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GESUNDHEIT/1281: Deutsche Gesundheits-Korrespondenz Nr. 9/10 - September/Oktober 2016 (DGK)


DEUTSCHES GRÜNES KREUZ e.V. - informationsdienst

dgk - Deutsche Gesundheits-Korrespondenz Nr. 9/10 - September/Oktober 2016 (DGK)



  • Senioren nicht ausreichend vor Lungenentzündung geschützt
  • Sieben Strategien gegen Stress
    AUS WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG
  • Schmerzen stillen durch Berührung
    AKTUELLER IMPFTIPP
  • Grippeimpfung: Diabetiker profitieren
    KIND UND GESUNHEIT
  • Daumenlutschen und Nägelkauen gut gegen Allergien?
    MELDUNG
  • Warum Knipsen glücklich macht
    SERVICE

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Ständige Impfkommission veröffentlicht neue Empfehlungen
Senioren nicht ausreichend vor Lungenentzündung geschützt

(dgk) Pneumokokken stellen in Europa die Hauptursache von bakteriellen Lungenentzündungen dar. Allein in Deutschland sterben nach Schätzungen jedes Jahr mehr als 5.000 Menschen an den Folgen einer Erkrankung mit den Keimen, berichtet die Ständige Impfkommission (STIKO) in ihrer aktuellen Pressemitteilung. Besonders gefährdet sind ältere Menschen. Doch gerade sie sind schlecht geschützt: Bislang sind nur 31 Prozent der Senioren im Alter von 65 bis 79 Jahren gegen Pneumokokken geimpft. "Eine bessere Umsetzung der Impf-Empfehlungen ist dringend wünschenswert", betont die STIKO daher in ihren neuen Empfehlungen.

Neben Senioren sind Kinder unter zwei Jahren sowie Patienten jeden Alters mit Grundkrankheiten wie Immunschwäche oder mit chronischen Erkrankungen, z. B. an Herz oder Lunge, durch die Bakterien besonders gefährdet.

Zwar gibt es in Deutschland keine Impfpflicht, die Versicherten haben aber einen Anspruch auf bestimmte kostenfreie Schutzimpfungen. Voraussetzung für diesen Anspruch sind die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI). Dieses Expertengremium prüft die verfügbaren Daten und empfiehlt jene Impfungen mit einem hohen Wert für den Gesundheitsschutz des Einzelnen und der Allgemeinheit. Zudem werden bestehende Empfehlungen aufgrund von Erfahrungen "nachjustiert". Die Ende August erscheinenden Empfehlungen der STIKO werden jedes Jahr mit Spannung erwartet. Im Epidemiologischen Bulletin 34/2016 hat das Expertengremium nun seine aktuellen Impfempfehlungen veröffentlicht.

Die Wahl des Impfstoffs
Derzeit stehen in Deutschland zwei verschiedene Impfstoffe zur Verfügung. Ein schon seit 1983 zugelassener sogenannter Polysaccharid-Impfstoff, der vor 23 verschiedenen Pneumokokken-Typen schützt und ein neuerer sogenannter Konjugatimpfstoff, der allerdings nur vor 13 verschiedenen Typen schützt.

Die STIKO empfiehlt weiterhin für alle Personen ab 60 Jahren als Standardimpfung eine alleinige Injektion mit dem Polysaccharid-Impfstoff, da er gegen ein breiteres Spektrum der insgesamt über 90 Pneumokokkentypen schützen kann.

Für Kinder unter zwei Jahren aber gilt weiterhin die Empfehlung der routinemäßigen Impfung mit dem Konjugatimpfstoff, weil diese nach Impfung mit dem Polysaccharid-Impfstoff keine ausreichende Immunantwort entwickeln. Die generelle Impfung der unter Zweijährigen hat sich in mehrfacher Hinsicht bewährt. Die Injektion schützt erwiesenermaßen nicht nur die Impflinge selbst, sondern hat die Krankheitslast auch in anderen Altersgruppen reduziert, weil weniger Kinder die Erkrankung auf andere übertragen können (Herdenschutz).

Besondere Empfehlungen für Risikogruppen
Für Menschen mit einer Immunschwäche und einige weitere Risikogruppen, wird empfohlen, beide Impfstoffe in einem bestimmten Zeitabstand hintereinander zu verabreichen. Dies betrifft z. B. Patienten mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten oder bei Fehlen der Milz.

