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GLEICHHEIT/6842: Politischer Konflikt in Washington verschärft sich


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Nach dem Bericht von Sonderermittler Mueller Politischer Konflikt in Washington verschärft sich

Von Patrick Martin
27. März 2019


Am Montag verschärfte sich der politische Konflikt in Washington, nachdem Sonderermittler Robert Mueller seinen Bericht zu den Anschuldigungen vorgelegt hatte, Russland habe sich in die Wahl 2016 eingemischt und möglicherweise mit Trumps Wahlkampfteam konspiriert.

Justizminister William Barr erklärte am Sonntag in einem Brief an den Kongress, Mueller habe Trumps Wahlkampfteam vom Vorwurf der geheimen Zusammenarbeit freigesprochen, allerdings keine Aussage dazu getroffen, ob Trump wegen Justizbehinderung angeklagt werden soll, weil er versucht hat, die Ermittlungen zu behindern.

Trump und die Kongressrepublikaner begrüßten Muellers Bericht als vollständige Rehabilitierung des Präsidenten und seines Wahlkampfteams. Die Demokraten machten deutlich, dass sie die anti-russische Kampagne wie auch die Ermittlungen zu Trumps wirtschaftlichen und persönlichen Angelegenheiten unvermindert fortsetzen werden.

Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus Adam Schiff, der mehrfach behauptet hatte, es gebe überwältigende Beweise dafür, dass Trump ein Handlanger des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei, hat für diese Woche eine Reihe von Anhörungen wegen der angeblichen Beziehungen zu Russland angesetzt. In der ABC-News-Sendung "This Week" stellte er am Sonntag die Behauptung in Frage, Muellers Bericht habe seine Vorwürfe gegen Trump widerlegt. Er sagte: "Es gibt einen Unterschied zwischen zwingenden Beweisen für eine Komplizenschaft und der Schlussfolgerung des Sonderermittlers, er könne zweifelsfrei den Straftatbestand der Verschwörung beweisen."

Am Mittwoch wird Schiffs Ausschuss Trumps langjährigen Geschäftspartner Felix Sater über Trumps Versuche im Jahr 2016 befragen, ein Abkommen für den Bau eines Trump Tower in Moskau auszuhandeln. Am Donnerstag wird der Ausschuss eine Anhörung einberaumen zu den angeblichen Versuchen russischer Oligarchen und der russischen Regierung, den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu beeinflussen.

Der demokratische Abgeordnete Eric Swalwell aus Kalifornien, ebenfalls Mitglied des Geheimdienstausschusses, sagte am Montagabend auf CNN: "Wir wollen sichergehen, dass kein Angehöriger der US-Regierung, eingeschlossen der Präsident, jemals im Auftrag eines ausländischen Geheimdienstes gearbeitet hat. Wir wissen, dass es die Absicht gab, Hilfe von Russland zu erhalten."

Trump schlug am Montagabend bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus zurück und erklärte, seine Gegner hätten "unserem Land sehr böse Dinge ... verräterische Dinge angetan". Er forderte eine Untersuchung zum Hintergrund von Muellers Ermittlungen. Einen Tag zuvor hatte er bereits erklärt: "Das war eine rechtswidrige Erniedrigung, die gescheitert ist. Hoffentlich schaut sich auch jemand mal die andere Seite an."

Trumps persönlicher Anwalt, der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, erklärte am Montagmorgen auf Fox News zur Untersuchung der Ausschüsse des Repräsentantenhauses, des Senats und des Mueller-Ausschusses: "Wenn drei Untersuchungen keine Beweise für eine Verschwörung finden konnten, muss man sich fragen, wer sich das ausgedacht hat. Diese Idee ist nicht vom Himmel gefallen. Ich will wissen, wer dafür verantwortlich ist. Wer hat dafür gezahlt? Wer hat es geschürt?"

Als Antwort auf diese Fragen kündigte Senator Lindsey Graham, ein enger Verbündeter Trumps und Vorsitzender des Justizausschusses im Senat, eine Untersuchung dazu an, wie das FBI im Sommer 2016 die Ermittlungen zur angeblichen russischen Einmischung in die Wahl begonnen hat, und welche Rolle andere Geheimdienste, vor allem die CIA, bei dieser Entscheidung spielten.

Im nächsten Stadium der politischen Krise wird es vermutlich um die Forderungen der Demokraten gehen, das Justizministerium solle statt Barrs vierseitigem Brief, in dem er Muellers Entscheidung gegen weitere Ermittlungen zusammenfasst, den vollständigen Text von Muellers Bericht veröffentlichen.

Am Montagabend forderten die demokratischen Vorsitzenden von sechs Ausschüssen im Repräsentantenhaus Barr in einem Brief auf, ihnen bis zum 2. April, kommenden Dienstag, den vollständigen Text von Muellers Bericht zur Verfügung zu stellen. Damit hat er eine Woche Zeit, geheimes oder vertrauliches Material zu entfernen. Zu den sechs Vorsitzenden gehörten Schiff und Jerrold Nadler, Vorsitzender des Justizausschusses, von dem ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ausgehen würde.

Die Kongressdemokraten konzentrierten sich vor allem auf ein Zitat aus Muellers Bericht, das in Barrs Brief vom 24. März erwähnt wird: "Dieser Bericht kommt zwar nicht zu dem Schluss, dass der Präsident ein Verbrechen begangen hat, spricht ihn jedoch auch nicht davon frei." Diese höchst ungewöhnliche Feststellung haben die Demokraten benutzt, um anzudeuten, dass Muellers Bericht genug Beweise für eine Behinderung der Justiz enthalten könnte, um Barrs Entscheidung gegen weitere Ermittlungen hinfällig zu machen.

