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INFEKTION/1105: Harnwegsinfektionen - Das lästige Frauenleiden (welt der frau)


welt der frau 3/2010 - Die österreichische Frauenzeitschrift

Das lästige Frauenleiden

Von Susanna Sklenar


Rund 80 Prozent aller Harnwegsinfektionen betreffen Frauen. Doch die wenigsten wissen sich schnell und effektiv zu helfen. Warum dieses Leiden vornehmlich weiblich ist und welche präventiven Strategien und Therapien es gegen lästige Blasenentzündungen gibt.


Die wenigsten reden darüber. Aus Scham, Unsicherheit oder weil es einfach lästig ist. Und dabei betrifft es so viele: Jede zweite Frau leidet zumindest einmal im Leben an einer Harnwegsinfektion, bei jeder fünften zwischen 20 und 55 Jahren stellt der Arzt/die Ärztin diese Diagnose sogar einmal pro Jahr. "Ich würde es fast als das unterdrückte Frauenleiden schlechthin bezeichnen", meint der Wiener Urologe Dr. Peter Holub. "Und das obwohl Patientinnen aller Altersgruppen betroffen sind." Die Tabuisierung führe leider oft dazu, so der Facharzt, dass aus einem - medizinisch gesehen - eher harmlosen Leiden ein chronisches wird. Dabei gehören Harnwegsinfektionen an sich zu jenen Erkrankungen, die heutzutage mit entsprechender Therapie - sanfte Heilmittel und Antibiotika - schnell und erfolgreich behandelt werden können.


Die häufigsten Symptome

Zu den ersten Anzeichen einer Blasenentzündung bzw. Harnwegsinfektion gehören unangenehme Beschwerden wie der ständige Drang, die Toilette aufzusuchen, sowie brennende Schmerzen beim Wasserlassen. Hinzu kommen manchmal noch stechende bis krampfartige Schmerzen im Unterleib und unangenehm riechender Urin oder gelegentlich gar Blut im Harn. "Wird die Infektion von Fieber beziehungsweise Rückenschmerzen, Übelkeit und Erbrechen begleitet, können zusätzlich die Nieren betroffen sein", erklärt Dr. Holub und rät, spätestens zu diesem Zeitpunkt einen Facharzt/eine Fachärztin aufzusuchen. Denn eine aufsteigende Nierenbeckenentzündung (Pyelitis) dürfe keineswegs auf die leichte Schulter genommen werden. In so einem Fall kann manchmal eine stationäre Behandlung, zumindest aber Bettruhe erforderlich sein.


Ursachen: Bakterien & Anatomie

Charakteristisch für eine Entzündung der Harnwege ist vor allem eine deutlich erhöhte Konzentration von Bakterien im Urin - mehr als 100.000 Keime pro Milliliter. Diese können sich sehr rasch verbreiten und über die Harnröhre in Richtung Blase bis hin zur Niere aufsteigen. Der Infektionsweg erklärt auch, weshalb Frauen wesentlich häufiger von diesem Leiden betroffen sind als Männer: Aufgrund der Anatomie ist die weibliche Harnröhre viel kürzer als die männliche. "Auf diese Weise können Keime sehr leicht von der dünnen Schleimhautschicht in die Harnröhre wandern und dort Entzündungsreaktionen hervorrufen", weiß Prof. Dr. Joachim Gnirs, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Gleichzeitig befindet sich die Harnröhrenmündung in unmittelbarer Nachbarschaft des Scheideneingangs, was eine bakterielle Infektion noch zusätzlich begünstigt. Daher sollten Frauen und Mädchen unbedingt auf ihre Toilettegewohnheiten achten. Als Regel gilt: Immer von der Scheide in Richtung After reinigen und niemals in die Gegenrichtung - dadurch wird das Eindringen von aggressiven Darmbakterien in die Harnröhre verhindert. Harnwegsinfekte können jedoch auch durch Störungen des Harnabflusses verursacht werden. So führen beispielsweise Blasensteine sowie eine zu enge oder nur bedingt durchlässige Harnröhre zum Harnstau und folglich zu einer gefährlichen Restharnbildung, die die Vermehrung der Keime in der Harnblase fördert.


Östrogenmangel als Auslöser

Doch es gibt noch weitere, durchaus häufige Ursachen für akute Entzündungen der Harnwege bei Frauen: Östrogenmangel und hormonelle Schwankungen - abgesehen von der Schwangerschaft auch in den Wechseljahren - können die Anfälligkeit für Blaseninfektionen fördern, ebenso ein geschwächtes Immunsystem. "Ist die Immunlage schlecht, machen dem Körper auch jene Keime zu schaffen, die im Normalfall von Antikörpern abgefangen werden", erläutert Prof. Dr. Gnirs. So erhöhen vor allem psychische Probleme, Überanstrengung, Stress und zu wenig Schlaf das Risiko, an einer Harnwegsentzündung zu erkranken.


Die richtige Therapie

Die Behandlungsmethode der Harnwegsinfektion richtet sich nach dem Ausmaß der Erkrankung. Bei einer unkomplizierten Form verschreiben ÄrztInnen in der Regel Antibiotika. Diese werden - je nach Produkt und Inhaltsstoffen - drei bis sieben Tage eingenommen. "Sie helfen, die Zahl der Bakterien rascher zu reduzieren", erläutert Urologe Dr. Peter Holub, "und heilen so die unangenehme Entzündung." Die Behandlung wirkt für gewöhnlich sehr rasch - eine Besserung tritt bereits innerhalb von 24 Stunden ein. Zusätzlich können krampflösende Medikamente die stechenden Schmerzen beim Wasserlassen mildern.

