Recht
Demenz unter 65 - Was ist zu beachten?
von Laura Gosemann, Verband der Rechtsjournalisten e.V., Berlin
Wenn Menschen vor dem Rentenalter an Demenz erkranken, hat dies oft gravierende Auswirkungen auf ihre finanzielle Situation. Rund zwei Prozent der Demenzkranken sind jünger als 65 Jahre. Waren sie bis dahin Hauptverdienerin oder Familienernährer kann die Diagnose zu großen finanziellen Problemen führen. Was ist in solchen Situationen zu beachten und welche Rechte haben Betroffene?
Wer eine Demenzdiagnose erhält und noch berufstätig ist, sollte
mit dieser Information zunächst vorsichtig umgehen. Arbeitgeberinnen
und Arbeitgeber versuchen häufig, erkrankte Mitarbeitende in die Rente
zu drängen, selbst wenn die Symptome den Arbeitsalltag noch nicht
übermäßig belasten. Menschen mit Demenz sind nicht verpflichtet, ihren
Arbeitgeber von sich aus über die Diagnose zu informieren. Bei
entsprechenden Nachfragen darf aber nicht gelogen werden.
Kündigungsschutz
Unbeabsichtigte Fehler können bei der Arbeit schnell zu einer
Abmahnung führen, weshalb Berufstätige nach der Diagnose unbedingt
einen Schwerbehindertenausweis beantragen sollten. Denn damit genießen
sie einen besonderen Kündigungsschutz.
Ab einem Behinderungsgrad von 50 gilt eine Person als schwerbehindert. Spätestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung muss ein entsprechender Antrag auf Anerkennung als schwerbehindert gestellt worden sein, damit der Kündigungsschutz greifen kann. Der Arbeitgeber muss innerhalb von drei Wochen nach der Kündigung über die vorliegende Schwerbehinderung informiert werden, damit man sich auf den Sonderkündigungsschutz berufen kann.
Soll eine Person mit Schwerbehinderung gekündigt werden, bedarf es zunächst der Zustimmung des Integrationsamts. Wurde jemand ohne eine solche Zustimmung gekündigt, ist eine Klage vor dem Arbeitsgericht möglich, um die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen. Lag die Zustimmung des Integrationsamts vor, kann Widerspruch gegen diese Entscheidung eingelegt werden. Auch eine Kündigungsschutzklage ist möglich.
Erwerbsminderungsrente
In Rente zu gehen sollte grundsätzlich so lange wie möglich
hinausgezögert werden. Die Rentenanstalt bezahlt eine medizinische
Rehabilitation, zum Beispiel durch neurokognitives Training. Diese
soll die Betroffenen etwas länger im Beruf halten.
Muss dennoch vor dem festgesetzten Renteneintrittsalter die Erwerbstätigkeit beendet werden, wird eine Erwerbsminderungsrente gezahlt. Diese reicht aber meist kaum zum Leben. Wie hoch die Erwerbsminderungsrente ausfällt, hängt von den individuellen Versicherungsjahren in der Rentenversicherung und den gesammelten Entgeltpunkten ab. Sie liegt aber oft deutlich unter einem Drittel des letzten Bruttogehalts. Zudem erhalten viele Betroffene lediglich die halbe Rente, da erwartet wird, dass sie sich einen Teilzeitarbeitsplatz suchen. Nur wer aufgrund der Arbeitsmarktlage keine Teilzeitstelle findet, kann dennoch die volle Erwerbsminderungsrente beantragen.
Flexirente
Wer bisher vorzeitig in Rente gegangen ist, durfte sich maximal 450
EUR im Monat dazuverdienen. Lediglich zweimal im Jahr konnte dieser
Betrag auf 900 EUR erweitert werden. Bei einem höheren Verdienst wurde
schließlich die Rente gekürzt. Nach dem neuen Flexirentengesetz dürfen
Frührentnerinnen und -rentner nun maximal 6.300 EUR pro Jahr
abzugsfrei dazuverdienen. Dieser Betrag kann flexibel auf das Jahr
verteilt werden.
Alles, was über diese 6.300 EUR hinausgeht, wird zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Somit sind auch die Abzüge deutlich geringer als zuvor. Sobald die Regelaltersgrenze erreicht wird, dürfen Rentnerinnen und Rentner einen unbegrenzten Zuverdienst erhalten, ohne dass Rentenkürzungen erfolgen.
Schwerbehindertenrente
Der Anspruch auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen - kurz:
Schwerbehindertenrente - ist nur unter bestimmten, vor allem an das
Alter gekoppelten Voraussetzungen möglich. Zum einen müssen Betroffene
bei Rentenbeginn als schwerbehindert anerkannt und zum anderen
mindestens seit 35 Jahren versichert sein.
Ein abschlagsfreier Anspruch auf die Rente besteht ab den folgenden Altersstufen:
Selbstverständlich können Menschen mit Schwerbehinderung auch deutlich früher in Rente gehen, allerdings müssen die dann Abschläge von bis zu 10,8 Prozent in Kauf nehmen.
Private Berufsunfähigkeitsversicherung
Führt die Demenz-Erkrankung zu einer Berufsunfähigkeit, so existiert
in der Krankenversicherung zunächst ein Anspruch auf Krankengeld.
Dieses wird jedoch nur maximal 78 Wochen lang gezahlt und beträgt 70
Prozent des Bruttoeinkommens. Nach einer Reha kann die Krankenkasse
zudem verlangen, dass der oder die Erkrankte in Rente geht. Eine
private Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt in der Regel eine
vertraglich festgelegte Rente, wenn die bisherige Tätigkeit nicht mehr
ausgeübt werden kann. Das bedeutet, dass auch dann der Bezug von
Leistungen aus der BU-Versicherung möglich ist, wenn Betroffene noch
einen anderen Beruf ausüben könnten.
Die Ursache für die Berufsunfähigkeit spielt hierbei keine Rolle. Bei den meisten Policen tritt der Versicherungsfall ein, wenn die oder der Betroffene zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig ist. Dies muss durch zahlreiche Unterlagen, wie Arztberichte und Tätigkeitsbeschreibungen, nachgewiesen werden. Das zuvor erzielte Einkommen hat keine Bedeutung.
Wer bereits unter einer diagnostizierten Krankheit leidet, hat schlechtere Aussichten auf eine BU-Versicherung. Daher sollte man sich so früh wie möglich - zum Beispiel sobald das erste regelmäßige Einkommen bezogen wird - mit diesem Thema auseinandersetzen.
Internet:
www.familienrecht.net
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Quelle:
Alzheimer Info, Ausgabe 1/18, S. 13 - 14
Nachrichten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz
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Internet: www.deutsche-alzheimer.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2018
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