Die STIKO hält aufgrund der begrenzten Dauer des Impfschutzes grundsätzlich für alle Risikogruppen eine Auffrischung mit dem Polysaccharid-Impfstoff im Mindestabstand von 6 Jahren für sinnvoll. Senioren ohne weitere gesundheitliche Risiken benötigen nur eine Impfung. Und Beschäftigte, die beim Schweißen oder Trennen von Metallen Rauch einatmen, sollen sich nun auch gegen Pneumokokken impfen lassen. Metallrauch kann die Lunge schädigen, die dadurch anfälliger für schwere Pneumokokken-Infektionen werden kann.


Quelle:

Pressemitteilung des Robert Koch-Instituts vom 29.08.2016: Ständige Impfkommission veröffentlicht neue Impfempfehlungen, Epidemiologisches Bulletin 34/2016

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Sieben Strategien gegen Stress

Zu viel Arbeit, zu wenig Schlaf, ständig unter Zeitdruck, immer in Eile: Stress kann auf Dauer schwer an die Nerven gehen und sogar krankmachen. Steuern Sie dagegen - mit den Anti-Stress-Strategien vom Ratgeber aus Ihrer Apotheke.

(RaIA / dgk) Die häufigen Überstunden im Job, der ständige Spagat zwischen Familie und Beruf, die vielen unerledigten Aufgaben, die wir seit Wochen vor uns herschieben: Für viele Menschen gehört Stress zum Alltag. Ungesund wird der Druck dann, wenn er überhandnimmt und als Dauerbelastung empfunden wird. Wer permanent unter Strom steht und das ungute Gefühl hat, dass ihm "alles über den Kopf wächst", setzt seine Gesundheit und sein Wohlbefinden aufs Spiel. Viele Stressgeplagte klagen über innere Unruhe, Nervosität, Gereiztheit, schlechten Schlaf und Abgeschlagenheit. Zu den typischen Stresssymptomen gehören auch körperliche Beschwerden wie Verspannungen, Kopfschmerzen und Magenschmerzen.

Natürlich ist es in unserer schnelllebigen Zeit kaum möglich, Stress komplett aus dem Leben zu verbannen. Deshalb müssen wir lernen, ihn auf ein erträgliches Maß zu reduzieren und besser mit Belastungen umzugehen. Sieben Strategien können dabei helfen.

1. Rhythmus ins Leben bringen
Manch einer vermutet, ein fester Terminplan setze unter Druck. Doch oft ist genau das Gegenteil der Fall: Verbindliche Termine und alltägliche Rituale - wie die Frühstückspause um 9.30 Uhr oder der Saunabesuch an jedem Mittwochabend - gliedern den Tag und die Woche in überschaubare Einheiten. Das bringt Struktur und einen verlässlichen Rhythmus ins Leben und gibt uns ein Gefühl von Sicherheit. Gerade dann, wenn es im Alltag mal wieder sehr hektisch zugeht.

2. Balance herstellen
Wer es schafft, ein Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung herzustellen, kann meist besser mit stressigen Situationen fertigwerden. Zum Abschalten und Auftanken eignen sich gezielte Entspannungstechniken wie autogenes Training, Yoga oder progressive Muskelrelaxation - erlernbar in vielen Volkshochschulen - aber auch kleine Auszeiten. Wie wäre es mit einer Massage, einem Entspannungsbad oder einer Mußestunde auf der Couch? Solche Erholungsmomente bilden ein Gegengewicht zum oft hektischen und nervenaufreibenden Alltag.

3. Kräftig auspowern
Sport gehört zu den besten Stresskillern überhaupt. Kein Wunder, baut das Körpertraining doch Stresshormone wie Cortisol ab. Nach einem anstrengenden Tag ist es deshalb eine echte Wohltat, durch den Wald zu joggen, sich aufs Rad zu schwingen, ins Fitnessstudio oder zum Squash zu gehen.

