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ERNÄHRUNG/1337: Weltschulmilchtag - Keine zuckerhaltigen Milchprodukte für Kitas und Schulen! (diabetesDE)


diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe - 28. September 1015

Weltschulmilchtag am 30. September 2015

Keine zuckerhaltigen Milchprodukte für Kitas und Schulen!


Berlin - Seit über 30 Jahren besteht das europäische Schulmilchprogramm, das den Absatz von Milch und Milchprodukten durch staatliche Beihilfen in Schulen fördert. Ziel des Programms ist es, Übergewicht und Mangelernährung zu verringern und die Essgewohnheiten der Kinder nachhaltig zu verbessern.1) Nach Informationen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft profitieren heute rund 3 Mio. Kinder von einer 10-prozentigen Bezuschussung für eine tägliche Portion Milch bzw. Milchprodukt.2) Häufig handelt sich bei den meist subventionierten Produkten jedoch um gesüßte Milchgetränke, wie Schoko- und Erdbeermilch, außerdem werden auch gesüßte Joghurts abgegeben. diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe, Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) befürworten das Programm grundsätzlich, fordern aber anlässlich des Weltschulmilchtages am 30. September 2015, nur ungezuckerte Milchprodukte an Kindergärten und Schulen abzugeben.

"Milch ist ein gesundes Nahrungsmittel für Kinder, insbesondere wegen ihrer Gehalte an Calcium, Protein und Jod. Daher befürworten wir grundsätzlich ein Schulmilchprogramm. Gesüßte Milchprodukte haben aber in Kita und Schule nichts zu suchen", sagt Professor Dr. med. Thomas Danne, Pädiater und Vorstandsvorsitzender von diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe.

diabetesDE, DDG und DAG sehen es kritisch, dass die Milcherzeuger im Rahmen des Programms nur die positiven ernährungsphysiologischen Wert der Milch herausstellen und es den Kindern überlassen bleibt, in welcher Form sie die "Schulmilch" zu sich nehmen wollen 3), denn weder Zucker- noch Fettgehalte der ausgegebenen Milchprodukte werden kontrolliert. Die EU-Bestimmungen erlauben den Herstellern, bis zu 7 Prozent Zucker zuzusetzen 4), so dass die meisten gezuckerten Milchgetränke zusammen mit dem natürlichen Milchzuckergehalt auf knapp 10 bis zu knapp 18 Prozent (gesüßte Joghurts) kommen 5, 6). Insbesondere Kitas sind begeisterte Abnehmer von "Schulmilch", verlautet aus dem Bundesernährungsministerium.

"Die WHO Europa empfiehlt, gesüßte Milchen überhaupt nicht an Kinder zu promoten. Es ist ein Skandal, wenn diese auch noch subventioniert zum Zweck der Absatzförderung großflächig in Kitas und Schulen verteilt werden. Wir müssen im Kindesalter noch viel stärker präventivmedizinisch denken. Viel wichtiger wäre es, dass Schulen heute mit Trinkwasserbrunnen ausgestattet werden", bekräftigt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der DDG.

"Die Zielsetzungen 'Übergewicht vorbeugen' und 'Ernährungsverhalten nachhaltig verbessern' wird mit der Abgabe gesüßter Milchprodukte an Kitas und Schulen nicht erreicht", stellt Professor Dr. med. Martin Wabitsch, Präsident der DAG, klar. "Bereits beim Eintritt ins Schulalter haben rund 10 Prozent der Kinder Übergewicht und die Zahl verdreifacht sich noch bis ins Jugendlichenalter. Kitas und Schulen sollten den Süßgeschmack mit gesüßten Schulmilchprodukten deshalb nicht noch antrainieren. Das Konzept des Schulmilchprogramms bedarf dringend einer Modernisierung", empfiehlt der Ulmer Kinder- und Jugendarzt.

• diabetesDE, DDG und DAG fordern:

  • Nur ungezuckerte Milchprodukte an Kitas und Schulen
  • Keine Subventionierung für gezuckerter Milchprodukte an Kitas und Schulen
  • Änderung der EU-Schulmilchverordnung: Zuckergehalt 0%, Fettgehalt 1,5 % - max. 3,5%
  • Kontrolle der Produktpalette der an Kitas und Schulen abgegeben Produkte durch die zuständigen Landesbehörden
  • Entzug der Lieferlizenz bei Zuwiderhandlung
  • Ausstattung von Schulen und Kitas mit Trinkwasserbrunnen

• Hintergrundinformation:

Der Weltschulmilchtag wurde von der Welt-Ernährungs-Organisation der Vereinten Nationen (FAO) erstmals im Jahr 2000 ausgerufen und findet jedes Jahr am letzten Mittwoch im September statt. In vielen Ländern, so auch in der Europäischen Union und hierzulande, werden im Rahmen eines Schulmilchprogramms Milcherzeugnisse in Schulen durch eine staatliche Beihilfe vergünstigt abgegeben. Das europäische Schulmilchprogramm soll bei Kindern und Jugendlichen die ausgewogene Ernährung fördern, ihr Wissen über Ernährung vertiefen und damit Übergewicht vorbeugen. Wie das EU-Schulmilchprogramm umgesetzt und welche Produkte bezuschusst werden, ist den Mitgliedsstaaten freigestellt. Diese sind somit berechtigt, das Schulmilchprogramm auf Landesebene anzupassen.4 In Deutschland ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) dafür zuständig.

