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AUSLAND/2002: Abtreibung in den USA - Mord und 240 andere Kleinigkeiten (ALfA LebensForum)


ALfA LebensForum Nr. 106 - 2. Quartal 2013
Zeitschrift der Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA)

Mord und 240 andere Kleinigkeiten

Von Clemens Mann



Ein US-amerikanischer Abtreibungsarzt muss wegen mehrfachen Babymordes für den Rest seines Lebens hinter Gitter. Der Prozess über die Verbrechen in dessen Abtreibungsklinik in Philadelphia sorgte in den Vereinigten Staaten von Amerika - wenn auch verspätet - für eine breite Diskussion über Spätabtreibungen. Lebensrechtler hoffen nun auf Veränderungen.

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Kermit Gosnell verbringt den Rest seines Lebens hinter Gittern. Der US-Abtreibungsarzt erhält dreimal lebenslänglich für die Morde an drei während illegalen Spätabtreibungen lebend geborenen Babys. Weitere längere Haftstrafen bekommt der 72-Jährige für die anderen Verbrechen, die er in seiner Abtreibungsklinik im Westen Philadelphias verübt hatte. »Wir haben ihm Gnade gewährt, wo er keine gezeigt hat«, sagte Seth Williams, Staatsanwalt in Philadelphia, gegenüber Journalisten. Dass der Abtreibungsarzt seine unmenschlichen Verbrechen nicht mit dem eigenen Leben bezahlen musste, hat er einem juristischen Kuhhandel zu verdanken. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf die Todesstrafe. Im Gegenzug sehen Gosnells Verteidiger von einer möglicherweise langwierigen Berufung ab. Mit der Verkündigung des Strafmaßes Mitte Mai ging ein spektakulärer Prozess zu Ende, der die US-Öffentlichkeit wegen seiner grausamen Details für mehr als sieben Wochen in Atem gehalten und eine landesweite Debatte über Spätabtreibungen ausgelöst hatte.

18. Februar 2010: Es ist bereits dunkel, als die Drogenfahnder und FBI-Ermittler gegen Abend die Klinik des Abtreibungsarztes in der Lancaster Avenue im Westen Philadelphias betreten. Schon seit Monaten haben sie das dreistöckige, mit roten Backsteinziegeln erbaute Haus, das die Klinik mit dem unverdächtigen Namen »Women's Medical Society« beherbergt, im Visier - wegen des Verdachts auf illegalen Handel mit Schmerz- und Betäubungsmitteln. Doch was die Fahnder bei der Drogenrazzia in der Klinik im US-Bundesstaat Pennsylvania tatsächlich entdecken, erschüttert selbst die Erfahrensten unter ihnen: Der Boden ist mit Blut beschmiert, es stinkt nach Urin, Fäkalien einer herumstreunenden Katze liegen auf Treppenstufen. Im Wartezimmer und im Aufwachraum stöhnen halb bewusstlose Frauen auf Liegen mit blutbeleckten Laken. Die Ermittler finden die Überreste von 45 abgetriebenen Föten. Komplette kleine Körper sind in Plastiktüten eingewickelt, manche wurden bei der Abtreibung zerstückelt. Einige liegen tiefgefroren im Eisschrank, andere in Taschen und leeren Milch-Beuteln, sogar in Orangensaft-Kartons oder Behältern für Katzenfutter. Nach dem 280 Seiten umfassenden Ermittlungsbericht der einberufenen Grand Jury, der ein Jahr später veröffentlicht wird, wurden rund zehn bis 20 Prozent der damals gefundenen Föten von Gosnell illegal nach der 24. Woche abgetrieben.

