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AUSLAND/1554: Millionen Babys werden in China versteckt (DSW)


DSW [news] - Juni 2010
Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

Millionen Babys werden in China versteckt

Der offiziell prognostizierte Männerüberschuss wird wohl weniger stark ausfallen, denn vor allem Mädchen werden in China nach der Geburt zunächst nicht registriert


Ungefähr drei Millionen Babys werden als Folge der Ein-Kind-Politik in China jedes Jahr von ihren Eltern versteckt. Dies hat der chinesische Demograph Liang Zhongtang errechnet. Entgegen offiziellen Zahlen gibt es demnach zahlreiche Familien, die mehr als ein Kind haben und sich somit der restriktiven chinesischen Familienpolitik widersetzen.

Ein Widerspruch in der amtlichen Statistik brachte Liang Zhongtang zu seinen Ergebnissen: So wurden 1990 rund 23 Millionen Geburten registriert. Allerdings gab es im Jahr 2000 insgesamt 26 Millionen zehnjährige Kinder. Die Differenz führt der Experte darauf zurück, dass viele Familien ein oder mehrere Kinder nicht registrieren lassen, um den Strafen wegen Verstoßes gegen die Ein-Kind-Politik zu entgehen. Melden sie sich jedoch erst, wenn die Kinder sechs oder sieben Jahre alt sind, so kümmert dies die lokale Verwaltung nicht mehr.


Familien wünschen sich Jungen

Aus kulturellen und ökonomischen Gründen wünschen sich viele chinesische Familien einen Jungen als Stammhalter. Da die Töchter traditionell nach der Heirat der Familie ihres Ehemannes zugehören, kann die Familie nur durch einen Sohn eine ausreichende Altersvorsorge sicherstellen. Verbunden mit der Ein-Kind-Politik führt dies laut offiziellen Zahlen zu einem deutlichen Männerüberschuss. Im Jahr 2020 wird erwartet, dass in China 30 Millionen Männer mehr leben als Frauen. Der Grund hierfür liege darin, dass viele Eltern mit Hilfe des Ultraschalls die Entscheidung für oder gegen das einzige Kind vom Geschlecht abhängig machten und dadurch weniger Mädchen zur Welt kämen. Liang Zhongtang bezweifelt diese offizielle Version. Zwar würden mehr männliche Babys angemeldet. Dies sei allerdings auch damit zu erklären, dass vor allem weibliche Babys versteckt werden.

Seit 1979 verfolgt die chinesische Regierung eine Politik, die Familien dazu zwingt, nicht mehr als ein Kind zu bekommen. Zwangsabtreibungen und Sterilisationen gehörten zu den Instrumenten der so genannten Ein-Kind-Politik. Inzwischen wird diese weniger rigide gehandhabt. So gibt es seit einigen Jahren auch Ausnahmen von der Ein-Kind-Regel, beispielsweise für Familien in ländlichen Gebieten oder für Eltern, die selbst Einzelkinder sind. Alle die nicht unter diese Ausnahmeregeln fallen, müssen jedoch ab dem zweiten Kind mit harten Sanktionen rechnen, von hohen Bußgeldern bis hin zu Gefängnisstrafen.



Quelle: The Daily Telegraph, 31. Mai 2010


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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juli 2010