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BILDUNG/767: Lübeck und Kiel legen Konzept zur Hochschulmedizin vor (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 2/2012

Universitätsmedizin
Lübeck und Kiel legen Konzept zur Hochschulmedizin vor

Von Dirk Schnack


Gemeinsam statt gegeneinander: Die Hochschulen wollen die Universitätsmedizin in Schleswig-Holstein kostenneutral neu ordnen. Politik zurückhaltend.


Über den Investitionsstau am Universitätsklinikum wird seit Jahren berichtet, Forschung und Lehre kämpfen um dringend benötigte zusätzliche Mittel, zwischen Kiel und Lübeck besteht Konkurrenz: Wenn über die Universitätsmedizin in Schleswig-Holstein berichtet wurde, beherrschten meist negative Töne die Schlagzeilen. Ein gemeinsames Konzept der beiden Universitäten zur Neuordnung der Hochschulmedizin soll dies ändern.

Das Wort "historisch" machte die Runde, die Vertrauenskrise zwischen Kiel und Lübeck solle endlich überwunden werden. Dass sich die Spitzen beider Hochschulen auf ein gemeinsames Konzept einigen und versuchen, dies gegenüber Politik und Öffentlichkeit durchzusetzen, ist in der Tat ungewöhnlich für Schleswig-Holstein. Das im Januar in Kiel präsentierte Konzept lässt klar erkennen: Künftig will man mehr mit- als gegeneinander arbeiten und zugleich die vom Wissenschaftsrat monierten Schwachstellen abstellen. Dazu fordern die Universitäten wieder mehr Verantwortung für die Steuerung der Medizin. Die Landesfinanzierung für Forschung und Lehre in der Medizin - derzeit sind dies rund 120 Millionen Euro im Jahr - soll künftig direkt an die Universitäten in Kiel und Lübeck fließen. Nur Zuschüsse, die unmittelbar der Krankenversorgung dienen, sollen den beiden Kliniken direkt zugewiesen und im Landeshaushalt getrennt von der Finanzierung von Forschung und Lehre ausgewiesen werden. Die so gestärkte Verantwortung der Universitäten soll die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Medizin und anderen Fächern optimieren.

Zugleich will man wieder zwei wissenschaftlich eigenständig agierende Standorte mit eigenen Klinika und Vorständen schaffen. In diesen Vorständen wird ein stimmberechtigtes Mitglied für Forschung und Lehre vertreten sein, um die vom Wissenschaftsrat als mangelhaft kritisierte Interaktion zwischen Forschung, Lehre und Krankenversorgung zu verbessern. Derzeit hat das UKSH einen gemeinsamen Vorstand. Die beiden Uniklinika sollen nach Vorstellung der Hochschulen künftig unter einem Holdingdach in einem Strategievorstand die standortübergreifende Kooperation verbessern. Holding und Klinika sollen als Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert sein. Für das operative Geschäft vor Ort sollen ausschließlich die Klinikvorstände zuständig sein. Alle bestehenden Tochtergesellschaften und campusübergreifenden Einrichtungen in Krankenversorgung und Verwaltung werden in der Holding angesiedelt. Zu diesen übergreifenden Einrichtungen sollen etwa die Labordiagnostik und das Zentrum für Integrative Psychiatrie zählen.

Die Universitäten wollen außerdem eine Exzellenzakademie gründen, in der sie Wissenschaftlern dauerhaft attraktive Rahmenbedingungen bieten, u.a. durch eine Finanzierung von Spitzenforschung. Die Neuordnung soll zu keinen zusätzlichen Personalkosten führen.

Die Verantwortlichen in Kiel und Lübeck erwarten, dass ihr Modell politisch überzeugt und für einen Konsens taugt. Eine Umsetzung ist wegen des langwierigen Gesetzgebungsverfahrens nicht vor 2014 zu erwarten. UKSH-Chef Prof. Jens Scholz begrüßte, dass die Universitäten eigene Vorschläge unterbreiten, kommentierte die Inhalte aber nicht. Stattdessen verwies er auf die nach seiner Ansicht in den vergangenen Jahren erzielten wirtschaftlichen Fortschritte des UKSH. Die Reaktionen aus der schleswig-holsteinischen Landespolitik blieben zurückhaltend. Wissenschaftsminister Jost de Jager (CDU), Spitzenkandidat seiner Partei im Landtagswahlkampf, wertete das Konzept als "geeignetes Muster", um die Empfehlungen des Wissenschaftsrates umsetzen. Aus der SPD kam die klare Ansage, dass die gemeinsame Positionsfindung der Hochschulen nicht zulasten der Krankenversorgung gehen dürfe und dass es keine Defusionierung geben werde - dies ist mit dem Konzept allerdings auch nicht angestrebt.


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 2/2012 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2012/201202/h12024a.htm

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www.aerzteblatt-sh.de


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Februar 2012
65. Jahrgang, Seite 22
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. März 2012