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INTERNATIONAL/063: Bangladesch - Wenn Berichte nichts bewirken, Fotoschau über paramilitärische Gewalt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Mai 2012

Bangladesch: Wenn Berichte nichts bewirken - Fotoschau über paramilitärische Gewalt

von Beena Sarwar

Foto, das 'Warterboarding' evoziert - Bild: © Mit der freundlichen Genehmigung von Shahidul Alam

Foto, das 'Warterboarding' evoziert
Bild: © Mit der freundlichen Genehmigung von Shahidul Alam

New York, 10. Mai (IPS) - In Bangladesch wird die paramilitärische Elitepolizei 'Rapid Action Battalion' (RAB) für mehr als 1.000 außergerichtliche Hinrichtungen in den vergangenen vier Jahren verantwortlich gemacht. Unzufrieden mit der geringen Wirkung, die Medienberichte über die Verbrechen in seinem Land erzielen, setzt der Bildjournalist Shahidul Alam auf die evozierende Kraft der Kunst.

Das Ergebnis seines Experiments sind symbolträchtige, eindrucksvoll beleuchtete Fotos, die bis zum 6. Mai im Rahmen der Ausstellung 'Crossfire' (Kreuzfeuer) im Queens-Museum in New York zu sehen waren. Der Versuch, sie 2010 in der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka zu zeigen, wurde durch einen Einsatz der Aufstandspolizei unterbunden.

"Ich wollte das Problem (der RAB-Gewalt) in einem anderen Kontext zeigen", sagte Alam in New York. Er verspricht sich von seiner Ausstellung mehr internationale Aufmerksamkeit für die Gräuel der bangladeschischen Paramiliz. "Wenn man mit dem, was man bisher getan hat, nicht das gewünschte Ergebnis erzielt, muss man seine Strategie ändern."

Die Bilder werfen ein Schlaglicht auf Menschenrechtsverstöße, die überall dort begangen werden, wo extralegale Hinrichtungen straffrei bleiben. "Durch Wikileaks haben wir erfahren, dass die USA und Großbritannien an der Ausbildung der RAB beteiligt waren. Wir hoffen nun, dass die Ausstellung in New York gerade vor diesem Hintergrund die Menschen zum Nachdenken gebracht hat", sagte Alam, Gründer der multimedialen 'Drik Picture Library' und der Non-Profit-Fotoagentur 'Majority World'.


RAB mit US- und britischen Waffen ausgerüstet

Nicht nur Hinrichtungen, auch Foltertechniken sind Thema der Ausstellung. "'Waterboarding' war uns in Bangladesch lange Zeit unbekannt", erklärte Alam, der auf die Foltermethode des simulierten Ertränkens ansprach. Den USA und Großbritannien warf er, die RAB auch mit Waffen ausgestattet zu haben - ein Vorwurf, mit dem sich inzwischen das britische Parlament befasst hat. Der Fotograf hofft, dass nun auch der US-Kongress dem Beispiel folgen wird.

In Bangladesch lösten die Ausstellungsvorbereitungen Proteste gegen die Aktivitäten der paramilitärischen Elitepolizei aus, die zunächst dazu führten, dass die außergerichtlichen Hinrichtungen im Lande abnahmen. Doch inzwischen hat die Zahl der Exekutionen und auch Entführungen wieder zugenommen.

Die Fotos rufen eine düstere, unheilvolle Atmosphäre hervor. Auf einem Unterwasserbild erkennt man Blasen, auf anderen eine Rikscha auf einer verlassenen Straße, ein Reisfeld und einen Sarong. Bringt man diese Fotos mit dem Wort 'Crossfire' zusammen, ergibt sich ein deutliches politisches Statement zu außergerichtlichen Hinrichtungen in Bangladesch.

"Dieses Bild handelt eindeutig von 'Waterboarding'", sagte Pramilla Malick aus Manhattan, die die Ausstellung besuchte. "Ich bekomme davon eine Gänsehaut."

Jedes Foto steht für einen tatsächlichen Fall und basiert auf soliden Recherchen über Folterungen, die zum Tod führten. Die Aufnahmen entstanden mitten in der Nacht, als Beleuchtungsquelle dienten Taschenlampen. "Daran erinnern sich Überlebende und Angehörige von Opfern", erklärte Alam. "Wie die Betroffenen nachts aus dem Schlaf gerissen wurden, indem man ihnen mit Taschenlampen ins Gesicht leuchtete. Dann wurden sie fortgebracht."

Nach der Schließung der Ausstellung in Dhaka hatte Alam Passanten in Video-Interviews zu dem Titel der Ausstellung gefragt. "Selbst Kinder wissen, was 'Kreuzfeuer' bedeutet", sagte ein Bangladescher. Ein anderer reagierte wütend und erklärte, dass man die Organisatoren der Ausstellung ins Kreuzfeuer nehmen solle. Die Polizei tue nur ihre Arbeit mit dem Ziel, das Land sicherer zu machen.


Milliardär Soros unterstützte Projekt

Der größte Teil des Publikums lobte die Organisatoren für den Versuch, die Hinrichtungen durch die Ausstellung an die Öffentlichkeit zu bringen. "Diejenigen, die getötet werden, sind nicht nur Kriminelle", sagte ein junger Mann. "Manchmal sind es ganz normale Leute, die auf dem Weg zur Arbeit waren. Ihre Leichen werden niemals ihren Familien übergeben."

Beide Ausstellungen wurden von den 'Open Society Foundations' des US-Milliardärs George Soros unterstützt, die auch den Druck von Postern mit Bildern finanziert hatten, die Menschenrechtsorganisationen in Bangladesch ausstellen wollten. Doch in letzter Minute bekamen sie kalte Füße. Alam vermutet dahinter die Angst vor der Weigerung der Regierung, ihnen ihre Lizenzen zu verlängern, die sie brauchen, um als Non-Profit-Organisationen arbeiten zu können. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.queensmuseum.org/9816/opening-reception-forum-crossfire-photographs-by-shahidul-alam-on-extrajudicial-killings-in-bangladesh
http://www.soros.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107717

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2012