine forcierte Militarisierung in Deutschland!

14.3.2014

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Quelle:
Arbeiterstimme Nr. 183 - Frühjahr 2014, Seite 13 bis 14
Verleger: Thomas Gradl, Bucherstr. 20, 90408 Nürnberg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2014