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GLEICHHEIT/3595: USA und Alliierte richten sich auf langen Krieg in Libyen ein


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

USA und Alliierte richten sich auf langen Krieg in Libyen ein

Von Barry Grey
7. April 2011


Die unter amerikanischer Führung stehende militärische Allianz wies am Montag ein Waffenstillstandsangebot der libyschen Regierung ab. Sie forderte als Vorbedingung für jegliche Lösung der Krise erneut, dass der libysche Führer Muammar Gaddafi zusammen mit seiner Familie das Land verlässt. Nachdem der Krieg von USA und Nato in die dritte Woche eingetreten ist, wurde die Täuschung entlarvt, nach der es sich um eine "humanitäre" Intervention zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung handele. Die imperialistischen Mächte bereiten sich auf länger andauernde Kriegshandlungen zur Absetzung Gaddafis und zur Errichtung eines kolonialistischen Vasallenstaates vor.

Der britische Premierminister David Cameron machte am Montag einen nicht angekündigten Besuch auf einem italienischen Luftwaffenstützpunkt, der der britischen Royal Air Force (RAF) als Basis für Luftschläge gegen Gaddafis Streitkräfte sowie gegen vermutete militärische Ziele in Tripolis und anderen Städten dient. Er kündigte an, Großbritannien werde für Angriffe auf Bodenziele zu den derzeit acht im Einsatz befindlichen Tornados vier zusätzlich entsenden.

Die Aufstockung soll teilweise den Abzug amerikanischer Flugzeuge aus dem Luftkrieg gegen Libyen kompensieren. Obama stimmte der Aufforderung der Nato zu, den Abbruch des direkten Engagements der USA bei Luft- und Raketenschlägen um 48 Stunden aufzuschieben.

Washington wird weiterhin das Kriegsgeschehen bestimmen und das Ergebnis diktieren. Nicht nur, dass es die Nato dominiert und die notwendige militärische Ausrüstung für den Luftkrieg stellt, es übt auch ausschlaggebenden Einfluss auf die Opposition gegen Gaddafi aus, die von einstigen Regierungsmitgliedern Gaddafis und ehemaligen Exilanten mit Verbindungen zur CIA angeführt wird. Außerdem operieren CIA- und Sondereinsätzkräfte aus den USA auf libyschem Boden.

Ebenfalls am Montag sagte der britische Außenminister William Hague vor dem Parlament, Großbritannien werde den so genannten "Rebellen"-Streitkräften "nicht tödliche" Ausrüstung aus dem Telekommunikations- und Infrastrukturbereich, jedoch keine Waffen zukommen lassen. Nach Aussagen von amerikanischen Regierungsvertretern denkt Washington noch darüber nach, ob es den Nationalen Übergangsrat bewaffnen soll. Als ersten Schritt werde es wohl "nicht tödliche" Hilfe leisten.

Weiter sagte Hague, insgesamt seien seit vergangenem Donnerstag von der Allianz 701 Einsätze, darunter 276 Kampfeinsätze, geflogen worden.

Inzwischen, so der Chef der RAF, Luftmarschall Sir Stephen Dalton, zur Tageszeitung Guardian, plane die RAF für mindestens weitere sechs Monate Operationen in Libyen.

Die Bodenkämpfe zwischen Regierungskräften und den Truppen der imperialistisch protegierten Opposition haben sich im Umfeld zweier Städte festgefahren - um Misurata im Westen und um den Hafen von Brega im Osten. Ohne eine entscheidende Ausweitung der militärischen Intervention des Westens, haben die "Rebellen" wenig Aussicht auf einen Sieg über die Truppen Gaddafis. Gaddafis Streitkräfte wiederum werden durch die massive tödliche Feuerkraft Frankreichs, Großbritanniens, der Nato und weiterer Länder an der Niederschlagung der schlecht ausgebildeten und nicht organisiert kämpfenden Aufständischen gehindert.

Wenn das Regime Gaddafis nicht, wie es sich die imperialistischen Mächte wünschen, in sich zusammenbricht, könnte sich ein langwieriger Bürgerkrieg anbahnen.

Gaddafis amtierender Außenminister Abdelati Obeidi führte am Sonntag in Griechenland und am Montag in der Türkei und Malta Gespräche, um die Unterstützung dieser Länder für die Aushandlung eines Waffenstillstands sowie für die Aufnahme von Gesprächen zwischen Regime und Opposition zu gewinnen. Nach einem Treffen Obeidis mit dem griechischen Premierminister Giorgos Papandreou sagte ein griechischer Regierungsbeamter: "Der libysche Gesandte wollte übermitteln, dass sein Land zu verhandeln bereit sei." Dann fügte der Beamte noch hinzu: "Wir glauben nicht an eine militärische Lösung der Krise."

Das griechische Außenministerium ließ verlauten, es habe die Aufgabe übernommen, eine "politische, diplomatische Lösung" der Krise in Libyen anzusteuern.

Athen und Istanbul stehen hinter dem Krieg von USA und Nato, streben allerdings die Rolle des Moderators bei der Aushandlung eines Waffenstillstands und weiterreichender Regelungen an. Sie wiederholen zwar die offizielle Linie der Vereinten Nationen, Gaddafi müsse einseitig die Kampfhandlungen einstellen und seine Streitkräfte aus den umkämpften Gebieten zurückziehen, lassen jedoch die Forderung nach einem Regimewechsel unter den Tisch fallen.

Die New York Times berichtete am Montag, zwei der sieben Söhne Gaddafis, Saif al-Islam el-Gaddafi und Saadi el-Gaddafi, hätten den Vorschlag eingebracht, Gaddafi solle die Macht an Saif übergeben, unter dessen Leitung dann der Übergang zu einem demokratischeren Regime stattfinden könne.

Genau wie das Waffenstillstandsangebot von Obeidi fegten Regierungsvertreter aus Großbritannien und aus Italien auch diesen Vorschlag vom Tisch. Sie unterstützten eine Erklärung des oppositionellen Nationalen Übergangsrats in Bengasi, nach der Gaddafi und seine Söhne gehen müssen, "bevor diplomatische Verhandlungen überhaupt stattfinden können."

Der italienische Außenminister Franco Frattini kündigte nach einem Treffen mit Ali Essawi, einem Mitglied des Nationalen Übergangsrats, in Rom an, Italien erkenne den Nationalen Übergangsrat als einzige legitime Regierung Libyens an. Italien ist ehemalige Kolonialmacht in Libyen und nunmehr das dritte Land, das nach Frankreich und Katar diesen Schritt unternimmt.

Auf einer Pressekonferenz sagte Frattini: "Es gibt eine Bedingung für eine Regelung der Zukunft Libyens - das Regime Gaddafis muss aufgeben und Gaddafi persönlich in Begleitung seiner Familie das Land verlassen." Dazu merkte er noch an, eine Interimsregierung eines der Söhne Gaddafis sei "keine Option."

Hagues Bericht im Unterhaus folgte der gleichen Linie. Der Guardian berichtete: "Hague sagte, nur ein 'wirklicher Waffenstillstand' mit dem Rückzug der Streitkräfte aus den umkämpften Städten würde die Einstellung der Luftschläge der Allianz nach sich ziehen." Mit anderen Worten, nur Gaddafis vollkommene Kapitulation wäre hinreichend, um den Luftkrieg zu stoppen.

Weiter sagte Hague, Gaddafi "muss gehen".


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Quelle:
World Socialist Web Site, 07.04.2011
USA und Alliierte richten sich auf langen Krieg in Libyen ein
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. April 2011