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RAUCHEN/510: E-Zigaretten - Dampfen statt rauchen (Securvital)


Securvital 4/2014 - Oktober-Dezember 2014
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen

E-Zigaretten
Dampfen statt rauchen

Von Norbert Schnorbach



Elektrozigaretten sind auf dem Vormarsch. Die Tabakindustrie steigt in das neue Nikotin-Geschäft ein. Gesundheitsexperten sind besorgt.


Sie sehen elegant aus, mal wie Füllfederhalter mit Goldrand, mal mit einem Mundstück auf einem schmalem Glaskolben: Die neuen E-Zigaretten sind dabei, das Geschäft mit der Nikotinsucht zu erobern. Obwohl die Geräte erst vor wenigen Jahren auf den Markt kamen, greifen in Deutschland schon mehr als zwei Millionen Erwachsene regelmäßig zur Elektrozigarette. Weitere sechs Millionen, so der Händlerverband, nutzen sie zumindest gelegentlich.

Unabhängig vom Design ist die Funktionsweise der Geräte gleich: Statt Tabak zu verbrennen, wird eine nikotin- und aromenhaltige Flüssigkeit mit einer Heizspirale erhitzt. Den Nikotindampf kann man über ein Mundstück einatmen. Statt "Raucher" gibt es also immer mehr "Dampfer", wie sie sich selbst nennen. Welchen langfristigen Schaden sie ihrer Gesundheit damit antun, ist weitgehend unerforscht. Der Gesetzgeber ist noch unschlüssig, wie die Nichtrauchergesetze und Jugendschutzgesetze auch auf das Dampfen zu übertragen sind. Gesundheitsexperten sind besorgt, dass die E-Zigaretten als neuer Trend auch bei Nichtrauchern und Jugendlichen salonfähig werden.

Milliardenumsatz

Das Geschäft wächst rasant. Der Umsatz mit E-Zigaretten und flüssigem Nikotin wird in Deutschland auf 200 Millionen Euro pro Jahr geschätzt, europaweit bereits auf eine Milliarde Euro. Noch werden die meisten Geräte aus China importiert und vor allem übers Internet verkauft. Doch große Tabakkonzerne sehen kommen, dass der Tabakverkauf sinken wird. Deshalb steigen sie selbst in das zukunftsträchtige Geschäft mit den Nikotinverdampfern ein.

Die entsprechenden Werbe- und Marketingfeldzüge sind bereits auf dem Weg. Hollywood-Prominente lassen sich dafür einspannen. Die E-Zigarette wird imageträchtig in Kinofilmen platziert. Online-Kampagnen und Sponsoring-Events sollen das Dampfen populär machen. Gegen Verkaufsbeschränkungen wie etwa den EU-Vorschlag, das flüssige Nikotin so wie Arzneien nur über Apotheken zu verkaufen, wehren sich Händler und Hersteller mit allen Kräften. Sie präsentieren lieber Untersuchungen, nach denen das Dampfen weniger schädlich sei als das Rauchen.

E-Zigaretten seien die gesündere Alternative, meint der "Verband des eZigaretten-Handels", weil sie im Gegensatz zur Tabakzigarette keine Giftstoffe bei der Verbrennung produzieren. Außerdem seien auch die Gefahren des Passivrauchens geringer. Die durchschnittliche Nikotinmenge in der Raumluft sei bei Tabakzigaretten zehn Mal größer als bei E-Zigaretten. In Großbritannien und Belgien haben sich auch schon Ärzte-Initiativen für das Dampfen ausgesprochen, weil es den Verzicht auf das schädlichere Rauchen erleichtere. Die E-Zigarette könnte Millionen Rauchern das Leben retten, heißt es, und sie vor dem Tod durch Lungenkrebs bewahren.

"Was aus der E-Zigarette kommt, ist nicht einfach Wasserdampf, sondern ein Chemikaliengemisch."
Martina Pötschke-Langer, Deutsches Krebsforschungszentrum

In Deutschland halten Gesundheitsexperten dieses Lob auf die E-Zigarette für fahrlässig. "Im E-Zigarettendampf befinden sich viele Stoffe, die in der Lunge schlichtweg nichts zu suchen haben", meint der Pharmazeut Prof. Fritz Sörgel vom Nürnberger Institut für biomedizinische und pharmazeutische Forschung. Der Dampf von E-Zigaretten enthalte nicht nur Nikotin, sondern auch potentiell krebserregende Zusatzstoffe, deren Langzeitwirkung nicht erforscht sei.

Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum warnt vor einer Verharmlosung des flüssigen Nikotins. Es ist ein Nervengift, "das abhängig macht, das Wachstum von Tumoren fördert und im Verdacht steht, Krebs auszulösen", betont sie. Für Raucher könne der Umstieg auf E-Zigaretten eine Verbesserung sein, aber für Nichtraucher sei das Dampfen eindeutig eine Erhöhung des Gesundheitsrisikos.

Köder für Jugendliche

Kerstin Jüngling, die Leiterin der Fachstelle für Suchtprävention in Berlin, fürchtet das vermeintlich harmlose Dampfen als Lockmittel für Jugendliche. Auf vielen Schulhöfen machten schon sogenannte "E-Shishas" die Runde. Sie sehen aus wie eine Mischung aus Wasserpfeife und E-Zigarette und werden für ein paar Euro in vielen schulnahen Kiosken und Läden verkauft. Sie verdampfen kein Nikotin, sondern aromatisierte Flüssigkeiten mit dem Geschmack von Erdbeeren, Kaugummi oder Gummibärchen. Mit diesen coolen Dampfgeräten, extra für Jugendliche erfunden, werden die Raucher von morgen geködert.

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Quelle:
Securvital 4/2014 - Oktober-Dezember 2014, Seite 24 - 25
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen
Herausgeber: SECURVITA GmbH - Gesellschaft zur Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2014