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POLITIK/1989: Digitale-Versorgung-Gesetz - Verstoß gegen das Völkerrecht (IPPNW)


IPPNW - Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges
Pressemitteilung vom 5. November 2019

Digitale-Versorgung-Gesetz: Verstoß gegen das Völkerrecht

Bundesgesundheitsminister missachtet ethische und juristische Vorgaben


05.11.2019 "Das am Donnerstag, dem 7. November 2019 im Bundestag in abschließender Lesung zur Verabschiedung anstehende Digitale-Versorgung-Gesetz des Bundesgesundheitsministers verstößt sowohl gegen den völkerrechtlich verbindlichen "Nürnberger Kodex" als auch gegen das 1983 vom Bundesverfassungsgericht formulierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung", betont Prof. Dr. Hannes Wandt, langjähriger Arzt und Forscher in der Klinik für Onkologie des Klinikums Nürnberg und Mitveranstalter der jüngst abgehaltenen IPPNW-Tagung Medizin und Gewissen. "Es muss daher in der vorliegenden Fassung zurückgezogen werden," ergänzt Wandt.

Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgelegte "Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation" (Digitale-Versorgung-Gesetz) soll die gesetzlichen Krankenkassen verpflichten, Sozial- und Krankheitsdaten aller ihrer Versicherten an den GKV-Spitzenverband weiterzuleiten, die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland, um diese für Forschungszwecke verfügbar zu machen. Dies soll erfolgen, ohne die Betroffenen zu informieren, ohne ihnen eine Möglichkeit zum Widerspruch zu geben, geschweige denn ihre Zustimmung einzuholen oder die Daten von Anfang an zu anonymisieren.

In Nachfolge des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses wurde im Ärzteprozess 1947 der "Nürnberger Kodex" als völkerrechtlich verbindliche Richtschnur für die Beteiligung von Menschen an medizinischer Forschung verkündet. In nachfolgenden Erklärungen und Gesetzen wurde dessen Rechtsfigur bestätigt, so u. a. im Urteil des Bundesverfassungesgerichts von 1983 zur informellen Selbstbestimmung und in Deklarationen des Weltärztebundes. Dieser Code setzt den "Informed Consent" als unabdingbare Voraussetzung für die Forschung an Menschen voraus. Das heißt, er fordert deren freiwillige Zustimmung nach bestmöglicher Aufklärung ein.

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Die IPPNW ist eine berufsbezogene, friedenspolitische Organisation, die 1981 von einer Gruppe von Ärzten aus den USA und Russland gegründet wurde. Ihre Überzeugung:
Als Arzt hat man eine besondere Verpflichtung zu sozialer Verantwortung. Daraus entstand eine weltweite Bewegung, die 1984 den UNESCO-Friedenspreis und 1985 den Friedensnobelpreis erhielt. Heute setzen sich Mediziner und Medizinerinnen der IPPNW in über 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten für eine friedliche, atomtechnologiefreie und menschenwürdige Welt ein.

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Quelle:
IPPNW - Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges
Pressemitteilung vom 5. November 2019
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Angelika Wilmen, Pressesprecherin
Telefon: 030-69 80 74-0, Fax: 030-69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2019

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