Alzheimer Info, Ausgabe 1/2022
Nachrichten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz
Wer stört hier wen?
4 Tipps für den Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen
von Anna Jannes, Kompetenzzentrum Demenz in Schleswig-Holstein
Menschen mit Demenz versuchen sich mit ihren verbliebenen Fähigkeiten die Welt zu erklären und auf sie zu reagieren. Dabei können sie unterstützt werden. Vier Tipps, wie Sie einen positiven Einfluss nehmen können.
Machen Sie sich immer wieder bewusst:
Bei Menschen mit Demenz ist das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt und
sie verlieren häufig mehr und mehr die Orientierung. Korrigieren Sie
deswegen die Betroffenen nicht. Auch nicht, wenn auf Behauptungen
beharrt wird. Es ist ihre Realität, in der sie versuchen, sich Dinge
zu erklären. "Ich habe dir jetzt schon so oft erklärt ..." existiert
in ihrer Welt nicht, da sie sich nicht erinnern können. Versuchen Sie,
die Perspektive des Menschen mit Demenz einzunehmen. Nur so können Sie
Reaktionen und Verhaltensweisen verständlich einordnen, die Ihnen
scheinbar "sinnentleert" erscheinen. Wie hilflos würden wir uns
fühlen, ...
... wenn wir auf einmal den Weg nach Hause nicht mehr wüssten?
... wenn wir nicht wissen, wo wichtige Sachen wie Teller in der
Wohnung zu finden sind?
... wenn wir vergäßen, in welchem Raum sich die Toilette befindet?
Um zu verstehen, warum der Mensch mit Demenz herausfordernde Verhaltensweisen zeigt, ist es wichtig, dass Sie versuchen, die Ursachen herauszufinden. Stellen Sie sich folgende Fragen:
• Tritt das Verhalten häufiger auf? Wenn ja, in welchen Situationen, zu welcher Uhrzeit, in welchen Räumlichkeiten? Gewisse Verhaltensweisen kehren häufig über den Tag immer wieder auf. Ist der Mensch mit Demenz zu einer bestimmten Tageszeit unruhig, aggressiv oder muss etwas "erledigen", beziehen Sie ihn zu der jeweiligen Uhrzeit in eine Tätigkeit ein oder gehen Sie zum Beispiel spazieren. Sie können sich auch zu diesen Zeiten Unterstützung zum Beispiel von ehrenamtlichen Helfern holen, die sich in den aktiven Zeiten mit der Person beschäftigen.
• Seit wann tritt das Verhalten auf? Hat sich die Lebenssituation verändert? Wurden Möbel umgestellt? Gab es einschneidende Lebensereignisse? Diese Auslöser können für das herausfordernde Verhalten verantwortlich sein. Der Betroffene muss sich erst an die Situation gewöhnen bzw. neu orientieren.
• Gibt es körperliche Bedürfnisse (Hunger, Müdigkeit, Harndrang, Schlafstörung, Schmerz etc.)? Schmerz ist sehr häufig eine Ursache für herausforderndes Verhalten. Beobachten Sie, ob der Betroffene sich zum Beispiel ein Körperteil hält oder schlechter isst.
• Hat sich die Medikation verändert? Ältere und pflegebedürftige Personen nehmen oft eine Vielzahl von Medikamenten ein. Diese beeinflussen sich häufig gegenseitig und können zum Beispiel Zungenkrämpfe, vermehrtes Wasserlassen (die Betroffenen suchen eine Toilette), Bewegungsdrang und auch aggressives Verhalten auslösen. Wenn sich die Medikamente des Erkrankten vor kurzem geändert haben, kann dies Auslöser für das herausfordernde Verhalten sein. Informieren Sie unbedingt den jeweiligen Neurologen oder Hausarzt über die Veränderungen.
Indem Sie die Gefühle Ihres Gegenübers erspüren und ihm signalisieren, dass Sie diese akzeptieren, vermitteln Sie Verständnis. Dafür reichen kurze Äußerungen wie: "Ich kann verstehen, dass dich das jetzt wütend macht", "Du machst dir Sorgen", "Das kann einem auch Angst machen." Durch diese Äußerungen geben Sie Ihrem Betroffenen Sicherheit und er fühlt sich verstanden.
Die Anpassung Ihres Wohnumfeldes kann angstmachende Situationen reduzieren. Leuchten Sie Räume mit direktem Licht (zum Beispiel Decken leuchte) und indirektem Licht (zum Beispiel Leselampe) aus. So vermeiden Sie Schattenwürfe, die von Menschen mit Demenz verkannt werden können. Klare Kontraste und Strukturen in der Umgebung, zum Beispiel einfarbige Tischtücher, Holztoilettensitze oder farbige Getränke (zum Beispiel Apfelschorle), schaffen Orientierung.
Für den Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen gibt es leider kein Patentrezept. Deswegen ist wichtig, dass Sie immer wieder herausfinden, wodurch die Verhaltensweisen entstehen. Häufig verstehen die Betroffenen die Situationen nicht und reagieren dementsprechend. Würden wir uns anders verhalten, wenn wir zu einer Situation gedrängt würden, die wir nicht verstehen? Die Bewusstheit über die Erkrankung und das eigene Handeln helfen dabei, herausforderndem Verhalten zu begegnen und es zu mindern.
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Quelle:
Alzheimer Info, Ausgabe 1/2022, Seite 7
Nachrichten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz
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