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DROGEN/359: Von der Heroinabhängigkeit zum Alkoholproblem (idw)


Universität Zürich - 01.03.2017

Von der Heroinabhängigkeit zum Alkoholproblem


Methadonprogramme und Langzeittherapien mit anderen Opioiden sind erfolgreich. Heroinabhängige konsumieren nachweislich weniger Heroin oder Kokain und zu Therapiebeginn auch weniger Alkohol. Dennoch hat der Alkoholkonsum dieser Patienten seit den 1990-er Jahren deutlich zugenommen. Dies belegt eine Langzeituntersuchung der Psychiatrischen Universitätsklinik und der Universität Zürich.

Rund 3000 Heroinabhängige erhalten zurzeit im Kanton Zürich Opioide wie Methadon, Buprenorphin oder Morphin im Rahmen einer Therapie. Die Zahl dieser sogenannten Substitutionsbehandlungen ist seit ihrer Einführung in den 1990-er Jahren konstant geblieben. Langzeittherapien mit Methadon oder anderen Opioiden reduzieren den Konsum illegaler Drogen unter heroinabhängigen Patienten nachweislich. Obwohl der Beginn einer solchen Behandlung auch zu einem reduzierten Alkoholkonsum führt, trinken heute mehr Patienten häufiger Alkohol als in zurückliegenden Jahrzehnten. Dies belegt eine neue Langzeitstudie von Forschern der Psychiatrischen Universitätsklinik und der Universität Zürich.

Heroin- und Kokainkonsum stark reduziert

Die Studie umfasst Daten von annähernd 9'000 heroinabhängigen Patientinnen und Patienten. Die im Kanton Zürich wohnhaften Personen wurden zwischen 1998 und 2014 in einer Substitutionstherapie behandelt. Die Patienten konsumierten bereits ab Therapiestart nachhaltig weniger Heroin oder Kokain - und auch etwas weniger Alkohol. Über die 17 Jahre dauernde Studienperiode verringerte sich zudem der Anteil an Patienten, die häufig, mindestens fünf Tage die Woche, Heroin konsumierten um mehr als die Hälfte: von 14,4 auf 6 Prozent. Der Anteil häufiger Kokainkonsumenten sank von 8,5 auf 4,9 Prozent. Die Resultate belegen zudem, dass die Abnahme des Heroinkonsums mit einer verbesserten sozialen Situation der Patienten einherging.

Beinahe jeder Vierte konsumiert häufig Alkohol

"Hingegen hat der Alkoholkonsum während des Untersuchungszeitraums zugenommen", sagt Marcus Herdener, Studienleiter und Chefarzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik. Gegen Ende der Studienperiode trank nahezu jeder vierte Patient (22,5%) häufig Alkohol. "Es scheint einem allgemeinen Trend zu entsprechen, dass in dieser Patientengruppe mehr Alkohol getrunken wird", so Marcus Herdener. Da bei Opioidabhängigen auch Leberinfektionen wie Hepatitis B und C weit verbreitet sind, gefährdet der häufige Alkohohlkonsum die Gesundheit dieser immer älter werdenden Patienten stark.

Laut anderen Studien sterben immer mehr opioidabhängige Personen an Lebererkrankungen. Die Ergebnisse der Zürcher Studie sind von Bedeutung, denn "sie zeigen uns, dass bezüglich des häufigen Alkoholkonsums noch grosser therapeutischer Handlungsbedarf besteht", schliesst Marcus Herdener.


Literatur:

Marcus Herdener, Kenneth M. Dürsteler, Erich Seifritz, and Carlos Nordt. Changes in substance use in patients receiving opioid substitution therapy and resulting clinical challenges: a 17-year treatment case register analysis. Lancet Psychiatry. February 28, 2017. DOI:
10.1016/S2215-0366(17)30080-9

Kontakt:

PD Dr. med. Marcus Herdener
Zentrumsleiter, Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen
Psychiatrische Universitätsklinik Zürich
Universität Zürich
E-Mail: marcus.herdener@bli.uzh.ch

Media Relations
Universität Zürich
E-Mail: mediarelations@kommunikation.uzh.ch

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.media.uzh.ch

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution94

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Zürich, Nathalie Huber, 01.03.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2017

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