Nach Informationen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft profitieren derzeit rund 3 Mio. Kinder in Deutschland vom Schulmilchprogramm. Pro Kind und Tag wird eine Portion Milch oder Milchprodukt (je nach Alter der Kinder 0,25 oder 0,2 l/ Tag) mit 4,5 bzw. 3,7 Cent bezuschusst, in der Summe stehen derzeit rund 5 Mio. € zur Verfügung. Der größte Lieferant, nach Auskunft des Bundesernährungsministeriums die Fa. Friesland Campina ("Landliebe") erhält pro Jahr knapp 2 Mio. € Fördergelder aus dem Schulmilchprogramm. Kleinere Hersteller verzichten oft auf eine Antragstellung. Wie aus dem Bundesernährungsministerium verlautet, wird "Schulmilch" heute etwa zur Hälfte als Frischmilch und zur Hälfte als zuckergesüßte Milchmischgetränke, Trinkjoghurt, Joghurt oder sogar Käse abgegeben. Der Fettgehalt der Produkte ist nicht geregelt, laut EU-Schulmilchverordnung dürfen max. 7 Prozent Zucker zugesetzt sein, die Fa. Friesland Campina bietet aber auch gesüßte Joghurtvarianten mit bis zu 17,5 Prozent Zuckergehalt an, das entspricht bei einer empfohlenen Portionsgröße von 250 ml pro Tag 8) bereits einer Aufnahme von mehr als 40 g Zucker pro Tag. Laut Schulmilchverordnung ist eine Abgabe "an Schüler in Schulen" vorgesehen, in Deutschland wird "Schulmilch" aber auch an Kitas abgegeben.


Quellen:

1. http://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2014/051-Zahl-der-Woche.html

2. Pers. Mitteilung. 2012/13 profitierten 721.000 Kinder vom Schulmilchprogramm, s. 1.

3. http://www.schulmilch-fuer-alle.de
Abfrage am 25.09.2015

4. Schulmilch-Verordnung:
http://www.schulmilch-fuer-alle.de/public/Schulmilchverordnung.pdf

5. http://www.fuer-mich-lieber-milch.de/produkte/schokomilch/

6. http://www.fuer-mich-lieber-milch.de/produkte/fruchtjoghurt/

7. http://ec.europa.eu/agriculture/drinkitup/index_de.htm

8. Forderung: ¼ l Schulmilch täglich
http://www.fuer-mich-lieber-milch.de/taeglich-schulmilch/

• Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft:

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit fast 9.000 Mitgliedern eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.

Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG) versteht sich als Fachgesellschaft von Wissenschaftlern und therapeutisch tätigen Experten, die sich dem Krankheitsbild Adipositas (starkes Übergewicht) widmen. Der gemeinnützige Verein hat sich vorrangig zum Ziel gesetzt, Forschung, wissenschaftliche Diskussion, Weiterbildung und wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich Adipositas zu fördern sowie Konzepte und Leitlinien zu Prävention, Diagnose und Therapie der Adipositas zu entwickeln. Neben der Veranstaltung von Fachtagungen engagiert sich die DAG berufspolitisch, forschungspolitisch und gesundheitspolitisch. Fachorgane der DAG sind die Zeitschriften "Adipositas" (Schattauer Verlag) und "Obesity Facts" (Karger Verlag). Ein aktueller Tätigkeitsschwerpunkt der DAG ist es, Politik und Öffentlichkeit auf die "Public Health"-Aspekte der Adipositas hinzuweisen.

Eine Tochterorganisation der DAG ist die Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) (www.a-g-a.de).

Die DAG ist Mitglied der International Association for the Study of Obesity (www.iaso.org), der European Association for the Study of Obesity (www.easoobesity.org) sowie Mitgliedsgesellschaft der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), der Plattform Ernährung und Bewegung e.V. (www.ernaehrung-und-bewegung.de) und der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten (DANK).


diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe ist eine gemeinnützige und unabhängige Dachorganisation, die Menschen mit Diabetes, Diabetesberater, Ärzte und Forscher vereint. Gemeinsam schaffen wir Öffentlichkeit für das Thema und vertreten die Interessen der Menschen mit Diabetes. Wir setzen uns für eine bessere Prävention, Versorgung und Forschung im Kampf gegen die Volkskrankheit Diabetes ein. Die Krankheit breitet sich auch in Deutschland rasch aus. 6 Millionen Menschen sind in Behandlung, und jeden Tag kommen fast 1000 Neuerkrankte hinzu.
Gegründet wurde diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) www.ddg.info und dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD) www.vdbd.de [1]. Die Selbsthilfe ist innerhalb von diabetesDE durch die selbstständige Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe - Menschen mit Diabetes (DDH-M) www.ddh-m.de vertreten.

[1] http://www.vdbd.de/VDBD/index.php

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Quelle:
diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe, Pressestelle
Pressemitteilung vom 28. September 2015
Bundesgeschäftsstelle
Reinhardtstraße 14, 10117 Berlin
Telefon: +49 (0)30 201 677-0, Fax: +49 (0)30 201 677-20
E-Mail: presse@diabetesde.org
Internet: www.diabetesde.orgkrank


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2015

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