Drei Jahre später, am 4. März, kommt es zum Prozessauftakt: Die Anwälte legten dem 72-Jährigen den Mord an sieben neugeborenen und lebensfähigen Babys zur Last. Später lässt der Richter drei dieser Fälle fallen. Damit aber nicht genug: Gosnell musste sich auch für die fahrlässige Tötung der 41-jährigen Patientin Karnamaya Mongar verantworten. Die erst kurz zuvor aus Bhutan in die USA gekommene Einwanderin starb 2009 während einer Abtreibung an einer Überdosis Betäubungsmittel. Gosnell soll sich zu lange geweigert haben, Hilfe aus einem naheliegenden Krankenhaus zu rufen. Und als dann die Rettungskräfte vor Ort das Opfer abtransportieren wollten, konnten sie das nicht. Der Notausgang war versperrt. Und der Schlüssel unauffindbar. Die gesamte Anklageliste umfasst über 250 Vorwürfe gegen Gosnell. Von den Geschworenen wurde der Abtreibungsarzt letztlich wegen 243 Straftaten und Verbrechen verurteilt: Darunter die drei Morde, die fahrlässige Tötung, ein zusätzlicher Fall von Kindstötung sowie ein Fall von Erpressung. Die Geschworenen erklärten Gosnell darüber hinaus in fünf Fällen der Verschwörung, 21 Fällen einer illegalen Spätabtreibung nach der 24. Schwangerschaftswoche sowie in 211 Fällen, bei denen Gosnell die gesetzliche Warte- und Bedenkzeit von 24 Stunden vor einer Abtreibung missachtete, für schuldig. Mitangeklagt waren in dem Prozess auch ehemalige Angestellte der Klinik, die jahrelang nicht nur von dessen grausamen Treiben gewusst, sondern sich auch selbst schuldig gemacht hatten, indem sie ohne Ausbildung Betäubungsmittel spritzten, sich als Ärzte ausgaben, selbstständig Diagnosen stellten oder gar selbst Babys töteten.

»Die Grand Jury schätzt, dass Gosnell hunderte Babys tötete.«

Laut dem Bericht der Grand Jury gehörte das Töten zum Geschäftsmodell Gosnells hinzu. Wie viele lebensfähige Babys Gosnell tatsächlich in seinen 40 Jahren als Abtreibungsarzt umgebracht hat, wird auch nach dem Prozess niemand klären können. Die sieben Babymorde, für die die Fahnder nach der Razzia Beweise fanden, dürften nur die Spitze des Eisberges sein. Denn Gosnell hat Behandlungsakten bewusst vernichtet. Auch die Aussagen der Zeugen, die in dem rund sieben Wochen dauernden Prozess vernommen wurden, legten nahe, dass der 72-Jährige routinemäßig Babys getötet hat. Kareema Cross, eine ehemalige Angestellte in der Abtreibungseinrichtung, der wegen Missbrauch von Betäubungsmitteln der Prozess gemacht wurde und die jetzt ebenfalls hinter Gitter sitzt, sagte als Letzte von 28 Zeugen der Anklage aus, sie habe mindestens 14 lebendgeborene Kinder in der Klinik gesehen. Zehn von ihnen hätten zweifellos geatmet. »Ich dachte, sie würden atmen. Aber er sagte, sie atmen nicht wirklich«, sagte Cross. Drei der Kinder hätten sich außerdem noch bewegt. Gosnell aber habe die Bewegungen als bloße Relexe vor dem unweigerlichen Tod bezeichnet. Dann stach er ihnen wie üblich mit einer Schere in den Nacken, durchtrennte das Rückenmark. Die Grand Jury schätzt, dass Gosnell mehrere hundert Babys auf diese Weise tötete. Laut anderen Zeugen habe Gosnell sein Handeln vor den Mitarbeitern immer wieder als legal verteidigt, obwohl offensichtlich gewesen sein, dass es das nicht war.

Kermit Barron Gosnell wurde 1941 in Philadelphia geboren. Wären die grausamen Details über seine Abtreibungspraktiken nicht ans Licht gekommen, man hätte sein Leben als kleine Erfolgsgeschichte sehen können. Gosnell wuchs im armen Westen Philadelphias auf. Schon damals lebten in dem verarmten Stadtteil mehrheitlich Afro-Amerikaner, heute sind es 76,2 Prozent. Arbeitslosigkeit und Kriminalität sind im landesweiten Vergleich hoch. Gosnell gehörte zu den besten Schülern der städtischen Central High School. 1966 schloss er sein Medizinstudium an der Jefferson Medical School ab. Viele, die es sich leisten konnten, zogen weg. Gosnell aber hielt seiner Geburtsstadt die Treue. Er eröffnete im Viertel Mantua ein Haus, um Drogensüchtigen einen Neustart zu ermöglichen, und rief ein medizinisches Hilfsprogramm für Teenager ins Leben. Auch deswegen war der Mediziner ein respektierter Mann. Nach einem Bericht des »Philadelphia Inquirer« erreichte er 1972, dem Jahr, an dem er die Abtreibungsklinik in der Lancester Avenue eröffnete, sogar das Finale des Wettbewerbs »Young Philadelphian of the Year«. Bei der Eröffnung der Klinik im Oktober 1972 sagte er einem Reporter der US-Zeitung: »Ich persönlich würde niemals zustimmen, dass eine Abtreibung an einer Frau durchgeführt wird, die mein Kind trägt.« Als Arzt sei ihm die »Heiligkeit des Lebens« sehr bewusst. Gerade deswegen brauche es aber medizinisch einwandfreie und präzise durchgeführte Abtreibungen für Frauen. Dass es Gosnell schon damals wenig um die »Heiligkeit des Lebens« ging, zeigt ein früherer Vorfall: 1972 erprobte Gosnell eine experimentelle Abtreibungsmethode an mehreren Frauen, 15 Fälle wurden für eine mögliche Fernsehausstrahlung aufgezeichnet. Doch das Experiment war ein Misserfolg: Neun Frauen erlitten innere Verletzungen, drei sogar ernsthafte.

