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GYNÄKOLOGIE/589: Kein Schnitt, keine Narbe - Gutartige Gebärmuttertumore ohne OP mit Ultraschall behandeln (DEGUM)


Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin - 31. März 2015

Kein Schnitt, keine Narbe

Gutartige Gebärmuttertumore ohne OP mit Ultraschall behandeln


Berlin - Gutartige Geschwulste in der Gebärmutter, sogenannte Myome, gehören bei Frauen zu den häufigsten Tumoren. Etwa jede vierte Frau im gebärfähigen Alter ist betroffen. In der Regel sind Myome nicht behandlungsbedürftig, doch bei zehn bis zwanzig Prozent der Patientinnen verursachen sie Beschwerden. Diesen Frauen können Ärzte nun mit einem neuen Verfahren, dem sogenannten Hochintensiven fokussierten Ultraschall, kurz HIFU, helfen. Hiermit zerstören sie Myome ohne Schnitt oder Punktion - und damit ohne sichtbare Narbenbildung - durch die intakte Haut. Mit der Technik ließen sich Operationen und in einigen Fällen auch die Entfernung der Gebärmutter vermeiden, betonen Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM).

"Große Myome oder solche, die ungünstig in der Gebärmutter liegen, können zu Menstruationsstörungen führen oder Grund für unregelmäßige, starke oder lang anhaltende Regelblutungen sein", erläutert DEGUM-Experte Professor Dr. med. Holger Strunk, Oberarzt in der Radiologischen Universitätsklinik Bonn.

Eine neuartige Methode, Myome zu beseitigen, bietet der "Hochintensive fokussierte Ultraschall": der Ultraschallkopf bündelt die hochenergetischen Schallwellen wie bei einem Hohlspiegel in einem Brennpunkt innerhalb des menschlichen Körpers. Durch die Absorption der Ultraschallwellen entsteht Wärme, die das Gewebe im Fokus des HIFU auf über 60 Grad erhitzt. Bei diesen Temperaturen gerinnt das Eiweiß, und die Zellen der Geschwulste sterben ab. "Ein großer Vorteil ist, dass die Gebärmutter erhalten bleibt und die Frauen nach wie vor schwanger werden können. In Einzelfällen wird eine Schwangerschaft durch das Abtragen eines Myoms sogar überhaupt erst möglich", erklärt Strunk. Zudem erfolge die Behandlung ambulant. "Anstelle einer Vollnarkose bekommen die Patientinnen ein Beruhigungsmittel und sie können nach ein bis zwei Tagen wieder ihren Alltagsgeschäften nachgehen", so der Experte.

Üblicherweise behandeln Ärzte Myome operativ, entweder indem sie die ganze Gebärmutter herausnehmen oder die Myome einzeln abtragen. Je nachdem wie groß die Tumore sind und wo sie sich in der Gebärmutter befinden, kommen hierfür offene Operationen, "laparoskopische" Eingriffe mittels Bauchspiegelung oder Behandlungen über die Scheide in Frage. Eine weitere Behandlungsmethode ist die so genannte "Myomembolisation": Hierbei führen Ärzte über die Leiste einen Katheter ein. Über ihn verstopfen sie die Gefäße, die das Myom mit Blut versorgen, mittels winziger Kunststoffkügelchen. Das Myom wird von der Blutversorgung abgeschnitten und stirbt allmählich ab. "Allerdings muss die Punktionsstelle durch einen Druckverband versorgt werden und die Patientinnen werden während der Behandlung einer potentiell schädigenden Röntgenstrahlung ausgesetzt", erläutert Strunk.

HIFU kommt hingegen ohne den Einsatz von Röntgen aus. Seit knapp einem Jahr steht Professor Strunk und seinen Kollegen in Bonn ein HIFU-Gerät zur Verfügung, bei dem sowohl die Steuerung als auch die Behandlung mittels Ultraschall erfolgt. "Das ist insofern etwas Besonderes, als das bislang alle anderen HIFU-Geräte in Deutschland mit Magnetresonanztomografie, auch 'MR' genannt, gesteuert werden", erklärt Dr. med. Dr. rer nat. Milka Marinova, Assistenzärztin in der Radiologischen Universitätsklinik Bonn. Die Ultraschallsteuerung biete den Vorteil, dass die Ärzte während der Behandlung Atmung und Bewegung der Patienten berücksichtigen können. "So stellen wir sicher, dass kein umliegendes, gesundes Gewebe geschädigt wird", erläutert Marinova. Zudem sei das Ultraschall-gesteuerte Gerät leistungsstärker. "Die Behandlung geht schneller und wir können mitunter Myome behandeln, die mit MR- gesteuerten Geräten nicht zugänglich sind", so die Expertin.

Allerdings kommen nicht alle Patientinnen für eine Behandlung mit HIFU in Frage. Idealerweise sollten die Patientinnen nicht mehr als fünf Myome haben, die jeweils nicht größer als zehn Zentimeter sind. Außerdem gehört die Therapie bislang nicht zu den Standardleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. "Die Kassen entscheiden nach Anfrage im Einzelfall, ob sie die Kosten übernehmen", erklärt Marinova.

Auch bei anderen Krankheitsbildern kommt HIFU zum Einsatz. So hat sich die Methode als wertvolle Therapie bei der Adenomyose erwiesen. Bei dieser Erkrankung, einer Form der Endometriose, verursachen kleine Inseln von Gebärmutterschleimhaut innerhalb der Gebärmuttermuskulatur Schmerzen. Auch setzen Ärzte ultraschall-gesteuerten HIFU erfolgreich zur Schmerzbehandlung bei nicht operablen Pankreaskarzinomen oder bei Lebertumoren ein. Urologen nutzen die Methode seit Beginn des Jahrtausends zur Therapie der krankhaft vergrößerten Prostata und des Prostatakrebs. "Medizinischer Ultraschall ist sehr viel mehr als ein diagnostisches Instrument", betont DEGUM-Präsident Professor Dr. med. Dirk Becker. Besonders bei der Behandlung von Krebserkrankungen biete HIFU in der Zukunft noch große Chancen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint mehr als 9 000 Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten, Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin. Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen I bis III. DEGUM zertifizierte Ärzte finden Patienten im Internet unter:
www.degum.de

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)
Anna Julia Voormann, Irina Lorenz-Meyer
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Telefon: +49 711 8931 -642, Telefax: +49 711 8931 -167
E-Mail: lorenz-meyer@medizinkommunikation.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2015

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