4. Erwartungen runterschrauben
Kaum zu glauben: Oft setzen wir uns selbst am meisten unter Druck - mit übertrieben hohen Erwartungen an unser eigenes Leistungsvermögen. Besonders Perfektionisten, denen 99 Prozent längst noch nichen reicht, geraten schnell in die Überlastungsfalle. Zum Glück lässt sich trainieren, öfter mal fünf gerade sein zu lassen.

5. Smartphone, Laptop & Co. ausschalten
Moderne Technik und soziale Medien erleichtern uns das Leben in vielerlei Hinsicht. Auf der anderen Seite sind wir dank Handy, Tablet und Laptop aber beinahe rund um die Uhr erreichbar. Und das wird auch von uns erwartet! Machen Sie Schluss damit: Nehmen Sie sich das Recht, Computer, Telefon & Co. einfach auszuschalten, wenn Sie nicht gestört werden wollen oder eine persönliche Auszeit brauchen. Eine wahre Wohltat kann ein komplett technikfreier Tag sein - Ausprobieren lohnt sich!

6. Natürliche Stresskiller nutzen
Profitieren können Stressgeplagte von natürlich wirksamen Präparaten aus der Apotheke, die typische Stresssymptome wie nervöse Unruhe, innere Anspannung und schlechten Schlaf lindern und ausgleichend wirken können. Bekannt für ihre beruhigenden Eigenschaften sind Heilpflanzen wie Baldrian, Hopfen, Passionsblume und Melisse. Um die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit in stressigen Zeiten zu steigern, kommen Rosenwurz und andere pflanzliche Anpassungsmittel, sogenannte Adaptogene, infrage. Geht innere Unruhe mit stressbedingten seelischen Verstimmungen einher, ist Johanniskraut ein gut untersuchtes Heilmittel. Bei Unruhe mit ängstlicher Verstimmung helfen Präparate mit Lavendelöl. Anthroposophische und homöopathische Arzneimittel können die Selbstheilungskräfte anregen, sodass Unruhe und Verstimmungen abklingen.

7. Dem Stress lachend begegnen
Als einfachstes Rezept gegen Stress wird Lachen empfohlen. Der Grund: Lachen hemmt die Produktion der Stresshormone Adrenalin und Cortisol. Wer also kräftig prustet, gluckst und gackert, wird beinah wie von selbst gelassener, ruhiger und kann nach einem herzhaften Lachanfall meist viel entspannter weiterarbeiten.

Weitere interessante Themen rund um die Gesundheit finden sich im Ratgeber aus Ihrer Apotheke, der in der Apotheke kostenlos bereitliegt.

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AUS WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG
Schmerzen stillen durch Berührung

Händchenhalten durch einen vertrauten Menschen hilft

(dgk) Israelische Forscher fanden heraus, dass sich in Gegenwart eines geliebten Menschen Schmerzen besser ertragen lassen. Verstärkt wird diese schmerzlindernde Wirkung durch Berührung wie das Halten der Hand und Einfühlungsvermögen.

Die Forscher untersuchten den Einfluss unterstützenden Verhaltens bei Paaren. Hielt der Mann seiner Frau bei einem schmerzhaften Ereignis die Hand, dämpfte es tatsächlich die Schmerzen. Je größer das Einfühlungsvermögen des Mannes dabei war, desto stärker war der schmerzlindernde Effekt bei seiner Partnerin. Interessanterweise wirkte sich derselbe körperliche Kontakt mit einem fremden Mann bei den Frauen nicht auf ihr Schmerzempfinden aus.

"Unsere Ergebnisse zeigen einen synergistischen schmerzlindernden Effekt von Berührung und Empathie, der beim Schmerzmanagement zum Beispiel während der Geburt eingesetzt werden könnte", schreiben Irit Weissman Fogel und ihre Kollegen von der Universität Haifa. Eine frühere Studie habe ergeben, dass die Gegenwart des Partners in 60 Prozent der Fälle die Geburtsschmerzen vermindert. Die Forscher gingen der Frage nach, von welchen Faktoren es abhängt, wie stark die betäubende Wirkung eines direkten körperlichen Kontaktes ist. An der Studie beteiligten sich 23 heterosexuelle Paare, die im Schnitt seit vier Jahren zusammen waren. Die Männer und Frauen waren 19 bis 40 Jahre alt.

