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DROGEN/318: Repression schadet der Gesundheit - Weniger Drogentote sind möglich (DAH)


Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) - 21. April 2015

Weniger Drogentote sind möglich!

Berlin - Repression schadet der Gesundheit / Bayerns rückständige Drogenpolitik kostet Menschenleben


Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist 2014 erneut gestiegen. Die häufigste Todesursache war weiterhin der Konsum von Heroin in Verbindung mit anderen Substanzen. Das haben das Bundeskriminalamt und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), heute in ihrem Rauschgiftlagebericht mitgeteilt.

Zehn Bundesländer ohne Drogenkonsumräume

Dazu erklärt Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH): "Jedes Jahr aufs Neue wird die steigende Zahl der Drogentoten beklagt. Dabei ließe sie sich durch einige einfache Maßnahmen drastisch senken. Drogenkonsumräume retten nachweislich Leben und verhindern HIV- und Hepatitis-Infektionen. Trotzdem verzichten zehn Bundesländer noch immer darauf. Ihrer drogenpolitischen Rückständigkeit opfern sie das Leben und die Gesundheit vieler Menschen."

Verfolgung ist ein Irrweg

Die ebenfalls gestiegene Zahl von erfassten Rauschgiftdelikten ist Ausdruck eines hohen Verfolgungsdrucks, der sich kontraproduktiv auswirkt: Er treibt Menschen in die Illegalität, wo Hilfsangebote sie schlechter erreichen. Die Strafverfolgung führt zudem zu einer Verknappung der Drogen und damit zu gesundheitsgefährdenden Streckungen der Substanzen. Die enorm hohen Schwarzmarktpreise steigen noch weiter, was mehr Beschaffungskriminalität nach sich zieht.

Dazu Dirk Schäffer, DAH-Referent für Drogen und Strafvollzug: "International gilt der ,Krieg gegen die Drogen' längst als gescheitert. Unter Fachleuten ist unumstritten: Strafverfolgung und Haft sind weltweit der Motor der HIV- und HCV-Epidemie unter Drogenkonsumenten und tragen dazu bei, dass Menschen an Drogen zugrunde gehen. Die Verfolgung muss ein Ende haben, stattdessen brauchen wir eine grundlegende Neuorientierung in der Drogenpolitik."

In Deutschland haben Länder wie Nordrhein-Westfalen bereits bewiesen, dass ein differenziertes Drogenhilfesystem Todesfälle kontinuierlich sinken lässt sowie HIV- und Hepatitis-Infektionen verhindert. Damit lassen sich auch hohe Folgekosten für das Gesundheitssystem sparen.

Tödliche Drogenpolitik in Bayern

Dennoch hat sich die Zahl der Drogentoten in mehreren Bundesländern erheblich erhöht, darunter Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Bremen. In Bayern stieg sie in den letzten vier Jahren um 42 Prozent. Dort gibt es seit Jahren die meisten Drogentoten zu beklagen. Denn die Landesregierung setzt auf massive Repression statt auf Drogenhilfe nach wissenschaftlichen Erkenntnissen.

DAH-Vorstand Sylvia Urban: "Bayern ist das extremste Beispiel für die tödlichen Folgen rückständiger Drogenpolitik. In bayerischen Städten sterben Menschen elendig in Privatwohnungen und auf der Straße, denen in Drogenkonsumräumen geholfen werden könnte. Uns ist schleierhaft, wie ein christlich geprägtes Bundesland sich so menschenverachtend zeigen kann."

Substitution auch in Haft gewährleisten

Die Deutsche AIDS-Hilfe begrüßt die Ankündigung der Drogenbeauftragten Marlene Mortler, die rechtlichen Bedingungen für Substitutionsärzte zu verbessern. Die medizinische Behandlung mit einem Ersatzstoff ist bei Heroinabhängigkeit die Standardtherapie, verhindert Todesfälle und Gesundheitsschäden und ebnet den Weg zurück in ein geregeltes Leben. Aufgrund hoher rechtlicher Risiken scheuen sich aber viele Ärzte, Substitution anzubieten; die Versorgungssicherheit ist daher gefährdet.

"Es ist gut und notwendig, hier bessere Rahmenbedingungen zu schaffen", sagt Sylvia Urban. "Wichtig ist zudem, dass Substitution endlich auch in Gefängnissen flächendeckend zur Verfügung steht. Hier gibt es gefährliche Lücken in der Versorgung. In Bayern ist Substitution sogar für die meisten Häftlinge unerreichbar."


Die Deutsche AIDS-Hilfe ist der Dachverband von rund 120 Organisationen in Deutschland.

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Quelle:
Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH)
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Internet: www.aidshilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2015

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