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GLEICHHEIT/5159: Wahlen in Thailand frühestens in 15 Monaten


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Wahlen in Thailand frühestens in 15 Monaten

Von Ben McGrath
6. Juni 2014



Das thailändische Militär, das sich am 22.Mai an die Macht putschte, festigt seine Herrschaft durch ein resolutes Vorgehen gegen sporadische Proteste, die Festnahme von Oppositionellen und den Ausschluss von Wahlen für mindestens 15 Monate.

In seiner ersten öffentlichen Ansprache am vergangenen Freitag verteidigte der Putschistenführer General Prayuth Chan-ocha den Umsturz mit der Behauptung, die Militäraktionen seien erforderlich gewesen, um nach Monaten von Unruhen die Ordnung wiederherzustellen. Tatsächlich ist es allerdings so, dass das Militär die monatelang währenden Intrigen und Proteste, die auf eine Destabilisierung der gewählten Pheu-Thai-Regierung von Premierministerin Yingluck Shinawatra abzielten, stillschweigend gestützt hat.

Prayuth skizzierte einen dreiphasigen Prozess mit "einem Zeitrahmen von einem Jahr und drei Monaten, um sich in Richtung von Wahlen zu bewegen". Nach seinen Plänen soll das Militär drei Monate lang Druck auf Pheu Thai ausüben, damit die Partei, in den Worten von Prayuth, "einen Weg zur Zusammenarbeit" mit der oppositionellen Demokratischen Partei findet. Im darauffolgenden Jahr solle eine vorläufige Verfassung entworfen und ein Übergangspremierminster mit einem Übergangskabinett gekürt werden. Wahlen wurden auf einen unbestimmten Zeitpunkt nach Abschluss dieses Prozesses verschoben.

In Wirklichkeit hat das Militär nicht die Absicht, die Macht abzugeben, solange nicht ausgeschlossen ist, dass Pheu Thai als Sieger aus einer Wahl hervorgehen könnte. Die Armee hatte im Jahre 2006 den damaligen Premierminister Thaksin Shinawatra, Yinglucks Bruder, des Amtes enthoben und die Verfassung umgeschrieben, um die Pro-Thaksin-Fraktion innerhalb der herrschenden Eliten an den Rand zu drängen. Dennoch gewann Thaksins Partei die Wahlen von 2007, was zu neuerlichen interfraktionellen Kämpfen und wiederholt zu politischen Unruhen führte.

Zunächst unterstützten die traditionellen herrschenden Eliten - die Monarchie, das Militär und die staatliche Bürokratie - die Wahl des Telekommilliardärs Thaksin im Jahre 2001. Als er sich jedoch mit seiner Politik der Öffnung Thailands für ausländische Investoren in Widerspruch zu ihren wirtschaftlichen Interessen setzte, wandten sie sich gegen ihn. Auch seinen populistischen Maßnahmen, wie der Schaffung einer erschwinglichen Gesundheitsversorgung und der Darlehensvergabe, durch die er sich für die Wahlen Unterstützung bei den Armen in Stadt und Land aufbaute, lehnten sie entschieden ab.

Prayuth verkündete am vergangenen Freitag, dass die Rückkehr zu einer Zivilregierung "nicht erfolgen wird, wenn weiter ohne ein echtes Verständnis für Demokratie protestiert wird". Die Militärjunta - der Nationale Rat für die Aufrechterhaltung von Frieden und Ordnung - ordnete an, dass sich mehr als 250 politische Führer, Wissenschaftler, Journalisten und andere potentielle Gegner in Kasernen zu melden haben. Die Armee hat nicht nur die Regierung, sondern auch Provinzgouverneure abgesetzt.

Die Medien sind weiter einer strengen Zensur unterworfen. Die Junta blockierte den Zugang zu etwa 200 Webseiten, wie der thailändischen Seite von Human Rights Watch (USA), und - für kurze Zeit am vergangenen Mittwoch - auch Facebook.

Am Sonntag brachte das Militär über ganz Bangkok verteilt 6.000 schwerbewaffnete Soldaten, darunter schnelle Eingreiftruppen, in Stellung, um hart gegen Demonstranten vorzugehen, die gegen den Putsch protestieren sollten. Militärbehörden verfügten die Schließung des Einkaufszentrums Terminal 21, nachdem eine Gruppe von Demonstranten Schilder mit den Aufschriften "Demokratie" und "Weg mit der Junta" hochgehalten hatten. Tausende von Kunden wurden angewiesen, das Einkaufszentrum zu verlassen. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen.

Laut Reuters versammelte sich am selben Tag eine Gruppe von Demonstranten auf einem erhöhten Weg, der zum Kunst- und Kulturzentrum von Bangkok führt. "Hunderte von Soldaten in Kampfanzügen stürmten den Aufgang, so dass Demonstranten und Zuschauer flüchteten" führt der Bericht aus.

