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ALTERNATIVMEDIZIN/188: Wirksamkeit von Akupunktur bei Kopfschmerzen belegt (idw)


Forschungsgruppe Akupunktur und Chinesische Medizin (FACM) e.V. - Grafing, den 06.02.2009

Forschungsgruppe fordert Erstattung von Akupunktur bei Kopfschmerzen

Aktuelle Meta-Analysen belegen Wirksamkeit von Akupunktur


Grafing, 06. Februar 2009. Die Auswertung der Daten von 6.700 Kopfschmerz-Patienten zeigt: Akupunktur hilft bei Spannungskopfschmerz und Migräne mindestens ebenso gut wie die schulmedizinische Standardtherapie. Zu dieser Einschätzung gelangen zwei aktuell veröffentlichte Meta-Analysen der internationalen Cochrane Collaboration. Cochrane Meta-Analysen genießen in der Fachwelt hohes Ansehen und sind die Grundlage für die Entwicklung von medizinischen Leitlinien.

"Die Cochrane Reviews zeigen, dass Akupunktur bei Spannungskopfschmerzen und Migräne sehr gut hilft und mindestens so gut belegt ist wie konventionelle medikamentöse Therapieverfahren und dies bei viel geringeren Nebenwirkungen und wahrscheinlich deutlich besserer Langzeitwirkung. Damit ist aus medizinischer Sicht der Weg für eine Erstattung der Akupunktur bei Kopfschmerzen frei", sagte Prof. Albrecht Molsberger, Vorsitzender der Forschungsgruppe Akupunktur, am Mittwoch in Grafing bei München. Die Forschungsgruppe setzt sich seit Jahren für die Akupunktur in Deutschland ein. In Deutschland leiden rund zehn Millionen Menschen an behandlungsbedürftigen Kopfschmerzen. "Es kann nicht sein, dass Therapien, deren Wirksamkeit weniger gut belegt ist und die zudem starke Nebenwirkungen haben, von den Krankenversicherungen bezahlt werden und eine so gut belegte Therapie wie die Akupunktur für die Mehrheit der Patienten nicht erstattet wird", erklärte Molsberger. Die Behandlung mit Akupunktur nütze nicht nur dem Patienten, sondern sei wahrscheinlich langfristig ökonomischer als andere Therapieverfahren, da sie besonders lange wirksam sei.


Studien mit über 6.700 Patienten analysiert

Die Cochrane Collaboration hat 22 Studien bei 4400 Patienten zu Akupunktur bei Migräne ausgewertet. In einer weiteren Analyse wurden elf Studien bei 2300 Patienten mit Spannungskopfschmerzen untersucht.

Die Studien mussten mindestens acht Wochen dauern und über eine Kontrollgruppe verfügen, in der entweder eine medikamentöse Therapie, keine Behandlung, Scheinakupunktur oder andere nicht-medikamentöse Verfahren verglichen wurden. Einen wichtigen Anteil daran haben die gerac-Kopfschmerz-Studien (German Acupunture Trials) aus Deutschland, an der rund 1.200 Patienten mit Spannungskopfschmerz oder Migräne teilgenommen haben und die wesentlich durch die Forschungsgruppe mitgestaltet wurden.


Akupunktur hilft bei Spannungskopfschmerzen

Bei der Behandlung von Spannungskopfschmerzen zeigte sich, dass die Kombination Akupunktur plus Medikamente einer rein medikamentösen Therapie deutlich überlegen ist: Zu einer Reduktion der

Kopfschmerztage um mindestens die Hälfte kam es bei 47 Prozent der Patienten mit Akupunktur, aber nur bei 16 Prozent mit alleiniger Schmerzmitteltherapie.


Weniger Migräneanfälle durch Akupunktur

Akupunktur beugt Migräneanfällen vor. Das zeigte die Auswertung von 22 Studien mit Migränepatienten. Bei jedem zweiten mit Akupunktur behandelten Patienten halbierte sich die Häufigkeit der Anfälle. Auch die Zahl der Kopfschmerztage sowie die Schmerzintensität war sowohl nach zwei als auch nach drei bis vier Monaten mit Akupunktur deutlich niedriger.


