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POLITIK/1711: Rösler zum Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz vor dem Deutschen Bundestag am 9.7.10 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede der Bundesministers für Gesundheit, Dr. Philipp Rösler,
zum Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz vor dem Deutschen Bundestag am 9. Juli 2010 in Berlin


Frau Präsidentin!
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete!

Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung hat drei wesentliche Ziele und enthält eine große politische Botschaft.

Das erste Ziel ist: Wir wollen den Zugang der Patientinnen und Patienten zu den bestmöglichen Medikamenten auch in Zukunft garantieren und sicherstellen.

Das zweite Ziel ist: Wir wollen die damit einhergehenden Kosten besser kontrollieren als bisher.

Das dritte Ziel ist: Wir wollen den Mittelstand stärken. Forschung soll auch hier weiterhin möglich sein. Wir leisten damit unseren Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung auch und gerade in der Gesundheitswirtschaft.

Darüber hinaus wird mit diesem Gesetz die Unabhängige Patientenberatung dauerhaft gesetzlich abgesichert - auch, aber nicht nur im Arzneimittelbereich. Trotzdem gehört gerade die Unabhängige Patientenberatung in diesen Gesetzentwurf mit hinein. Denn dies führt uns zu der entscheidenden Botschaft dieses Gesetzes, das zwar technisch klingt, aber am Ende den Patientinnen und Patienten nützt und die Versicherten entlastet. Deswegen können wir hier festhalten: Dieses Gesetz ist gut für die Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland.

Wir werden all die angepeilten Ziele erreichen. Künftig wird im ersten Jahr die Vollerstattungsfähigkeit erhalten bleiben - aber eben nicht mehr über die gesamte Patentlaufzeit von 20 Jahren. Erstmalig und neu ist in diesem Gesetz geregelt, dass die Industrie neben dem neuen Medikament immer auch Studien mit vorlegen muss, die den Nutzen oder gegebenenfalls Zusatznutzen wissenschaftlich belegen. Diese Studien werden dann von unabhängiger Stelle, nämlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss, überprüft werden. Wenn die Industrie will, dass ihre Medikamente auch weiterhin bezahlt werden, dann ist sie es den Menschen auch schuldig, solche Studien mit vorzulegen.

Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter: Wir verlangen auch die Vorlage von Studien, die abgebrochen wurden, also nicht nur von positiven, sondern auch von negativen Studien. Das ist im Interesse der Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Diese Studien werden dann die Grundlage für Vertragsverhandlungen zwischen der Industrie und der gesetzlichen Krankenversicherung sein. Erstmalig in der Geschichte ist es damit gelungen, das Preismonopol der Industrie zu brechen. Wir werden damit zu Einsparungen im gesamten Arzneimittelbereich von annähernd zwei Milliarden Euro kommen. Das zeigt, dass wir durch dieses Gesetz die Versicherten finanziell werden entlasten können.

Das zeigt auch, dass die gesamte Diskussion, die wir in der letzten Woche geführt haben, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zusammenhängt. Im Übrigen haben wir von Ihnen bisher im Bereich der gesamten gesetzlichen Krankenversicherung herzlich wenige Sparvorschläge gehört. Der Gesetzentwurf zeigt die unterschiedliche Art und Weise, mit der wir an mögliche Einsparungen in der gesetzlichen Krankenversicherung herangehen.

Wir müssen unseren Versicherten finanzielle Möglichkeiten eröffnen. Das tun wir durch den Herstellerrabatt und das Preismoratorium. Das wurde teilweise schon mit dem GKV-Änderungsgesetz beschlossen. Wir beschränken uns aber nicht alleine darauf, Kostendämpfungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen, sondern wir kommen zu echten, strukturellen Verbesserungen; denn erstmalig gibt es Vertragsverhandlungen, also ein marktwirtschaftliches Instrument, um zu vernünftigen und fairen Preisen zu kommen. Es zeigt, dass wir es ernst meinen, wenn wir sagen, dass wir den Leistungsanbietern - übrigens in allen Bereichen - nicht immer mehr Geld bieten können. Manchmal müssen wir ihnen sogar Geld nehmen, wie jetzt aktuell im Bereich der Pharmaindustrie. Dafür bekommen sie aber am Ende ein faires System, auf das sie sich dauerhaft werden verlassen können.

Damit erreichen wir das Ziel. Die Menschen werden auch künftig die bestmöglichen Medikamente gegen die großen Volkskrankheiten - Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Demenz und Krebs - bekommen, und gleichzeitig wird es besser als bisher gelingen, die Kosten im Interesse der Versicherten im Griff zu behalten. Ich freue mich auf eine angeregte Debatte und bitte um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.


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Quelle:
Bulletin Nr. 77-2 vom 09.07.2010
Rede der Bundesministers für Gesundheit, Dr. Philipp Rösler,
zum Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz vor dem Deutschen Bundestag
am 9. Juli 2010 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juli 2010