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MELDUNG/261: Barrieren überwinden - Viele Migranten brauchen maßgeschneiderte Patientenberatung (UPD)


Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) - 17.10.2011

Barrieren überwinden: Viele Migranten brauchen maßgeschneiderte Patientenberatung


Seit rund drei Monaten berät die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) bundesweit auch auf Türkisch und Russisch. Heute zog die UPD eine erste Zwischenbilanz - zusammen mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, und dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV), der die Beratung finanziert.


Berlin, 17. Oktober 2011. Das deutsche Gesundheitssystem ist oft unübersichtlich, insbesondere für Migranten. Die Bilanz der UPD zeigt: Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede und Wissenslücken stellen für sie zusätzliche Herausforderungen dar. Um diese zu überbrücken, bietet die UPD seit dem 1. August 2011 in Türkisch und Russisch ein bundesweites Beratungstelefon und persönliche Beratung in vier deutschen Städten an.

Wolfgang Zöller, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Patientinnen und Patienten, unterstrich die Bedeutung dieses Angebots: "Viele Menschen mit Migrationshintergrund finden im Vergleich zur übrigen Bevölkerung einen schlechteren Zugang zum Gesundheitssystem. Ziel der neuen Leistung ist es, sie aktiv bei der Orientierung im Gesundheitswesen zu unterstützen."

Die Ratsuchenden berät bei der UPD ein sechsköpfiges Team von Muttersprachlern. Unterstützt werden sie bei allen gesundheitsrelevanten Themen - von ihren Rechten als Patienten bis hin zur Suche nach Ärzten vor Ort. Häufig geht es bei den Fragen um Verständnisprobleme. "Ein Informationsbrief zur elektronischen Gesundheitskarte zum Beispiel wurde von einigen Ratsuchenden als Kündigung von mitversicherten Familienangehörigen verstanden", berichtet Havva Arik aus der Beratungspraxis. Sie ist die Leiterin der Kompetenzstelle für Interkulturelle Öffnung bei der UPD und berät in der Berliner Beratungsstelle auf Türkisch.

Dass diese Erfahrungen keine Einzelfälle sind, bestätigt Prof. Dr. Theda Borde, Rektorin der Alice Salomon Hochschule Berlin. Sie forscht zum Thema Migration und Gesundheit. Borde: "Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass etwa 30 Prozent der Patienten mit Migrationshintergrund Schwierigkeiten beim Verständnis der gesundheitsbezogenen Information in deutscher Sprache haben." Wie viele dies real sind, zeigt eine Zahl des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2010. Danach leben in Deutschland 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund.

Eine weitere Folge der verschiedenen Barrieren für Migranten ist: Sie nutzen medizinische Leistungen im Vergleich zur übrigen Bevölkerung weniger. Auch in der Beratung bei der UPD waren sie bislang unterrepräsentiert. Die Erfahrungen damit reichen zurück seit die Patientenberatung am 1. Januar 2000 von der Bundesregierung als Modellprojekt ins Leben gerufen wurde. In dieser Zeit hatte die UPD bereits Projekte für die spezielle Beratung von türkischsprachigen Migranten durchgeführt. Seit Anfang 2011 ist die UPD nun Teil der gesundheitlichen Regelversorgung und kann auf diesen Erfahrungen aufbauen.

"Wir wollen mit unserem neuen Angebot mehr Menschen erreichen, die die Unterstützung am dringendsten benötigen", sagt Dr. Sebastian Schmidt-Kaehler, Geschäftsführer der UPD. "Stellen Sie sich vor, Sie kommen in ein neues Land, in dem vieles ganz anders ist als Sie es gewohnt sind. Die Sprache, die Kultur, das Gesundheitssystem. Unsere Beratung in Türkisch und Russisch soll hier eine Brücke schlagen. Und das nicht nur, wenn es um sprachliche Verständnisprobleme geht."

Die neue Leistung der UPD wird zunächst auf drei Jahre befristet vom Verband der Privaten Krankenversicherung finanziert, der per Gesetz keinen Einfluss auf den Inhalt oder den Umfang der Beratungstätigkeit nehmen darf. Dr. Volker Leienbach, PKV-Verbandsdirektor: "Das muttersprachliche Beratungsangebot ist ein wichtiger Schritt hin zu einer patientenorientierten Gesundheitsversorgung. Es ist in seinem Umfang ein in Deutschland bisher einmaliges Projekt."



Weitere Informationen unter:
www.upd-online.de/presse.html

- Pressemitteilung in Türkisch und in Russisch
- UPD im Überblick
- Statement Wolfgang Zöller (MdB)
- Statement Dr. Volker Leienbach
- Statement Prof. Dr. Theda Borde



Mehr zur UPD

Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland - UPD gGmbH handelt in gesetzlichem Auftrag mit dem Ziel, die Patientenorientierung im Gesundheitswesen zu stärken. Einmal jährlich berichtet die UPD an den Patientenbeauftragten der Bundesregierung über Problemlagen im Gesundheitswesen. Die Arbeit wird gemäß õ 65b SGB V aus Fördermitteln des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung finanziert. Die Beratung in russischer und türkischer Sprache fördert der Verband der Privaten Krankenversicherung. Die Gesellschafter der UPD sind der Sozialverband VdK Deutschland, der Verbraucherzentrale Bundesverband sowie der Verbund unabhängige Patientenberatung.

Die UPD berät Ratsuchende in 21 regionalen Beratungsstellen (in Berlin und Stuttgart neben Deutsch auf Türkisch, in Dortmund und Nürnberg auch auf Russisch), über ihre Internet-Beratung (www.upd-online.de) und ein kostenfreies* Beratungstelefon in drei Sprachen:

Deutsch: 0800 0 11 77 22 (Mo bis Fr 10-18 Uhr, Do bis 20 Uhr)
Türkisch: 0800 0 11 77 23 (Mo und Mi 10-12 Uhr, 15-17 Uhr)
Russisch: 0800 0 11 77 24 (Mo und Mi 10-12 Uhr, 15-17 Uhr)

* Mobilfunktarife für die Beratung auf Deutsch abweichend


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Quelle:
Unabhängige Patientenberatung Deutschland - UPD gGmbH
Pressemitteilung vom 17.10.2011
Bundesgeschäftsstelle / Referat für Information und Kommunikation
Littenstraße 10, 10179 Berlin
Tel. 030 / 200 89 23-43, Fax 030 / 200 89 23-50
E-Mail: presse@upd-online.de
Internet: www.upd-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2011