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RECHT/634: Medizinstudierende müssen vor mündlicher Prüfung praktische Aufgaben erhalten (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 11. März 2019

Ressort: Medizinrecht / Urteile / Gesundheit

Medizinstudierende müssen vor der mündlichen Prüfung praktische Aufgaben erhalten


Münster/Berlin (DAV). Zur medizinischen Ausbildung gehört auch die Praxis. Deshalb können Medizinstudenten in der Regel verlangen, dass ihnen vor dem mündlich-praktischen Teil des ersten Abschnitts der ärztlichen Prüfung praktische Aufgaben gestellt werden. Gegebenenfalls muss eine Prüfung wiederholt werden. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Januar 2019 (AZ: 14 A 2042/18).


Der Mann studiert in Bonn Medizin. Den mündlich-praktischen Teil des ersten Abschnitts der ärztlichen Prüfung hatte er im ersten Wiederholungsversuch nicht bestanden. Gegen das Ergebnis wandte er sich mit einer Klage. Er habe entgegen der Approbationsordnung für Ärzte vor dem Prüfungstermin keine praktischen Aufgaben bekommen. Nach der Approbationsordnung soll im mündlich-praktischen Teil des ersten Abschnitts der ärztlichen Prüfung die Prüfungskommission dem Prüfling praktische Aufgaben stellen. Deren Ergebnisse soll er bei der Prüfung mündlich oder mithilfe eines schriftlichen Berichts darlegen und begründen. Das war im Falle des Klägers nicht geschehen.

Nach Auffassung des zuständigen Landesprüfungsamts ist die praktische Prüfungsaufgabe nicht zwingend vorgeschrieben. Außerdem werde von der Möglichkeit regelmäßig - auch in anderen Bundesländern - kein Gebrauch gemacht. Eine solche Pflicht würde die vielen Prüfungskommissionen an den Medizinischen Fakultäten vor erhebliche zusätzliche organisatorische und personelle Herausforderungen stellen.

Nachdem das Verwaltungsgericht in Aachen die Klage noch abgewiesen hatte, hatte der Mann beim Oberverwaltungsgericht Erfolg. Die Vorgabe der Approbationsordnung für Ärzte im Hinblick auf die praktische Aufgabe sei eine so genannte Soll-Vorschrift. Solche Vorschriften seien für Behörden im Regelfall rechtlich zwingend. Sie seien verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren. Im Regelfall bedeute das "Soll" ein "Muss". Es sei denn, es lägen im Einzelfall triftige Gründe vor, davon abzuweichen. Es gebe weder im Zusammenhang mit der Regelung zu praktischen Aufgaben in der mündlichen Prüfung noch vom Zweck der Vorschrift her einen Grund, dies anders zu verstehen.

Triftige Gründe für ein Abweichen von der Soll-Vorschrift lägen hier nicht vor. Erhöhte zusätzliche organisatorische und personelle Belastungen durch die geforderte Aufgabenstellung rechtfertigten keine Abweichung von der Regel. Auch bestehe die konkrete Möglichkeit, dass der Kläger unter Beachtung der Vorschrift ein anderes Prüfungsergebnis erzielt hätte.

Informationen: www.dav-medizinrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung MedR 4/19 vom 11. März 2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2019

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