Bei Migräne wurde die Akupunktur auch mit der täglichen Einnahme von Betablockern oder Antiepileptika verglichen. Ergebnis: Elf

Akupunktursitzungen wirken genauso gut wie Betablocker oder Antiepileptika, die der Patient über sechs Monate täglich einnehmen muss. "Damit ist die Akupunktur eine echte Alternative zur medikamentösen Prophylaxe und verbessert die Lebensqualität des Patienten", erklärte Molsberger.

Wurde jedoch Akupunktur (Verum) mit verschiedenen Schein-Akupunkturverfahren (Sham) bei Migräne verglichen, ergaben sich keine signifikanten Unterschiede: Die Zahl der Kopfschmerztage sank in beiden Gruppen ähnlich stark, die Anfallsfrequenz war ähnlich und auch der Gebrauch von Schmerzmitteln unterschied sich nicht signifikant in den beiden Gruppen. "Dass Verum- und Sham-Akupunktur keinen nennenswerten Unterschied zeigen, überrascht mich nicht. Bei den großen Akupunkturstudien wurde nicht die Qualität sondern die Wirksamkeit der Akupunktur untersucht. Aus meiner Erfahrung allerdings sind die Punktauswahl und Stimulationstechnik entscheidend für den optimalen Behandlungserfolg", erläuterte der Wissenschaftler.


Kopfschmerzen

Etwa zehn Millionen Menschen in Deutschland leiden an Migräne, wobei Frauen etwas häufiger betroffen sind als Männer. Etwa 20 bis 30 Prozent der Gesamtbevölkerung entwickeln im Laufe ihres Lebens einen häufigen episodischen Spannungskopfschmerz mit einer Kopfschmerzhäufigkeit von bis zu 180 Tagen pro Jahr.

Rund 3,7 Milliarden Schmerzmitteldosen werden jährlich in Deutschland konsumiert - der größere Teil davon wegen Kopfschmerzen. Allein durch den Konsum von sogenannten, oft frei verkäuflichen, nicht-steroidalen Analgetika wird aufgrund der Nebenwirkungen mit 1000 - 4000 Toten pro Jahr in Deutschland gerechnet.

Es wird vermutet, dass bis zu 40 Prozent der chronisch auftretenden Kopfschmerzen durch die häufige Einnahme von Schmerz- oder Migränemitteln ausgelöst werden, wobei die Einnahme immer mehr gesteigert wird.

Auf Grund ihrer Häufigkeit besitzt die Migräne eine nicht zu unterschätzende volkswirtschaftliche Bedeutung. Jährlich werden in Deutschland etwa 500 Mio. Euro von Patienten und Krankenversicherungen für die ärztliche und medikamentöse Behandlung der Migräne ausgegeben. Die durch Arbeitsausfall zusätzlich entstehenden indirekten Kosten werden auf über das 10-fache dieser Summe geschätzt.


Die Forschungsgruppe Akupunktur

Seit ihrer Gründung im Jahre 1988 zählt die Forschungsgruppe Akupunktur und Chinesische Medizin zu den großen medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland: Die GERAC-Studie als eine der größten wissenschaftlichen Studien wurde von der Forschungsgruppe Akupunktur maßgeblich gestaltet.

Neben der Forschung ist die Lehre zentrales Anliegen. Mehr als 3.000 Mediziner haben ihre Ausbildung bei der Forschungsgruppe absolviert und die Akupunktur erfolgreich in den Workflow ihrer Praxis integriert: Ärzte der Forschungsgruppe führen die meisten Akupunkturbehandlungen in Deutschland durch.


Kontakt:
Forschungsgruppe Akupunktur
Sekretariat Gisela Kraus
Fon 08092 / 847 34

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1333


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Forschungsgruppe Akupunktur und Chinesische Medizin (FACM) e.V.
Prof. Dr. Albrecht Molsberger, 06.02.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2009