Bei einem schweren Verlauf der Infektion mit hohem Fieber, wie es etwa bei einer aufsteigenden Entzündung der Nieren auftreten kann, dauert die Antibiotikatherapie meist mindestens zwei bis drei Wochen. Ob darüber hinaus auch Bettruhe oder stationäre Aufnahme im Krankenhaus notwendig ist, muss der behandelnde Arzt/die Ärztin individuell entscheiden.

Üblicherweise lassen UrologInnen noch vor dem Einsatz von Antibiotika den Erreger in einer Harnkultur bestimmen. Dafür wird eine Urinprobe benötigt, die im Labor ausgewertet wird. Anhand des Ergebnisses können ÄrztInnen dann den Schweregrad der Erkrankung leichter feststellen sowie erkennen, ob und wie schnell sich die Bakterien im Harn vermehren. Ebenso kann eine Blutuntersuchung hilfreich sein. "Ist die Blutsenkung und die Zahl der weißen Blutkörperchen erhöht, sind das deutliche Signale für eine größere Entzündung im Körper", erklärt Dr. Holub. "Kommen die Symptome jedoch immer wieder, sollte eine genaue urologische Abklärung der Nieren und des Unterbauches mittels Ultraschall, Restharnmessung oder Blasenspiegelung erfolgen."


EFFEKTIVE VORBEUGUNG GEGEN HARNWEGSINFEKTE:

Die wichtigsten Maßnahmen zur Vorbeugung gegen eine Harnwegsinfektion und somit auch gegen Komplikationen wie eine eventuelle Nierenbeckenentzündung sind eine sorgfältige Intimhygiene, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, regelmäßige Blasenentleerung sowie Warmhalten des Unterleibes. Auf diese Weise wird das Risiko einer Verschleppung von Bakterien in die Harnblase und der Vermehrung der Keime über ein normales Maß hinaus vermindert. Folgende Tipps können bei der Prävention helfen:

HYGIENE:
Benutzen Sie Toilettenpapier immer von vorne nach hinten (von der Scheide weg in Richtung After) und waschen Sie sich auch auf diese Weise.

INTIMPFLEGE:
Vermeiden Sie Intimsprays, Schaumbäder und schärfere Seifen, weil diese die Haut und Schleimhaut im Bereich der Geschlechtsorgane schädigen und dadurch einen besseren Nährboden für schädliche Keime schaffen.

TRINKEN:
Trinken Sie mindestens zwei Liter Flüssigkeit (Leitungswasser bzw. mildes Mineralwasser, Kräutertees, ungesüßte Fruchtsäfte) am Tag, um die Bakterien aus den Harnwegen zu spülen.

TOILETTE:
Suchen Sie häufiger die Toilette auf - nicht immer erst dann, wenn Sie bereits einen Harndrang verspüren. So können sich schädliche Bakterien nur schwer vermehren, weil sie schneller aus der Blase ausgeschwemmt werden.

WÄRME:
Vermeiden Sie - vor allem im Winter - eine Unterkühlung des Unterleibes. Zu langes Sitzen auf kaltem Untergrund, kalte Füße, nasses Badezeug im Hallenbad oder Zugluft schwächen die Abwehrkräfte des Körpers und tragen zu einer raschen Verbreitung der Bakterien bei.


SANFTE HEILMITTEL BEI HARNWEGSINFEKTEN:

KNEIPPEN:
Wasseranwendungen und regelmäßige Saunabesuche erhöhen Ihre und fördern die Durchblutung

GYMNASTIK & MASSAGE:
Beckenbodengymnastik und Bindegewebsmassagen stärken die Blasenfunktion und machen sie weniger infektanfällig

BÄDER:
Angenehm und reizlindernd wirken Wärmeanwendungen. Besonders gut geeignet sind Voll- bzw. Sitzbäder mit Kamillen- oder Heublumenzusätzen, aber auch das bloße Auflegen einer Wärmeflasche kann wohltuend wirken.

ESSIG:
Desinfizierend wirkt das Ansäuern des Harns - beispielsweise durch eiweißreiche Kost oder Trinken von verdünntem Apfelessig.

KÜRBISKERNE:
Geröstete Kürbiskerne (1 EL) sowie Kürbiskernöl (1 TL) täglich eingenommen können den Stoffwechsel in der Blase positiv beeinflussen

TEES:
Insbesondere mit (Kräuter-)Tees können Sie die Durchströmung der Harnwege unterstützen und so einen zusätzlichen Spüleffekt erreichen.
Die besten Zutaten für Blasentees sind: Birkenblätter, Schachtelhalmkraut, Bärentraubenblätter, Brennnesseln und Hagebutten (jeweils ein bis zwei Esslöffel mit einer mittelgroßen Tasse heißem Wasser übergießen, 15 Minuten ziehen lassen, abseihen und mehrmals täglich zwischen den Mahlzeiten trinken).


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Quelle:
welt der frau - Die österreichische Frauenzeitschrift,
März 2010, Seite 42-45
mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und der Autorin
Herausgeberin: Katholische Frauenbewegung Österreichs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2010