Nach dem Bericht der Grand Jury stand für den Arzt der finanzielle Profit im Vordergrund. Mitarbeiter sagten aus, dass er für eine illegale Abtreibung nach der 24. Schwangerschaftswoche bis zu 3.000 Dollar verlangte. Eine nach US-Recht noch legale Abtreibung in der 23. bis 24. Woche kostete immerhin noch 1.600 Dollar. Gosnell verdiente nach Schätzungen der Grand Jury in einer einzelnen Nacht - die Abtreibungen wurden meist am Abend bis spät in die Nacht vorgenommen - zwischen 10.000 bis 15.000 Dollar. Tagsüber klingelten die Kassen mit dem Missbrauch und illegalen Handel von Betäubungsmitteln. Die Klinik gehört zu jenen Einrichtungen im gesamten Bundesstaat, die die meisten Betäubungsmittel verschrieben. Ermittler sagten, Gosnells Klinik sei am Tag eine »Pillenschleuder« gewesen, in der Nacht eine »Abtreibungsmaschinerie«.

Für den Arzt war das Töten der Babys ein Millionengeschäft. Frauen aus anderen US-Bundesstaaten reisten nach Philadelphia. Es hatte sich herumgesprochen, dass Gosnell späte Abtreibungen vornahm, die andere Anbieter längst nicht mehr durchführen wollten. Die Profitgier Gosnells war aber noch größer: Der Arzt stellte bewusst Personal ein, das keine medizinische Ausbildung hatte. Der Grund: Es war billiger. Eine damals 15-jährige Schülerin schuftete 40 Stunden und mehr in der Horrorklinik. Ohne medizinische Kenntnisse spritzte sie den Frauen Betäubungsmittelcocktails.

Um die Gesundheit seiner Patientinnen scherte sich Gosnell wenig. Einen Tag nach dem Besuch der Abtreibungsklinik verblutete eine Frau und starb. Die Abtreibungsmethode von Gosnell war laut Grand Jury »unnötig schmerzhaft«. Zahlreiche Frauen sollen in Folge einer missglückten Abtreibung innere Verletzungen und lebensbedrohliche Blutungen erlitten haben. Eine Überwachung der narkotisierten Frauen mit modernen medizinischen Geräten gab es nicht. Hatten Frauen starke Schmerzen - und das nötige Kleingeld -, wurden sie mit Schmerz- und Betäubungsmitteln vollgepumpt. Karnamaya Mongar wurde dies zum Verhängnis. Sie starb an einer Überdosis.

Der Abtreiber Kermit Gosnell zeigte keine Anzeichen der Reue.

Anzeichen der Reue zeigte Gosnell während des Prozesses nicht. Seine Verteidiger beriefen keine Zeugen, im Gegensatz zu seinen Mitangeklagten legte er auch keine Geständnisse ab. Teilnahmslos und mit stoischer Gelassenheit verfolgte der 72-Jährige im Gerichtssaal 304 in Philadelphia die Verlesung seines Urteils. Der Arzt, gekleidet im schwarzen Anzug und braunen Hemd, runzelte die Stirn. Und dann schüttelte er sogar leicht den Kopf. In einem Interview mit den »Philadelphia Daily News« kurz nach seiner Verhaftung 2010 hatte der Arzt gesagt, dass er sich und sein Wirken immer als »eine wirksame positive Kraft für eine Minderheiten-Gemeinschaft« verstanden habe. »Ich glaube, dass man dies langfristig auch so bestätigen wird.«

