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NOTFALL/218: "Haben wir einen Arzt an Bord?" - Studie zu Notfällen im Flugzeug (Uni Bochum)


Ruhr-Universitaet Bochum - 23.01.2009

"Haben wir einen Arzt an Bord?"
RUB-Studie zu Notfällen im Flugzeug

Ärzte empfehlen Fluggesellschaften Defibrillatoren


Die häufigsten medizinischen Zwischenfälle im Flugzeug sind Ohnmachtsanfälle, gefolgt von Magendarmbeschwerden. Das ist das Ergebnis einer Auswertung von 10.189 medizinischen Notfällen an Bord von Maschinen zweier europäischer Airlines zwischen 2002 und 2007 unter der Leitung von Dr. Michael Sand (Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität). An dritter Stelle standen Herzkreislaufprobleme. Die Forscher empfehlen den Fluggesellschaften daher, Defibrillatoren an Bord zu haben. Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Critical Care" erschienen.


Reisethrombosen sind selten

Medizinische Zwischenfälle an Bord von Flugzeugen sind selten, können aber durchaus ernste Auswirkungen haben; nicht zuletzt bedeuten sie erheblichen Stress für die Flugbegleiter und andere Passagiere. Die Forscher zählten bei ihrer Auswertung von Daten aus den Jahren 2002 bis 2007 genau 5.307 Ohnmachtsanfälle (53,5 %), 926mal Verdauungsbeschwerden (8,9 %) und 509 Herzanfälle (4,9 %). Erkrankungen, die ein chirurgisches Eingreifen erfordern, waren selten: Thrombosen, vor denen im Zusammenhang mit Flugreisen häufig öffentlich gewarnt wird, kamen 47mal vor (0,5 %). Allerdings treten Reisethrombosen auch eher nach einem Flug als währenddessen auf. Die Fluggesellschaften berichteten außerdem über 27 Fälle von Blinddarmentzündung (0,25 %) und einen Fall von gastrointestinaler Blutung (weniger als 0,1 %). Außerdem kamen zwei Geburten und 52 Todesfälle vor.


Aufzeichnungen fehlen oft

Erstaunt waren die Forscher über die unzureichenden Aufzeichnungen der Fluggesellschaften. Von 32 angefragten Airlines konnten 27 nicht an der Studie teilnehmen, weil sie die notwendigen Daten nicht erhoben hatten. Die Angaben einer Gesellschaft waren ungeeignet, und zwei Airlines beteiligten sich aufgrund ihrer Firmenpolitik nicht an der Studie. Übrig blieben schließlich eine große staatliche europäische Fluggesellschaft und eine "Billig"-Airline. "Für größere Studien zum Thema medizinische Notfälle bei Flügen wäre eine standardisierte Aufzeichnung solcher Zwischenfälle notwendig", meint Dr. Michael Sand.


Defibrillatoren wären sinnvoll

Aufgrund der dürftigen Datenlage falle es schwer, konkrete Empfehlungen an die Fluggesellschaften zu geben, ziehen die Autoren Bilanz. Auffällig sei aber, dass nicht alle Flieger über Defibrillatoren an Bord verfügen. Angesichts der relativ hohen Zahl von Herz-Kreislauf-Notfällen sei es sinnvoll, solche Geräte standardmäßig dabei zu haben.


Mit freundlichen Gruessen
Dr. Josef Koenig

Ruhr-Universitaet Bochum
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Titelaufnahme:
Sand M, Bechara FG, Sand D, Mann B.:
Surgical and medical emergencies on board European aircraft: a retrospective study of 10189 cases.
In: Crit Care. 2009 Jan 20;13(1):R3. [Epub ahead of print]
doi:10.1186/cc7690, PMID: 19154581
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19154581?ordinalpos=1&itool=EntrezSys
tem2.PEntrez.Pubmed.Pubmed_ResultsPanel.Pubmed_DefaultReportPanel.Pubmed
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Weitere Informationen:
Dr. Michael Sand
Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum
44780 Bochum
E-Mail: michael.sand@rub.de

Volltext-PDF:
http://ccforum.com/content/pdf/cc7690.pdf

Redaktion: Meike Drießen


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Ruhr-Universitaet Bochum
Pressemitteilung Nr. 27 vom 23.01.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Januar 2009