Anfangs behaupteten die Demokraten, Barr habe voreilig entschieden, da er Muellers Bericht weniger als 48 Stunden geprüft habe, bevor er sich gegen eine Anklage wegen Justizbehinderung entschied. CNN berichtete am Montag jedoch, Mueller habe Barr und Rosenstein bereits vor drei Wochen mitgeteilt, er empfehle kein Verfahren wegen Justizbehinderung.

Nadler erklärte, er werde vor Gericht Einspruch erheben, falls Barr dem Kongress Muellers Bericht vorenthält. Andere Demokraten fordern sogar eine noch umfassendere Offenlegung: die Übergabe des gesamten Untersuchungsberichts über Muellers Ermittlungen, einschließlich den Befragungen von mehr als 500 Zeugen, der Durchführung von fast 3.000 Vorladungen und den entsprechend Hunderttausenden Aktenseiten.

Unabhängig von den unmittelbaren Auswirkungen dieser Forderungen intensivieren die Kongressdemokraten, mit Unterstützung von Verbündeten aus dem Militär- und Geheimdienstapparat und dem Justizministerium ihre Untersuchungen zu Trumps finanziellen und persönlichen Angelegenheiten. Die Washington Post schreibt dazu: "Die Ermittlungen zu Trumps Tätigkeiten als Kandidat und als Präsident wird jetzt offener geführt werden. Mehrere Kongressausschüsse und Staatsanwaltschaften werden sich mit einer umfangreichen Ansammlung von angeblichen Missetaten befassen, u.a. mit den russischen Versuchen, sich in die Präsidentschaftswahl einzumischen, mit Trumps Finanzen, den Spendensammeltätigkeiten seines Amtseinführungskomitees, seiner Familienstiftung, seinen geschäftlichen Tätigkeiten seit der Amtsübernahme und seinen angeblichen Ehebrüchen und den damit verbundenen Schweigegeldern."

Die New York Times schrieb am Samstag in einem bemerkenswerten Leitartikel: "Die Untersuchungen gegen Trump werden mit Sicherheit bis zum Ende seiner Amtszeit andauern und vermutlich für den Rest seines Lebens Gerichtsverfahren gegen ihn laufen."

Nach dieser Warnung erschien am Montag ein weiterer Times-Leitartikel, in dem versucht wird, die Kampagne wegen der angeblichen Einmischung Russlands in die Wahl von 2016 am Leben zu erhalten. Dabei gibt die Zeitung jedoch zu, dass "Mueller und sein Team nicht nachweisen konnten, dass irgendjemand aus dem Umfeld von Trumps Wahlkampfteam an einer Verschwörung mit der russischen Regierung beteiligt war oder sich mit ihr abgestimmt hat ..." Damit widerlegt die Times faktisch die zwei Jahre andauernde Kampagne, mit der sie Desinformationen des FBI und der CIA verbreitet hat.

Der Leitartikel wiederholt die fadenscheinigen Behauptungen, die russische Regierung habe das Nationalkomitee der Demokraten (DNC) und die Computerserver von Clintons Wahlkampfteam gehackt. Er erwähnt jedoch nicht, was dabei enthüllt wurde: die systematischen Bemühungen des DNC, Clinton zum Sieg gegen Bernie Sanders zu verhelfen, und die Reden vor Top-Bankern und Investoren, die Clintons Unterwürfigkeit gegenüber ihren Geldgebern von der Wall Street enthüllten.

Muellers Bericht hat die anti-russische Kampagne der Demokraten und eines Großteils des Militär- und Geheimdienstapparats, die auch von der Times, der Post, CNN, MSNBC und der Mehrheit der Leitmedien unterstützt wurde, vollständig diskreditiert. Es handelte sich dabei nicht um eine Kampagne zur Verteidigung der "amerikanischen Demokratie", sondern um eine Verleumdung im Stil der McCarthy-Ära. Unter dem Vorwand des Kampfs gegen russische Unterwanderung sollte eine eindeutige außenpolitische Agenda durchgesetzt werden, in deren Mittelpunkt eine Verschärfung der US-Intervention in Syrien, der Ukraine und Osteuropa sowie in Zentralasien steht.

Die Demokraten haben nicht an den Widerstand der Bevölkerung gegen Trumps appelliert, nie gegen sein ultrarechtes Programm von Steuersenkungen und Deregulierungen für die amerikanischen Unternehmer, nie gegen Kürzungen bei Sozialprogrammen, nie gegen die massive militärische Aufrüstung und die Verfolgung von Immigranten protestiert. Schließlich unterstützen die Demokraten diese Politik im Wesentlichen, und sie würden sie nahezu unverändert fortführen, wenn sie an der Macht wären.

Mit der Demokratischen Partei kann kein ernsthafter Kampf gegen die Trump-Regierung geführt werden. Dafür ist dringend die Mobilisierung der Arbeiterklasse erforderlich, die sich unabhängig von den beiden Parteien des Großkapitals organisieren und eine politische Bewegung auf der Grundlage eines sozialistischen Programms aufbauen muss.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 27.03.2019
Nach dem Bericht von Sonderermittler Mueller
Politischer Konflikt in Washington verschärft sich
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2019

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