Lebensschützer begrüßten das Urteil des Gerichts. Father Frank Pavone, Vorsitzender der »Priests for Life«, einer großen katholischen Pro-Life-Bewegung, erklärte, das Urteil sei ein klarer Beleg dafür, dass das Recht auf Leben schwerer wiege als das Recht der Frau, sich für oder gegen Abtreibung zu entscheiden. Jetzt müssten weitere Gesetze erlassen werden, die diesen Standpunkt untermauern. Troy Newman, Präsident der Lebensschutzgruppe »Operation Rescue«, brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die US-Öffentlichkeit nun endlich begriffen habe, dass Abtreibungseinrichtungen strikt reguliert, überwacht und lizenziert werden müssten. Der Fall Gosnell habe geholfen, dass die Menschen erkennen, »worum es bei Abtreibung wirklich geht«, sagte David O'Steen, Geschäftsführer des National Right to Life Committee. Steen hoffe, dass es jetzt weitere Gesetzesvorhaben auf Ebene der Bundesstaaten gebe, die Abtreibung komplett verbieten, »wenn einmal das ungeborene Kind Schmerzen empfinden kann«.

Nicht nur Lebensschützer, sondern auch Abtreibungsorganisationen äußerten sich: »Kermit Gosnell wurde für schuldig befunden und bekommt das, was er verdient«, sagte Ilyse G. Hogue, Präsidentin der Vereinigung NARAL Pro Choice America. Jetzt solle alles dafür getan werden, dass die Frauen den vollen Zugang zu allen Dienstleistungsmaßnahmen bekommen. Dazu gehörten auch »sichere, qualitativ hochwertige und legale Abtreibungen«. »Ein gerechtes Urteil«, twitterte die Abtreibungsorganisation Planned Parenthood. Das Gericht stelle mit der Verurteilung sicher, dass keine Frau mehr durch Gosnell zum Opfer werde. Zuvor hatte der Sprecher der Abtreibungsorganisation, Eric Ferrero, versucht den Fall zu relativieren: Der Abtreibungsarzt aus Philadelphia sei lediglich ein Einzelfall gewesen. Gesetze, die den Zugang zu Abtreibungen erschwerten, trieben Frauen in die Hände von Kriminellen wie Gosnell und müssten deshalb verhindert werden, lautet die krude Argumentation Ferreros.

Die Äußerungen der Abtreibungsorganisation sind an Scheinheiligkeit nicht zu übertreffen. Im Zuge der Ermittlungen der Grand Jury im Jahr 2011 war bekannt geworden, dass Planned Parenthood von den Zuständen in der Abtreibungsklinik gewusst haben muss. Die Behörden seien damals aber trotz der offensichtlichen Missstände von Planned Parenthood nicht informiert worden.

Der Prozess um den Abtreibungsarzt löste eine landesweite Debatte um die Kontrolle von Spätabtreibungen aus. Warum konnte Gosnell jahrelang Kinder ermorden? Wieso schritten die Behörden nicht ein? Wussten sie überhaupt davon? Nach dem Bericht der Grand Jury gab es zahlreiche Beschwerden beim Gesundheitsministerium des Bundesstaates, das Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen überprüft. Bei Untersuchungen 1979, 1989 sowie 1992 und 1993 wurden eklatante Mängel aktenkundig. Es geschah aber nichts. 1993 habe dann das Gesundheitsministerium aus politischen Gründen entschieden, Abtreibungskliniken nicht mehr zu überwachen. Mit den Untersuchungen würden zusätzliche »Barrieren« für Frauen aufgebaut, die eine Abtreibung vornehmen wollten. Nicht einmal der Tod von Karnamaya Mongar sorgte dafür, dass Ermittlungen vom Gesundheitsministerium eingeleitet wurden. Auch bei anderen Behörden, die etwa für die Vergabe von Lizenzen an Ärzte verantwortlich waren, gab es Beschwerden. Ein früherer Mitarbeiter Gosnells wies auf die katastrophalen Zustände in der Klinik hin: Gosnell würde Abtreibungen an Minderjährigen vornehmen und übermäßig viele Schmerzmittel verschreiben, die einen hohen Verkaufswert auf dem Schwarzmarkt hätten.

Der Fall sorgte aber auch für eine Debatte über die Berichterstattung amerikanischer Medien. Denn zu Beginn der Verhandlung im März blieben die reservierten Sitze der Journalisten meist leer. Große US-Zeitungen berichteten nicht, und das, obwohl es sich um einen selbst für US-Verhältnisse mehr als ungewöhnlichen Fall handelte. Erst ein Sturm der Entrüstung über die sozialen Netzwerke sorgte dafür, dass der Prozess die Berichterstattung bekam, die er verdiente. Margaret Sullivan von der »New York Times« verteidigte sich wenig überzeugend damit, viele Zeitungen hätten den Fall einfach nicht auf dem »Radar« gehabt. Die Berichterstattung vieler Nachrichtendienste sei oft zufällig. Einige Tage später sind aber auch selbstkritische Töne zu hören: Melinda Henneberger von der »Washington Post« schrieb, man habe nicht über die Abtreibungsgeschichte berichtet, weil sie eine ernsthafte Gefahr für das Recht auf Abtreibung darstelle. Jetzt müsse man sich die unbequeme Frage stellen, warum man einen 30 Wochen alten Fötus nur als Person bezeichnet, wenn sich die Mutter dafür entschieden hat, ihn zu behalten.

