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ETHIK/1331: Außerklinische Ethikberatung etabliert (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 2, Februar 2022

Außerklinische Ethikberatung etabliert

von Dirk Schnack


ETHIK. Ein neues, ergänzendes Angebot: Die Mobile Ethikberatung im Gesundheitswesen für Schleswig-Holstein (MEGSH) e.V. gibt es seit Sommer 2021. Die Ärztekammer gehörte zu den Initiatoren und Gründungsmitgliedern.

Ein Hausarzt wird von Angehörigen gefragt, wann die künstliche Ernährung ihres schwer kranken Familienmitglieds im Pflegeheim eingestellt werden sollte. Der Patient selbst kann sich nicht mehr äußern und hat im Vorwege zu dieser Frage auch keine Präferenzen erkennen lassen. Wie kann der Hausarzt in solch einer Frage helfen oder unterstützen?

Wer sich als Hausarzt in dieser Situation selbst nicht ganz sicher ist und Unterstützung wünscht, könnte sich an die Mobile Ethikberatung wenden. Sie könnte dem Hausarzt entweder Unterstützung bieten oder diese vermitteln. Beratung und Vernetzung - in diesen beiden Aufgaben sieht die MEGSH ihre Hauptaufgabe, wobei sie nicht in Konkurrenz zu anderen Angeboten stehen will. "Wir wollen auf keinen Fall Konkurrenz zu bestehenden Angeboten sein. Wo schon Beratungsangebote vorhanden sind, vermitteln wir Ratsuchende gerne weiter", sagte der erste Vorsitzende des Vereins, Sebastian Heinlein, im Gespräch mit dem Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatt über die Arbeit des berufsübergreifenden Zusammenschlusses. Neben Heinlein zählen Stephanie Wullf als zweite Vorsitzende und PD Dr. Doreen Richardt (Vorstand der Ärztekammer Schleswig-Holstein) als Schatzmeisterin zum Vorstand des neuen Vereins. Der Berufsordnungsausschuss der Ärztekammer hatte das Projekt mit angeregt.

Ideengeber für die Konzeptentwicklung war nach Angaben Heinleins auch der frühere Präsident der Ärztekammer Hessen, Prof. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach. In Schleswig-Holstein fanden sich zu der Idee schnell zahlreiche Gruppen aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens zusammen. Ihr gemeinsames Ziel fasst Heinlein so zusammen: "Informieren, Orientierung geben und moderieren, um gemeinsam mit den verantwortlich Handelnden eine ethisch vertretbare und tragbare Entscheidung zu erarbeiten."

Damit setzt Schleswig-Holstein etwas um, was der Deutsche Ärztetag schon im Jahr 2008 angemahnt hatte, nämlich eine ambulante Ethikberatung umzusetzen. Neben dem oben genannten Szenario gibt es zahlreiche weitere mögliche Fragestellungen, zu denen die ambulante Ethikberatung hinzugezogen werden könnte. Neben Essen und Trinken am Lebensende nennen die Verantwortlichen als Beispiele herausforderndes Verhalten, das Konfliktfeld um Autonomie und Fürsorge sowie Unterstützung bei der Entscheidungsfindung zu Therapiezieländerungen.

Bekanntmachen will der Verein seine Arbeit hauptsächlich über Mund-zu-Mund-Propaganda sowie über Informationen, die die Institutionen unter den Vereinsmitgliedern an ihre Berufsgruppen weitergeben - hauptsächlich sind dies Ärzte, Pflegende oder Pflegefachpersonen.

Die Seelsorge ist ein Bereich, den der Verein gerne noch stärker ins Boot holen würde. Eigene Beratung kann der Verein je nach Standort sowohl telefonisch als auch in Präsenz leisten. Heinlein stellt aber auch klar: "Wir wissen um unsere Grenzen. Wir können Ethikkomitees vor Ort und den wichtigen ethischen Diskurs in den Einrichtungen nicht ersetzen. Uns geht es um eine Ergänzung des schon bestehenden Angebotes."

Neben der Ärztekammer gibt es derzeit mehr als 30 weitere Mitglieder im Verein, neben Institutionen auch Einzelpersonen. Wer die Arbeit des Vereins aktiv mitgestalten möchte, erfährt über die Homepage (www.megsh.de) Einzelheiten.

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 2, Februar 2022
75. Jahrgang, Seite 23
Herausgeber: Ärztekammer Schleswig-Holstein
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-0, Fax: 04551/803-101
E-Mail: info@aeksh.de
Internet: www.aeksh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 12. März 2022

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