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LEITLINIE/152: Zu Teil II der S3-Leitlinie Sekundärprävention des Schlaganfalls (idw)


Deutsche Gesellschaft für Neurologie - 25.09.2015

Teil II der S3-Leitlinie Sekundärprävention des Schlaganfalls

Lebensstil-Faktoren und kardiologische Interventionen


25. September 2015 - Anfang 2016 wird der zweite Teil der S3-Leitlinie "Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke" erscheinen. Das erste, bereits ein Jahr zuvor veröffentlichte Kapitel widmete sich der medikamentösen Therapie zur Vermeidung eines erneuten Schlaganfalls. Hierzu gehören die Thrombozytenfunktionshemmer, die neuen Antikoagulanzien und die Statine. Der zweite Teil beschäftigt sich nun mit Lebensstil-Faktoren und kardiologischen Interventionen zum Schutz vor einem Schlaganfall-Rezidiv.

Professor Joachim Röther, Hamburg, Mitglied der Steuergruppe, gab heute auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Düsseldorf eine Vorschau auf die zu erwartenden Empfehlungen.

Risikoreduktion eines erneuten Schlaganfalls durch Lebensstil-Änderungen

Viele Schlaganfallpatienten weisen ein erhöhtes Rezidiv-Risiko auf. Ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger körperlicher Aktivität, gesunder Ernährung (Stichwort: mediterrane Kost), Nikotinverzicht und optimaler Behandlung der klassischen Gefäßrisikofaktoren erhöhter Bluthochdruck, Diabetes mellitus und erhöhte Blutfette reduziert das Risiko eines ischämischen Schlaganfalls oder einer TIA deutlich. Die Modifikation der auch als "Life's Simple 7" bekannt gewordenen Faktoren (Blutzucker, Blutfette, Blutdruck, Body Mass Index, körperliche Bewegung, Diät und Nikotin) kann das Risiko in der Primär- und Sekundärprävention um bis zu ca. 50-70 Prozent senken [1,2].

Interventioneller Verschluss des linken Vorhofohrs (LAA)

Beim Vorhofflimmern kommt es durch Unregelmäßigkeiten der elektrischen Erregung zu einer Fehlfunktion der Vorhöfe, sodass das Risiko für Blutgerinnselbildung im Herzen drastisch zunimmt. Diese Blutgerinnsel können aus dem Herzen in die arterielle Blutbahn ausgeschwemmt werden und einen Schlaganfall verursachen. Die mit Abstand häufigste Quelle für kardiale Embolien bei Vorhofflimmern ist das linke Vorhofohr, eine für die Herzfunktion weitgehend unbedeutende Aussackung.

In den letzten Jahren wurden unterschiedliche Katheter-gestützte Systeme entwickelt, die einen Verschluss des linken Vorhofohrs ermöglichen [3]. Bisherige Studien zeigen, dass der Verschluss des linken Vorhofohrs mit einer Art Korken das Risiko eines Schlaganfalls im Vergleich zu Warfarin um 35 Prozent reduziert. Allerdings lag die Komplikationsrate bei ca. sieben Prozent, sank aber mit der Lernkurve des Interventionalisten. Ein Vorhofohr-Verschluss kommt vor allem in Frage, wenn Patienten mit Vorhofflimmern eine Behandlung mit Blutverdünnern (Vitamin-K-Antagonisten oder Nicht-Vitamin-K-Antagonisten (NOAC)) ablehnen oder aber eine Blutverdünnung nicht möglich ist, da sie mit einem erhöhten Blutungskomplikationsrisiko einhergeht wie z. B. nach Hirnblutungen.

Kryptogener Schlaganfall und offenes Foramen ovale

Zwischen zehn und 25 Prozent der Normalbevölkerung weisen ein offenes Foramen ovale (PFO) auf. Bei jüngeren Schlaganfallpatienten kommt ein PFO bei bis zu 45 Prozent vor. Trotz dieser Assoziation ist der Zusammenhang zwischen PFO und Schlaganfall bei jungen Patienten umstritten; nicht zuletzt auch, weil in drei randomisierten Studien keine Überlegenheit des PFO-Verschlusses mittels einer Schirmchenimplantation gegenüber der allein medikamentösen Therapie gezeigt werden konnte. Ein Risikoscore (ROPE Score4) könnte dabei helfen, junge Patienten zu identifizieren, bei denen das PFO tatsächlich eine ursächliche Rolle bei der Entstehung des Schlaganfalls spielt und die eventuell von einem Verschluss profitieren könnten.

Sekundärprophylaxe betrifft viele zehntausend Patienten

Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen in Deutschland zum ersten oder wiederholten Mal einen Schlaganfall. Nach dem ersten Schlaganfall steigt das Risiko für ein Rezidiv deutlich an: Zehn Prozent dieser Patienten erleiden noch im gleichen Jahr einen weiteren Schlaganfall. Neben der Akuttherapie ist die Sekundärprophylaxe daher ein weiterer wichtiger Behandlungsbereich. Ein ischämischer Schlaganfall entsteht, wenn eine Gehirnarterie durch ein Blutgerinnsel verstopft wird - die häufigste Ursache für einen Schlaganfall. Die Transiente Ischämische Attacke (TIA) ist eine milde Form. Sie dauert nur Sekunden oder Minuten, und die Symptome bilden sich wieder vollständig zurück. Die TIA gilt aber als Vorstufe und Warnzeichen für einen drohenden ischämischen Schlaganfall. Diese Patienten müssen daher untersucht und möglicherweise muss eine Schlaganfallprophylaxe eingeleitet werden. Die vorliegende S3-Leitlinie wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) erstellt.


Literatur

1. Gerischer LM, Floel A, Endres M. [stroke - lifestyle and environment]. Nervenarzt. 2015; 86: 947-953

2. Kulshreshtha et al. Life's simple 7 and risk of incident stroke: The reasons for geographic and racial differences in stroke study. Stroke. 2013; 44: 1909-1914

3. Bode et al. Left atrial appendage occlusion for prevention of stroke in nonvalvular atrial fibrillation. Journal of interventional cardiac electrophysiology. 2015; 43: 79-89

4. Thaler et al. Recurrent stroke predictors differ in medically treated patients with pathogenic vs. Other pfos. Neurology. 2014; 83: 221-226

Fachlicher Kontakt bei Rückfragen
Prof. Dr. med. Joachim Röther
Chefarzt der Neurologischen Abteilung
Asklepios Klinik Altona
Paul-Ehrlich Straße 1, 22763 Hamburg
E-Mail: roether@asklepios.com

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Frank A. Miltner, 25.09.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. September 2015

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