Befürworter von Spätabtreibungen gelten als »linke Extremisten«.

Der Umgang mit Abtreibung spaltet die Vereinigten Staaten wie kein anderes gesellschaftspolitisches Thema. Vierzig Jahre nach dem Urteil »Roe vs. Wade« des Supreme Court, das Abtreibung auf Bundesebene bis zur 24. Schwangerschaftswoche für legal erklärte, verändert sich zwar langsam die Stimmung zugunsten der Lebensschützer. Schnelle Erfolge wird es aber dennoch nicht geben. Eine aktuelle Gallup-Umfrage zeigt, dass die Berichterstattung über den Fall die öffentliche Meinung bisher nur wenig beeinflusst hat. Nach wie vor sprechen sich 26 Prozent der Amerikaner für eine vollständige Legalisierung von Abtreibung aus. 20 Prozent wollen ein striktes Verbot. Die Umfragewerte veränderten sich in den letzten Monaten laut Umfrage kaum.

Auch Politikern, die sich für den Schutz ungeborenen Lebens einsetzen, bläst Wind ins Gesicht: Eine während des Prozesses vom republikanischen Senator Mike Lee eingebrachte Resolution, die eine staatliche Untersuchung von verdächtig gewordenen Abtreibungseinrichtungen forderte, wurde von Demokraten blockiert. Dabei war die Resolution nicht einmal rechtsbindend. Es sei schwer zu begreifen, wie man diese Resolution ablehnen konnte, die den Kongress aufforderte, gegen diese »schrecklichen und illegalen Abtreibungspraktiken, die von Kermit Gosnell und anderen begangen wurden«, zu ermitteln, ließ Utahs Senator Mike Lee in einer Erklärung mitteilen. Es gebe zahlreiche Hinweise dafür, dass eine breitere staatliche Überwachung dieser Abtreibungskliniken notwendig sei.

Konservative Kommentatoren hoffen nun darauf, dass die Debatte um Spätabtreibungen zu nachhaltigen Veränderungen im Abtreibungsrecht führen könnte. Die Journalistin Jennifer Rubin schrieb in der »Washington Post«, dass die Befürworter von Spätabtreibungen mehr und mehr als »linke Extremisten« von der Öffentlichkeit wahrgenommen würden. Dass nun selbst die als besonders liberal geltende Ruth Bader Ginsburg, Richterin am Obersten Gerichtshof in Washington, Kritik am Abtreibungsurteil »Roe vs. Wade« äußere - die damaligen Richter seien mit dem Urteil zu weit gegangen und hätten damit Abtreibungsgegnern ein Angriffsziel geliefert -, könnte ein erster Hinweis darauf sein, dass ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinde. Derzeit wird diskutiert, ob man auf Bundesebene Abtreibungen nicht erst ab der 24. Woche, sondern schon früher, ab der 20. Woche, verbieten soll. Ein entsprechender Vorstoß wurde von einem republikanischen Kongressabgeordneten aus Arizona bereits in den Kongress eingebracht.



INFO

Abtreibungen in den USA In den Vereinigten Staaten von Amerika sind Abtreibungen seit dem im Jahr 1973 vom Obersten Gerichtshof getroffenen Urteil »Roe vs. Wade« bis zur 24. Woche legal. Die einzelnen Bundesstaaten besitzen aber das Recht, eigene Abtreibungsgesetze festzulegen. Viele haben deshalb zusätzliche Regelungen erlassen, beispielsweise obligatorische Beratungsgespräche, Bedenkzeit vor einer Abtreibung oder bestimmte Standards für Abtreibungseinrichtungen.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Ein Zeitdokument: Der Abtreiber Kermit Gosnell (l.) und sein Anwalt im Gerichtssaal.
- Kermit Gosnell bei Prozessbeginn...
- ... und bei seinem Haftantritt.
- Gosnells Horror-Klinik: Tagsüber »Pillenschleuder«, nachts »Abtreibungsmaschinerie«.

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Quelle:
LEBENSFORUM Ausgabe Nr. 106, 2. Quartal 2013, S. 22 - 25
Zeitschrift der Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2013