Zunächst wurde bei allen Paaren ermittelt, welche Qualität ihre romantische Beziehung hat. Bei der späteren Auswertung wurde dieser mögliche Einflussfaktoren mitberücksichtigt. Ein weiterer Fragebogen diente dazu, die Empathiefähigkeit der Männer zu messen - also die Fähigkeit, Gefühle wie Trauer, Freude oder Schmerz anderer Menschen zu erkennen und nachzuempfinden. Die Forscher erzeugten bei den Frauen Schmerzen durch einen Hitzereiz am Unterarm. Die Schmerzstärke bewerteten die Versuchsteilnehmerinnen auf einer Skala von 0 bis 100 mit 60. Vor Beginn der eigentlichen Experimente lernten die Männer diesen Schmerz einmal selbst kennen. Dann musste jede Frau den Hitzeschmerz in vier unterschiedlichen Situationen erleiden: Zuerst allein, dann in Gegenwart ihres Partners - aber ohne körperlichen Kontakt, dann Händchen haltend mit ihrem Partner und zuletzt mit einem fremden Mann, der die Hand der Frau hielt. Jeweils im Anschluss daran beurteilten die Frauen die Stärke des gerade erlebten Schmerzes und die Männer schätzten, wie stark der Schmerz für die Frau gewesen sein könnte.

Dabei zeigte sich, dass Körperkontakt nicht grundsätzlich hilft. Wenn ein Fremder die Hand hielt, waren die Schmerzen ähnlich stark wie die allein empfundenen Schmerzen. Aus älteren Studien weiß man, dass der soziale Stress, den wir in der unmittelbaren Nähe von Fremden empfinden, Empathie unterdrückt.

Wenn hingegen der eigene Partner die Hand hielt, hatte das einen stark betäubenden Effekt. War der Partner lediglich anwesend, aber ohne Körperkontakt, war dieser Effekt deutlich geringer. Außerdem ergab sich ein eindeutiger Zusammenhang mit dem Einfühlungsvermögen des Mannes: Je größer die Empathie, desto stärker die schmerzdämpfende Wirkung des Körperkontaktes.

Indem Väter bei der Geburt ihres Kindes die Hand ihrer Partnerin halten, könnten sie offenbar mehr dazu beitragen, Schmerzen zu verringern, als wenn sie nur anwesend sind.

Aber die Erkenntnisse sind auch auf viele andere Situationen übertragbar, bei denen körperliche Schmerzen eine Rolle spielen. Mitgefühl zeigen, einem Freund die Hand auf die Schulter legen, eine herzliche Umarmung: all ist also mehr als eine nette Geste. Es hilft.


Quellen:

1. Wissenschaft aktuell vom 16. August 2016: Händchenhalten dämpft den Schmerz
http://www.wissenschaftaktuell.de/artikel/Haendchenhalten_daempft_den_Schmerz1771015590192.html

2. "Empathy predicts an experimental pain reduction during touch", Pavel Goldstein et al.; Journal of Pain, DOI: 10.1016/j.jpain.2016.06.007

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AKTUELLER IMPFTIPP
Grippeimpfung: Diabetiker profitieren

Wie viele chronisch Kranke gehen auch Diabetiker oft zögerlich mit dem Impfschutz um, denn sie fürchten, dass eine Impfung den ohnehin geschwächten Organismus "überanstrengen" könnte.

"Dabei wäre die Impfung für sie besonders wichtig, denn bei Diabetikern ist durch den hohen Blutzuckerspiegel die Funktion der Abwehrzellen beeinträchtigt", erklärt Dr. Ute Arndt, Immunologin beim Deutschen Grünen Kreuz e. V. "Außerdem ist das Gefäßsystem durch dien Diabetes mitbetroffen, was unter anderem die Lungenfunktion beeinträchtigen kann." Das sind die Gründe, warum schwere Atemwegsinfekte, z. B. als Folge einer Influenza, bei Diabetikern häufiger auftreten.

"Studien zeigen immer wieder, dass Diabetiker anfälliger sind für ernste Komplikationen durch eine echte Grippe als Menschen ohne Diabetes", betont Arndt. Eine im Juli erschienene Studie bekräftigt dies: Gegen Grippe geimpfte Diabetiker müssen seltener in eine Klinik eingewiesen werden als Impfverweigerer. Schlaganfälle, schwere Atemwegsinfekte und Komplikationen bei bestehender Herzinsuffizienz treten bei ihnen während der Grippesaison deutlich seltener auf. Auch die Sterberate ist geringer.

