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GLEICHHEIT/5061: Washington, Brüssel und Berlin verschärfen Konfrontation mit Russland


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Washington, Brüssel und Berlin verschärfen Konfrontation mit Russland

Von Johannes Stern
12. März 2014



Vor dem Referendum über den Status der Krim am 16. März erhöhen Washington, Brüssel und Berlin den diplomatischen und militärischen Druck auf Russland.

Am Dienstag suchte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Konfrontation mit Moskau. Nach Berichten der Nachrichtenagentur Reuters beschuldigte sie Russland in einer Rede vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen "die Prinzipien der Nachkriegsordnung" zu verstoßen. Teilnehmer bezeichneten ihren Aufritt als "emotional".

Merkel drohte: "Das Vorgehen auf der Krim ist eine Annexion, die man Russland nicht durchgehen lassen kann." Die Bundesregierung sei bereit, auch negative Folgen schärferer Sanktionen gegen Russland in Kauf zu nehmen. Das Handeln gegenüber Russland müsse von "einer gewissen Härte" geleitet sein. Dabei sei es wichtig, dass die EU-Staaten von "Lissabon bis Riga" zusammenhielten.

Bei einem Treffen in London kündigten Vertreter der Europäischen Union (EU) weitere Sanktionen gegen Russland an. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk erklärte, dass die EU unabhängig vom Ausgang des Referendums Sanktionen verhängen werde. Im Grundsatz sei eine solche Entscheidung schon gefallen und auch zum Prozedere, verkündete Tusk. Insofern "scheint es offensichtlich, dass ab Montag nächster Woche konkrete Sanktionen auch umgesetzt werden."

Am 17. März findet ein EU-Außenministertreffen in Brüssel statt, das den Auftakt für neue Sanktionen bilden könnte. Ein britischer Regierungsvertreter erklärte, es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass "wir schon früher tätig werden, wenn es nicht in den nächsten Tagen zu einem Dialog kommt".

Die Sanktionen, darunter Reiseverbote für bestimmte russische Vertreter und das Einfrieren ihrer Guthaben wären die zweite Stufe des dreistufigen EU-Plans. Als ersten Schritt hatte die EU letzte Woche vereinbart, Gespräche über Visa-Erleichterungen und ein neues Investitionsabkommen mit Russland auszusetzen. Das dritte Stadium würde ein Waffenembargo und harte Handelssanktionen umfassen.

Die Bundesregierung und die EU stellen sich damit voll hinter Washington. Bereits Anfang der Woche hatte der amerikanische Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, erklärt, dass die Vereinigten Staaten das Ergebnis des "so genannten Referendums" nicht anerkennen würden. Auch er hatte mit weiteren Schritten gegen Russland gedroht und angekündigt, Washington sei "nicht bereit das Ergebnis des Referendums zu akzeptieren", weil es die Krim "als integralen Teil der Ukraine" betrachtet. Er beschuldigte Russland den Status der Krim "mit vorgehaltener Waffe" ändern zu wollen.

Pyatt sagte, Präsident Obama und Außenminister John Kerry hätten über das Wochenende Gespräche mit europäischen Führern geführt und die USA und die Europäische Union stimmten vollständig darin überein, dass nach dem Referendum härtere Sanktionen folgen würden. "Da passt kein Blatt zwischen uns", sagte er.

Die USA und die EU verschärfen ihre Aggression gegenüber Moskau, obwohl der chinesische Präsident Xi Jinping am späten Sonntag mit Obama und Merkel telefonierte und sie aufforderte, Zurückhaltung zu üben. "Die Situation in der Ukraine ist extrem komplex. Das dringendste ist, dass alle Seiten ruhig bleiben und Zurückhaltung üben, um eine Eskalation der Spannungen zu vermeiden", soll Xi zu Obama gesagt haben. "Die Krise muss mit politischen und diplomatischen Mitteln gelöst werden", fügte er hinzu. Er bot an, dass China als diplomatischer Vermittler aktiv werden könne.

Xi soll Merkel gegenüber betont haben, dass die Situation "hoch explosiv" sei und dass China daran interessiert sei, eine politische Lösung der Krise zu finden.

