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GEGENWIND/634: "Ihr seid nur sieben - wir sind sieben Milliarden!"


Gegenwind Nr. 320 - Mai 2015
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein & Hamburg

WIRTSCHAFT
"Ihr seid nur sieben - wir sind sieben Milliarden!"

Für das G7-Außenministertreffen wird die Lübecker Innenstadt von 3.500 Polizisten für Tage in Schutzhaft genommen

Von Günther Stamer


Lübeck war für mehrere Tage Mitte April im Ausnahmezustand: Polizei in der Innenstadt, Scharfschützen auf Dächern. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte zum G7-Gipfel geladen, zu Gast waren die Außenminister aus den USA, Frankreich, Italien, Großbritannien, Kanada, Japan sowie die EU-Außenbeauftragte.


Gegen das G7-Außenministertreffen protestierten am 14. April rund 3.000 Menschen in Lübeck und prangerten auf zwei Kundgebungen und einer kämpferischen Demo Kapitalismus, Krieg, Rassismus und das geplante Freihandelsabkommen TTIP an. Aufgerufen zum Protest hatte das Bündnis "stop//G7 in Lübeck-und anderswo!" Schon am Tag zuvor waren 500 Teilnehmer*innen auf einer Nachttanzdemo tanzend durch die Innenstadt zum Rathaus gezogen, um "einZeichen für mehr globale Bewegungsfreiheit" zu setzen.

In dem Aufruf zu den Protesten hieß es u.a.: "In unserer Vorstellung einer solidarischen, gerechten und friedfertigen Welt haben Machtblöcke wie die G7 keinen Platz mehr. Ihr Einfluss muss zurückgedrängt werden, damit Demokratie von unten über Grenzen hinweg wachsen kann. Die G7-Weltordnung ist eine Ordnung der Ungerechtigkeit, des Elends, der Gewalt und sie ist eine ökologische Sackgasse. Die Privilegien und Profite weniger stehen über den Interessen der großen Mehrheit der Menschen. Aber diese Welt gehört nicht 7 Regierungen. Eine solidarische, friedliche und demokratische Welt kann es nur durch Widerstand gegen die G7-Politik geben. Deswegen sagen wir den G7-Außenministern am 14. und 15. April in Lübeck: NEIN, ihr seid uns nicht willkommen. Wir wollen eure Politik nicht, wir wollen nicht, dass unsere Stadt die Kulisse für eure Medieninszenierung ist. Wir gehen auf die Straße, um deutlich zu zeigen: Eine andere Welt ist möglich. Es ist unsere Welt und sie wird von unten aufgebaut."

Nach dem Protestzug durch die Innenstadt brauchten die martialischen Polizeikohorten dann noch etwas Bewegung und veranstalteten für kurze Zeit mit G7-Gegnern ein Katz-und-Maus-Spiel in der Lübecker Innenstadt. Dies wurde wohl vor allem auch deshalb veranstaltet, um - wie schon bei den EZB-Protesten in Frankfurt - entsprechende Bilder für die Medien zu produzieren. Noch nie hatte es in Lübeck ein derartiges Polizeiaufgebot gegeben: 3500 Mann / Frau waren im Einsatz. Die City war im Belagerungszustand: etliche Kilometer "Hamburger Gitter", drei Sicherheitszonen mit Begehungs-, Fahr- und Halteverboten, ein zum Teil ausfallender Busverkehr sowie Anwohner, die von Polizeikräften peinlichst kontrolliert und bis vor die Haustür begleitet wurden. Die Stimmungsmache gegen die Giobalisierungskritiker hatte u. a. auch dafür gesorgt, dass Lübecks DGB-Vorsitzender (der Mitglied der Gewerkschaft der Polizei ist) eine Kundgebung der Gewerkschaft neben dem DGB-Haus absagte aus "Angst vor gewalttätigen Protestlern". Dies stieß glücklicherweise auf wenig Verständnis bei den Gewerkschaftskolleg*innen und es fand trotzdem eine Kundgebung neben dem DGB-Haus mit anschließender Demo statt.

Die Zusammenkunft der Außenminister in Lübeck diente zugleich der Vorbereitung für das Treffen der G7-Regierungschefs Anfang Juni in Elmau bei Garmisch Partenkirchen. Auch das dortige Treffen wird mit Sicherheit von G7-Gegnern kritisch und aktionsorientiert begleitet werden.

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Quelle:
Gegenwind Nr. 320 - Mai 2015, Seite 24-25
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2015

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