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AUSLAND/1576: Indien - Perinatalzentren retten kleine Leben (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. August 2010

Indien: Geringe Chance, die genutzt werden muss - Perinatalzentren retten kleine Leben

Von Manipadma Jena


Bhubaneswar, Indien, 25. August (IPS) - Jahr für Jahr sterben in Indien über eine Million Kinder, bevor sie vier Wochen alt sind. Zwei Drittel aller Kindstode fallen in den ersten Lebensmonat. Mit Perinatalzentren nach westlichem Vorbild soll die Kindersterblichkeit drastisch verringert werden.

Banita ließ alle Hoffnung fahren, als sie ihre zu früh zur Welt gekommenen Zwillinge zum ersten Mal sah. Die beiden Mädchen wogen nur 500 beziehungsweise 700 Gramm - deutlich unter dem Normalgewicht von 2,5 Kilogramm. Die Ärzte aber machten ihr Mut und verlegten beide Frühchen in das Perinatalzentrum in der Hauptstadt ihres Heimatstaates Orissa, Bhubaneswar.

Kinderschwester Saudamini Tripathy erinnert sich noch gut an die kleinere der beiden Würmchen. "Ihre Organe waren so klein, das keins eigenständig funktionieren konnte. Die Lungen konnten nicht richtig Sauerstoff liefern und sie hatte nicht die Kraft, an der Brust zu saugen."


Eine überlebt

Nach ihrer Erfahrung aus 14 Berufsjahren gab sie gerade der kleinsten keine Chance, aber es war ausgerechnet sie, die lange genug am Leben blieb, um es auf die Neugeborenenstation zu schaffen. Ihre Schwester hatte nicht so viel Glück.

Die 25-jährige Banita Behera ist nicht die einzige Mutter in den ländlichen Gebieten Indiens, die ein Frühchen wegen mangelnder medizinischer Versorgung verliert. Die mit Abstand schlechtesten Chancen haben Frühgeborene in den Bundesstaaten Madhya Pradesh, Uttar Pradesh, Rajasthan, Andhra Pradesh und Orissa. Hier leben viele Menschen, viele benachteiligte indigene Volksgruppen, Wirtschaft und Infrastruktur sind schwach.

"Untergewicht bei der Geburt kombiniert mit akuten Atemproblemen durch Infektionen oder Wasser in der Lunge sind die Hauptursachen für über 70 Prozent der Säuglingssterblichkeit in Orissa", so der Kindermediziner Chhayakanta Gouda vom Bezirkskrankenhaus in Koraput. Hinzu kommen Kreislaufschwächen und Atemdepressionen, Sepsis und Gelbsucht.

In den fünf besonders kritischen Bundesstaaten gibt es insgesamt 200 Perinatalzentren. Sie sind mit Beatmungsgeräten, Apnoe-Monitoren und Brutkästen ausgestattet, die Hygienestandards sind relativ hoch, eine Krankenschwester muss sich nur um drei kleine Patienten kümmern.


Noch viel zu tun

Neben den Babys kümmert man sich hier auch um die Mütter, zeigt ihnen zum Beispiel das richtige Stillen der untergewichtigen Kinder. Wer die übliche Gebühr von 2.000 Rupien (40 Dollar) nicht aufbringen kann, zahlt nur zehn Rupien (25 Cents). Trotzdem sind die Fortschritte noch zu gering. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Sterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren, wie in den UN-Millenniumszielen vorgesehen, von 1990 bis 2015 um zwei Drittel zu senken. Daher sollen jetzt weitere Zentren eingerichtet werden.

Die Sterblichkeit von Kindern unter einem Jahr liegt in Indien bei 53 pro 1.000 Lebendgeburten, bis 2012 soll sie auf 28 gesenkt werden. Die Vereinten Nationen sehen Indien an 134. Stelle von 182 erfassten Staaten. Im Bundesstaat Orissa ist die Lage noch einmal deutlich schlechter als im Rest des Landes. Die Staatsregierung will daher 88 neue Zentren einrichten, hat allerdings nach Einschätzung von Experten nicht die erforderlichen Mittel. Ein Zentrum für acht bis 16 Patienten kostet umgerechnet zwischen 10.000 und 20.000 Dollar.


Hilfe für jedes Frühchen

Einmal in Betrieb, sind sie erfolgreich. Im Krankenhaus von Bhubaneswar konnten zwischen März und September 2009 90 Prozent der eingelieferten Frühchen gerettet werden, in anderen Zentren liegen die Zahlen nach offiziellen Angaben etwas niedriger

"Jedes Kind, das nicht schreit oder sofort nach der Geburt an der Mutterbrust saugt und das weniger als 2.500 Gramm wiegt, braucht spezielle medizinische Versorgung. Nur so kann ein Kind überleben", sagt der Leiter der pädiatrischen Abteilung des Krankenhauses der Staatshauptstadt.

Banita ist glücklich und dankbar, dass es die Zentren gibt. Ende Juli hatte ihre überlebende Tochter schon 50 Prozent Gewicht zugelegt und machte lautstark klar, wenn sie die Brust wollte. Jetzt muss ein Name für die Kleine gefunden werden. Alle Schwestern haben eigene Vorschläge - Favorit ist im Moment 'Champion'. (Ende/IPS/sv/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2010