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MELDUNG/563: Patientensicherheit - Transparenz als Voraussetzung für eine neue Fehlerkultur (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 5/2014

Patientensicherheit
Transparenz als Voraussetzung für eine neue Fehlerkultur

Von Dirk Schnack



Tagung in Hamburg: Umfassende Fehlererfassung erforderlich, aber auch mehr Personal in den Kliniken. Patientenentschädigungsfonds soll auf Agenda bleiben.


Patientensicherheit ist auf Gesundheitskongressen derzeit eines der beliebtesten Themen. In wenigen Tagen beschäftigt sich der 15. Europäische Orthopädie-Kongress EFORT, zu dem im Juni in London über 8.000 Teilnehmer erwartet werden, mit Patientensicherheit. Im vergangenen Monat hatte das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) in Hamburg bundesweit auf das Thema aufmerksam gemacht. Ziel müsse es sein, die Fehlerquote zu verringern und zugleich aus den gemachten Fehlern besser zu lernen als bislang, forderten Experten in einer Pressekonferenz während der gut besuchten Tagung. Sie wünschten sich eine bessere Zusammenarbeit aller Beteiligten, eine neue Fehlerkultur und eine Aufstockung des Personals.

Intransparenz ist für Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks einer der "größten Feinde", ein offener Umgang mit Fehlern dagegen ein Kern der Patientensicherheit. Nach Ansicht der Senatorin begünstigen die Strukturen in den Einrichtungen des deutschen Gesundheitswesens Fehler bzw. fördern die Intransparenz. Es gelte, aus Fehlern zu lernen, damit die Qualität zu steigern und qualitativ gute Behandlungen adäquat zu finanzieren, so Prüfer-Storcks.

Um die Transparenz zu verbessern, war ihr Bundesland das erste, das dem APS beigetreten war. Inzwischen zählt das Bündnis 469 Mitglieder, erkennt aber noch keine neue Fehlerkultur im deutschen Gesundheitswesen. "Die Frage darf nicht lauten: Wer hat Schuld?, sondern: Was hat dazu geführt?", verdeutlichte APS-Geschäftsführer Hardy Müller die vom Bündnis verfolgte und von Prüfer-Storcks unterstützte Philosophie.

Für Vermeidungskonzepte ist nach Ansicht des APS zunächst eine umfassende Fehlererfassung statt der bestehenden Insellösungen erforderlich. Als Vorbild nannte Prof. Hartmut Siebert vom APS die Ursachenanalyse des Luftfahrtbundesamtes. Aus solchen Analysen könne ein interdisziplinäres Simulationstraining abgeleitet werden, wie es etwa für die Geburtshilfe bereits besteht. Die Nachfrage aus Kliniken nach diesem System ist nach Angaben Sieberts hoch. Neben einer besseren Fehlererfassung und einer engeren Kooperation wurde auch der Ruf nach mehr Personal in den Kliniken laut. "Die finanzielle Ausstattung muss dringend unter die Lupe", forderte die APS-Vorsitzende Hedwig Francois-Kettner.

Dafür muss nach ihrer Ansicht nicht zwangsläufig mehr Geld ins System fließen. Die frühere Pflegedirektorin der Charité hält eine andere Ressourcenaufteilung in der Medizin für ausreichend.

Prüfer-Storcks verwies in der Pressekonferenz auf die im Koalitionsvertrag verankerte Qualitätsoffensive: "Qualität soll in Zukunft im stationären Bereich das zentrale Steuerungsinstrument werden." In Hamburg setzt sie dieses Vorhaben im neuen Krankenhausgesetz um. "Wir werden den Kliniken in Hamburg das Qualitätsmanagement verbindlich vorschreiben", kündigte Prüfer-Storcks an. Sie erneuerte auch ihren Vorschlag eines Patientenentschädigungsund härtefallfonds. Für diesen hatte sie im vergangenen Jahr ein Gutachten erstellen lassen. Ihr Versuch, den Fonds in den Koalitionsgesprächen festschreiben zu lassen, scheiterte aber. Die SPD-Politikerin, in diesem Jahr Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, will ihren Vorschlag wieder auf die Agenda setzen, "wenn die Zeit dafür reif ist". Das APS wurde 2005 als eingetragener Verein gegründet. Seine Ziele sind die Erforschung, Entwicklung und Verbreitung von Methoden zur Verbesserung der Patientensicherheit sowie der Aufbau des Risikomanagements in der Gesundheitsversorgung. Von den 469 Mitgliedern sind die Hälfte Einzelpersonen.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 5/2014 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2014/201405/h14054a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Mai 2014
67. Jahrgang, Seite 50
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2014