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INNERE/1263: Neue Methode zur Behandlung des Bluthochdrucks (idw)


Universität des Saarlandes - 10.07.2009

Neue Methode zur Behandlung des Bluthochdrucks
Ausschaltung überaktiver Nierennerven mittels Hochfrequenzablation

Europäisches Exzellenzzentrum für Bluthochdruck am Universitätsklinikum des Saarlandes stellt Therapie vor


Die Klinik für Innere Medizin III, Direktor Professor Dr. Böhm, wurde vor zwei Jahren zum Europäischen Exzellenzzentrum für Bluthochdruck gewählt und ist aktuell an einer internationalen Studie beteiligt: "Simplicity HTN-2 Study"

Im Rahmen dieser Studie kommt bei Patienten, die unter schwerem Bluthochdruck leiden, ein neues Therapieverfahren zum Einsatz. Bei Bluthochdruck ist die Regulierung des sympathischen Nervensystems gestört. Die überaktiven Nierennerven, die den Bluthochdruck verursachen, werden per Katheter mit Hochfrequenzstrom ausgeschaltet.

Durch diesen relativ kurzen und einfachen Eingriff kann mit einer schnellen Normalisierung des Blutdrucks gerechnet werden. Der Eingriff erfolgt bei beiden Nieren jeweils über die Nierenarterie.

"'Hochdruck: Heilung in fünf Minuten' titeln Fachzeitschriften und berichten darüber, dass bei bestimmten Patienten unterschiedliche blutdrucksenkende Medikamente nicht helfen, aber ein neues Verfahren möglicherweise Therapie der Wahl sein könnte. Wir haben erste Patienten mit dem Verfahren der sogenannten Hochfrequenzablation behandelt und möchten unsere Ergebnisse vorstellen", erläutert Professor Dr. Michael Böhm.

Der Kathetereingriff dauert ca. 30 bis 60 Minuten. Ziel ist es, den Blutdruck nachhaltig zu senken und die Medikamenteneinnahme langfristig zu reduzieren, da die Betroffenen bisher häufig bis zu fünf verschiedene Präparate täglich ohne signifikanten Erfolg einnehmen müssen.

In Frage kommen Patienten mit einem Blutdruck über 160 mmHg (bzw. einem Blutdruck von über 150 mmHg mit Diabetes mellitus Typ 2) bei denen sich trotz Einsatzes dreifach blutdrucksenkender Therapien keine Besserung erzielen lässt. Das Alter der Patienten spielt keine Rolle. Ausgeschlossen sind Patienten mit einer Verengung der Nierenarterie.

Bisher wurden in Homburg drei Patienten mit dem neuen Verfahren behandelt, bis Ende der Woche werden es insgesamt fünf Patienten sein. Harald Klein ist einer der Patienten. Er arbeitet als Krankenpfleger und hatte schweren Bluthochdruck. "Ich war richtig fertig, hatte Schlafstörungen, starke Kopfschmerzen, innere Unruhe und war kaum noch belastbar. Bis zu sieben unterschiedliche Medikamente waren verordnet und die Blutdruckwerte lagen oft bei 220", beschreibt Klein die Situation vor der neuen Therapie. Heute, drei Monate nach der Ausschaltung der überaktiven Nerven, fühlt er sich sehr gut, schläft wieder besser, hat keine Kopfschmerzen mehr, die innere Unruhe ist weg und die Blutdruckwerte liegen bei 128 zu 79mmHg. Vom Eingriff selbst hat er nichts gemerkt. Die Patienten sind lokal betäubt und erhalten lediglich ein Schmerzmittel.

Im Rahmen der Studie wurden bisher weltweit 105 Patienten behandelt. Kooperationspartner des UKS in Homburg bei dieser Studie ist das Baker Institute in Melbourne, Australien. In Deutschland nehmen neben Homburg noch drei weitere Zentren teil. Prof. Dr. Böhm ist Leiter der Studie in Deutschland.

Hoher Blutdruck ist die Volkskrankheit schlechthin und häufigste Todesursache in Deutschland. Viele Betroffene kennen ihr erhöhtes Risiko nicht und kommen oft erst dann zum Niedergelassenen oder ins Krankenhaus, wenn schon Gesundheitsschäden bestehen. "Nur 50% der Bluthochdruckfälle werden entdeckt und nur 20 % der Bluthochdruckfälle werden adäquat behandelt", schätzt Böhm die Situation aktuell ein. Ein Blutdruck von 120/80 mmHg ist ideal.

Durch Zufall wurde festgestellt, dass diese Methode sich auch positiv auf Stoffwechselstörungen wie Diabetes Mellitus auswirken kann. Somit hofft man in Zukunft eine neue Behandlungsmöglichkeit bei Herzinsuffizienz, Diabetes Mellitus oder Niereninsuffizienz gefunden zu haben. Das Verfahren wird seit 18 Monaten praktiziert, daher gibt es noch keine Langzeitwerte.

Fällt diese Studie positiv aus, wird sie in der regulären Therapie von Bluthochdruckerkrankungen etabliert. Dies würde eine entscheidende Verbesserung in der Behandlung von Bluthochdruckerkrankungen und deren Folgen bedeuten. Vielleicht stellt dieses Verfahren in Zukunft auch eine Therapiemöglichkeit für Patienten dar, die an einem geringen Bluthochdruck leiden. Damit könnte man Folgeerkrankungen wie Schlaganfall, Herzschädigungen und durch Bluthochdruck bedingte Demenz vorbeugen. Prof. Dr. Böhm: "Wir sind sehr optimistisch!"


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution8


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität des Saarlandes, Roger Motsch, 10.07.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2009