Die Festgenommenen werden sich vor Militärgerichten ohne ein ordentlichen Verfahren, Verteidiger oder Rechtsmittel verantworten müssen. Die Junta hat die Berufungsgerichte kurzerhand geschlossen.

Demonstrationen in großem Maßstab fanden nicht statt. Pheu Thai und die ihr angeschlossene Vereinigte Front für Demokratie gegen Diktatur (UDD), die auch als "Rothemden" bezeichnet wird, haben sich den Forderungen des Militärs gefügt, jegliche politische Tätigkeit einzustellen. Die Kapitulation des Pro-Thaksin-Flügels spiegelt die Angst der herrschenden Klasse Thailands wieder, dass Proteste zu einer Erhebung der Arbeiterklasse und der Landbevölkerung führen könnten.

Amnuay Boontee, ein Koordinator der Rothemden, erklärte in der vergangenen Woche: "Die Rothemden wissen nicht, was sie tun sollen... Wir müssen abwarten, was die Armee macht und was unsere Führer in anderen Provinzen und Distrikten sagen". Vor dem Putsch hatten die Führer der UDD die Proteste, besonders diejenigen in Bangkok, absichtlich eingeschränkt, während sie leere Versprechungen machten, einem Putsch zu "widerstehen".

Am späten Sonntagabend hielt Luftwaffengeneral Prajin Juntong ein Treffen mit hochrangigen Vertretern der Wirtschaftsministerien des Landes ab und skizzierte eine Reihe von wirtschaftlichen Vorschlägen. Die Junta plant, das Programm der Regierung Yingluck zur Subventionierung der Reisbauern mit ihren eigenen speziellen Preisgarantien und dem Angebot günstiger Immobilienfinanzierungen zu ersetzen.

Diese Vorhaben sind nur eine Dekoration für das Austeritätsprogramm, wie es von der Wirtschaft gefordert wird, die die als verschwenderisch angesehenen Reissubventionen von Pheu Thai ebenso ablehnt wie höhere Mindestlöhne. Die thailändische Wirtschaft befand sich im Vorfeld des Putsches in einer Stagnation. Im ersten Quartal 2014 fiel die Zuwachsrate des BIP um 2,1 Prozentpunkte. Die Junta behauptet, sie könne 2015 ein Wachstum von 6,3 Prozent erreichen.

Am Samstag setzte die Junta den Vorsitzenden der Staatsunternehmen Thailands, von denen viele der abgesetzten Regierung nahestehen, eine Frist von zwei Tagen, um einen Bericht über ihre Geschäfte vorzulegen. Gleichzeitig regte sie ihren Rücktritt an. Eine Umstrukturierung der staatlichen Unternehmen würde zum Verlust vieler Arbeitsplätze führen.

Während sie den Putsch milde kritisiert und umgehende Neuwahlen fordert, hat die Obama-Administration die Machtübernahme durch das Militär faktisch gedeckt. Die USA verfügen über langjährige Verbindungen zum thailändischen Militär, das sie im Rahmen von Obamas "Pivot to Asia" (Konzentration auf Asien), der auf eine militärische Umzingelung Chinas abzielt, aufgerüstet haben.

Der US-amerikanische Verteidigungsminister Chuck Hagel forderte die Junta am Samstag in einer Rede vor dem Shangri-La Dialog in Singapur auf, die Inhaftierten zu entlassen und "die Macht des Volkes durch freie und faire Wahlen unverzüglich wiederherzustellen". Zur Erfüllung gesetzlicher Vorgaben verhängte Washington kosmetische Sanktionen, strich die Militärhilfe symbolisch um 3,5 Millionen Dollar und verkürzte gemeinsame Seemanöver.

Die Reaktion der USA gleicht derjenigen auf den Putsch von 2006. Während es die Beziehungen nominell herabstufte, führte das US-Militär 2007 Cobra Gold wie geplant zu Ende, das größte Militärmanöver in Asien.

Die australische Regierung - eine Hauptstütze des amerikanischen Pivot - folgte dem Beispiel. In einer gemeinsamen Erklärung, die sie am vergangenen Wochenende in Singapur abgaben, forderten Außenministerin Julie Bishop und Verteidigungsminister David Johnstone baldige Wahlen. Ihre Sanktionen umfassen die Absage von Reisen, die der Planung gemeinsamer Übungen zur Terrorabwehr dienen sollten, und die Beendigung "eines juristischen Lehrgangs über das Recht auf Militäroperationen für thailändische Offiziere".

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Quelle:
World Socialist Web Site, 06.06.2014
Wahlen in Thailand frühestens in 15 Monaten
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2014