Am besten gleich im Doppelpack impfen
Ein Großteil derjenigen, für die das Influenzavirus besonders gefährlich ist, ist auch durch Pneumokokken stärker gefährdet. Die Erreger können u. a. zu Lungenentzündungen führen, häufig treten sie als sogenannte "Sekundärinfektionen" bei einer Grippe auf.

Arndt: "Allen Diabetikern, egal welchen Alters empfehle ich daher, sich gegen Influenza und Pneumokokken impfen zu lassen - am besten gleich im Doppelpack. Beide Impfungen können auch an einem Impftermin verabreicht werden, eine am rechten Arm, eine am linken."

Die Humanbiologin und Immunologin Dr. Ute Arndt ist Impfexpertin beim Deutschen Grünen Kreuz e. V.


Quellen:

1. Eszter P. Vamos et al.: Effectiveness of the influenza vaccine in preventing admission to hospital and death in people with type 2 diabetes; Canadian Medical Association Journal, online publiziert am 25.7.2016, doi: 10.1503/cmaj.151059

2. Ärzte Zeitung online, 01.08.2016: Grippeimpfung hält Diabetiker von Kliniken fern

3. Darren Lau et al.: Working-age adults with diabetes experience greater susceptibility to seasonal influenza: a population-based cohort study; Diabetologia (2014) 57:690-698; DOI 10.1007/s00125-013-3158-8

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KIND UND GESUNDHEIT
Daumenlutschen und Nägelkauen gut gegen Allergien?

Daumenlutschen und Nägelkauen gelten nicht gerade als vorbildlich und erstrebenswert. Doch beides kann das Risiko senken, Allergien zu entwickeln, wie eine Studie aus Neuseeland zeigt.

(dgk) Die Studie untersuchte 1.037 Teilnehmer, die zwischen 1972 und 1973 in Dunedin, Neuseeland, zur Welt kamen. Bei denjenigen, die in jungen Jahren am Daumen lutschten oder an ihren Nägel kauten, konnten die Forscher seltener eine besondere Empfindlichkeit (Sensibilisierung) gegen Allergene nachweisen, auch noch im Erwachsenenalter. Die geringste Neigung zu Allergien bestand, wenn beides kombiniert wurde. Ab dem ersten Lebensjahr kaute etwa jedes dritte Kind der Studienteilnehmer regelmäßig an den Fingernägeln oder lutschte am Daumen. Prof. Bob Hancox, Stephanie J. Lynch und Kollegen von der Universität von Otago, Neuseeland, hatten hierzu die Eltern viermal befragt, als die Kinder fünf, sieben, neun und elf Jahre als waren. Im Alter von 13 Jahren und erneut mit 32 Jahren wurde überprüft, ob die Teilnehmer empfindlicher auf Allergene reagieren (atopische Sensibilisierung), ob sie Asthma oder Heuschnupfen entwickelt haben. Für die Einschätzung der Sensibilisierung wurde gemessen, wie groß die Hautrötung war, die der Hauttest (Pricktest) verursachte. Getestet wurden folgende Allergene: Gras, Katze, Hund, Kapok, Wolle und Schimmelpilze.

Entzündliche Reaktionen der Haut wie Neurodermitis, allergischer Schnupfen und Asthma bronchiale: Das alles sind atopische Erkrankungen, die immer öfter auftreten. Die Betroffenen besitzen eine erbliche Veranlagung, auf harmlose Umweltstoffe mit einer Überproduktion bestimmter Antikörper zu reagieren. Bei 40 Prozent der Grundschüler kann bereits eine Sensibilisierung gegen Allergene nachgewiesen werden.