Offensichtlich erzielte die chinesische Intervention keine Wirkung. Schon ohne formellen Beschluss über Handelssanktionen unternimmt die EU vorbereitende Schritte, russische Energielieferungen nach Europa zu blockieren. Die Europäische Kommission beschloss am Montag, dem russischen Energieriesen Gazprom zu verbieten, mehr Gas nach Mitteleuropa zu liefern. Der Financial Times zufolge "geben EU-Vertreter zu, dass diese Maßnahme mindestens so sehr geopolitisch begründet ist, wie technisch."

Die Entscheidung reiht sich ein in eine ganze Reihe von aggressiven Provokationen der imperialistischen Mächte. Moskau hatte nach dem anti-russischen Putsch in der Ukraine Schritte eingeleitet, um die Krim zu sichern, die eine russischsprachige Mehrheit hat und die russische Schwarzmeerflotte beherbergt.

Um ihre geopolitischen Ziele zu erreichen und den russischen Einfluss nicht nur im westlichen Teil der Ukraine zu zerstören, sondern auch im Osten und in der gesamten Region, sind Washington, Berlin und Brüssel bereit, die Ukraine in einen Bürgerkrieg zu stürzen und eine militärische Konfrontation mit Russland zu riskieren.

Die Nato gab am Montag bekannt, dass sie AWACS-Aufklärungsflugzuge in Polen und Rumänien stationieren werde, "um die Krise in der Ukraine besser überwachen zu können."

Deutschland spielt bei den militärischen Vorbereitungen eine immer stärkere Rolle. Die meisten AWACS-Flugzeuge sind im deutschen Geilenkirchen stationiert. Parallel dazu erhöhen die USA die Zahl ihrer F-15 Kampfflugzuge, die für die Nato über dem Baltikum patrouillieren.

Am Sonntag kündigte der Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in einem Interview mit der Bild-Zeitung an, die Effizienz der ukrainischen Armee zu erhöhen. Am Montag begann das ukrainische Militär mit Manövern. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums testet die Regierung die Gefechtsbereitschaft ihrer Truppen.

Nur einen Tag vorher hatte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk in einer nationalistischen und kriegerischen Rede vor Regierungsunterstützern erklärt: "Unsere Väter und Großväter haben ihr Blut für dieses Land vergossen. Und wir werden nicht einen Quadratzentimeter ukrainischen Bodens aufgeben. Russland und sein Präsident sollen das wissen."

Der reaktionäre Charakter der ukrainischen Regierung und der so genannten "Maidan-Bewegung" wird immer deutlicher sichtbar. Am Sonntag wurde der russische Oligarch Michael Chodorkowski freundlich willkommen geheißen, als er zu einigen Tausend Demonstranten auf dem Maidan in Kiew sprach.

Chodorkowski personifiziert eine Schicht ehemaliger Stalinisten, die nach der Auflösung der Sowjetunion ihre Positionen in der Bürokratie nutzten, um durch Betrug und Diebstahl am staatlichen Eigentum unglaubliche Reichtümer anzuhäufen. Er verbrachte zehn Jahre im Gefängnis, bevor er Ende letzten Jahres durch einen Deal der Bundesregierung mit dem Putin-Regime frei kam.

In seiner Rede auf dem Maidan verurteilte Chodorkowski das Putin-Regime und leugnete die Rolle der faschistischen Elemente, die den Putsch gegen den von Russland gestützten Präsidenten Wiktor Janukowitsch angeführt hatten. "Die russische Propaganda lügt wie immer", sagte er. Es gibt hier keine Faschisten oder Nazis, nicht mehr jedenfalls als in Moskau oder St. Petersburg. Ich versichere Euch, es gibt ein ganz anderes Russland."

Chodorkowskis Anwesenheit auf dem Maidan unterstreicht, dass die Protestbewegung nichts mit Demokratie oder Menschenrechten zu tun hat. Das neue Regime in Kiew stützt sich auf ukrainische Oligarchen, die Chodorkowski in nichts nachstehen. Es arbeitet mit extrem rechten und faschistischen Gruppen zusammen, um der Arbeiterklasse scharfe Kürzungen aufzuzwingen und den imperialistischen Mächten zu helfen, Russland zu isolieren und zu zerschlagen.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 12.03.2014
Washington, Brüssel und Berlin verschärfen Konfrontation mit Russland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2014