Das Risiko Asthma oder Heuschnupfen zu bekommen, konnte durch Daumenlutschen oder Nägelkauen nicht beeinflusst werden. Dafür aber hilft beides gegen die Entwicklung atopischer Erkrankungen. Die neuseeländischen Forscher stellten bei denjenigen, die in der Kindheit am Daumen lutschten oder Nägel kauten, ein geringeres Risiko für eine atopische Sensibilisierung fest. Das galt sowohl bei den 13-Jährigen als auch bei den 32-Jährigen. Dieser positive Einfluss ergab sich unabhängig von anderen Faktoren, wie etwa Stillen, Haustiere, Personenanzahl im Haushalt, Allergien und Rauchen der Eltern sowie dem sozioökonomischen Status. Noch seltener trat eine atopische Sensibilisierung bei Kindern auf, die beides gemacht hatten - Daumenlutschen und Nägelkauen. Im Alter von 32 war dieser Kombinationsvorteil allerdings nicht mehr sichtbar.

Die Ergebnisse weisen in eine ähnliche Richtung wie die der sogenannten "Schnuller-Studie", die 2013 veröffentlicht wurde. Damals konnten schwedische Forscher zeigen, dass Kinder, deren Eltern den auf den Boden gefallenen Schnuller ihres Nachwuchses ablutschten, ein geringeres Risiko für Allergien hatten als diejenigen, deren Schnuller sicherheitshalber abgekocht wurde.

Ein geringeres Risiko für Allergien haben Kinder möglicherweise auch, wenn sie als Baby auf einem Schaffell schlafen, auf einem Bauernhof groß werden oder Rohmilch trinken. Dahinter vermuten Forscher ähnliche Mechanismen: In allen Fällen sind Kinder verstärkt Mikroorganismen ausgesetzt, die dem sich entwickelnden Immunsystem helfen, ungefährliche Bestandteile der Umwelt besser einzuordnen.


Quellen:

1. Ärzteblatt online vom 22.8.2016: Atopie - Daumenlutschen und Nägelkauen wirken am besten in Kombination

2. Lynch SJ, Sears MR, Hancox RJ.: Thumb-Sucking, Nail-Biting, and Atopic Sensitization, Asthma, and Hay Fever; Pediatrics. 2016;138(2):e20160443

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MELDUNG
Urlaubsfotos

Warum Knipsen glücklich macht

(dgk) Wer bei jeder Gelegenheit zur Kamera greift, hat weniger vom Augenblick heißt es oft. Das stimmt aber gar nicht: Durch das Fotografieren werden schöne Erlebnisse sogar noch schöner, haben amerikanische Forscher herausgefunden. Sie liefern auch eine Erklärung zu dem unerwarteten Ergebnis der Studie: Wer in schönen Momente die Kamera zückt, taucht tiefer in den Augenblick ein und hat daher anhaltend mehr Freude daran. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob mit einer echten Kamera oder lediglich mit einer Attrappe geknipst wird. Der bloße gedanklich Plan, ein Foto zu schießen, verhilft schon zur Vertiefung des Erlebens und damit zur Steigerung des Glücksgefühls.

Wer sich sehr stark auf eine Beobachtung konzentriert, etwa weil man vorhat, den perfekten Moment für ein Foto abzupassen, tritt automatisch in intensiveren Kontakt mit dem gegenwärtigen Erleben, erklärt Achtsamkeitsforscher Stefan Schmidt vom Universitätsklinikum Freiburg dazu.

Allerdings ist Fotografieren nicht immer ratsam. Erfordert die Situation eine aktive Teilnahme, kann das Knipsen ablenken und damit stören. Und das sofortige Auswerten und Löschen der Bilder verringert ebenfalls den positiven Effekt, weil man aus dem reinen Erleben in den Kopf, den Bewertungsmodus schaltet. Wer also gleich das schönste Bild bei Facebook posten oder per WhatsApp versenden will, beraubt sich des Genusses.


Quelle:

Positive Psychologie: Warum Urlaubsfotos uns glücklich machen; Meldung vom 4.8.2016 auf www.spektrum.de:

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SERVICE

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Quelle:
dgk - Deutsche Gesundheits-Korrespondenz - informationsdienst
57. Jahrgang, 9/10 - September/Oktober 2016
Herausgeber: DEUTSCHES GRÜNES KREUZ e.V.
Biegenstraße 6, 35037 Marburg
Redaktion dgk: Dr. med. Sigrid Ley-Köllstadt
- verantwortlich -
Telefon: (06421) 293-140; Telefax: (06421) 293-740
E-Mail: presseservice@dgk.de
Internet: www.dgk.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2016

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