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MEDIEN/1056: Queermed Deutschland - Digitales Verzeichnis für queerfreundliche und sensibilisierte Ärzt*innen und Therapeut*innen (pro familia magazin)


pro familia Magazin 03/2022 - pia - pro familia in action

Digitales Angebot Queermed Deutschland
Ein Verzeichnis für queerfreundliche und sensibilisierte Ärzt*innen und Therapeut*innen

von Pia Spannagel
Aktivistin bei pia Hannover und Mitglied im Vorstand von pro familia Niedersachsen


Im letzten pro familia magazin mit dem Titel "Gender/Queer" ging es bereits um Themen und Anliegen der LSBTIQ*-Community, also lesbischer, schwuler, bisexueller, trans-, intergeschlechtlicher und queerer Personen. Wir möchten das Thema des letzten Magazins mit dem Thema dieses Magazins, also digitale Angebote, verknüpfen und in diesem Beitrag ein relativ neues und digitales Angebot vorstellen: Queermed Deutschland. "Wie geht's euch? - Psychosoziale Gesundheit und Wohlbefinden von LSBTIQ*" lautet der Titel einer Studie, die bereits im letzten Magazin vorgestellt wurde (Timmermanns, Stefan/Graf, Niels/Merz, Simon/Stöver, Heino 2022). Ein Ergebnis dieser Studie war unter anderem, dass ungefähr jede fünfte LSBTIQ*-Person von Diskriminierung im Gesundheitswesen berichtet. Generell spricht mehr als die Hälfte der Befragten von Diskriminierungserfahrungen. Versorgungsstrukturen im Gesundheitssystem sollten also sensibel und adäquat mit bereits erfolgten Diskriminierungserfahrungen umgehen können und auf keinen Fall Ort weiterer oder erneut erlebter Diskriminierung sein.


Das Queermed-Logo in Regenbogenfarben. Text: Queermed Deutschland - Ein deutschlandweites Verzeichnis für queerfreundliche und sensibilisierte Ärzt*innen, Therapeut*innen und Praxen - Foto: © @queermed_deutschland

Das Angebot ist auf Instagram unter @queermed_deutschland zu finden.
Foto: © @queermed_deutschland

Was braucht es also? Es braucht behandelnde Ärzt*innen, Psycholog*innen und psychologische Psychotherapeut*innen, die sensibilisiert sind für Anliegen außerhalb der Heteronormativität, die offen sind für die Anliegen der queeren Community und die auf erlebte (Mehrfach-)Diskriminierungen angemessen eingehen können. Wenn es dieses Fachpersonal in Deutschland bereits gibt, bleibt die Frage offen: Wo finde ich es?

Diese Frage wird seit Mai 2021 durch das Verzeichnis Queermed Deutschland beantwortet. Es handelt sich hierbei um ein Online-Verzeichnis, welches unter https://queermed-deutschland.de/ zu finden ist. Queermed Deutschland wird als ein Verzeichnis für queerfreundliche und sensibilisierte Ärzt*innen und Therapeut*innen betitelt. Hierbei wird jedoch im Sinne des intersektionalen Ansatzes auch auf weitere Diskriminierungsformen eingegangen. So ist beispielsweise auch Fachpersonal angegeben, welches zusätzlich für/von People of Colour, Muslim*innen oder Personen mit positivem HIV-Status empfohlen wird.

Das Ganze funktioniert so: Eine Person kann online eine Empfehlung abgeben. Hierfür gibt es eine Art Fragebogen, in dem beispielsweise Kosten, Sprache, Barrierefreiheit und weitere Kriterien abgefragt werden. Auf Grundlage der abgegebenen Empfehlungen entsteht dann das Verzeichnis und wächst ständig weiter. So kann eine Person ganz gezielt, entsprechend der eigenen Suchkriterien, nach einer geeigneten Fachperson im Verzeichnis suchen. Aktuell sind hier 410 Empfehlungen zu finden (Stand 9. Juni 2022). Hierbei handelt es sich um Fachpersonal deutschlandweit, aus Bereichen wie Psychotherapie, Allgemeinmedizin, Gynäkologie und Logopädie. Wichtig: Das Verzeichnis funktioniert nicht mit Selbstempfehlungen. Das bedeutet, nur Patient*innen, die also in der Rolle der aufsuchenden Person eine Fachperson besucht haben, können eine Empfehlung abgeben.

"Idealerweise bräuchte es dieses Projekt nicht, weswegen dieses Projekt zwei Teilbereiche thematisiert: Zum einen hilft das Verzeichnis den Menschen, Safer Spaces im Gesundheitswesen zu finden. Zum anderen zeigt es die Problematik auf, dass es sehr viele Menschen in Deutschland gibt, die nicht einmal diskriminierungsfrei medizinische Hilfe in Anspruch nehmen können, selbst wenn sie es gerne wollten", schreibt Sara Grzybek, die hinter der Gründung von Queermed Deutschland steckt. Und: "Vor allem dieses Machtgefälle zwischen behandelnder Person und Patient*in; die Tatsache, dass wir auf die fachliche Expertise und Wohlwollen der anderen Person in der Praxis angewiesen sind, zeigt die Notwendigkeit, solche Orte finden zu können."

Diese Orte sollen durch das Verzeichnis Queermed Deutschland nun aufgezeigt und auffindbar gemacht werden. Neben dem Verzeichnis bietet Queermed Deutschland auf der Website außerdem eine Übersicht über Beratungsstellen, es gibt die Möglichkeit, kostenlos Sticker für Werbezwecke zu bestellen, und Queermed Deutschland ist auch auf Instagram zu finden (@queermed_deutschland). Dort hat die Seite aktuell 4.923 Follower*innen (Stand 9. Juni 2022) - und wächst ständig weiter.

Da es Queermed Deutschland noch nicht allzu lange gibt, lebt das Projekt natürlich davon, dass möglichst viele Personen davon erfahren. Wir denken deshalb: Spread the news!

https://queermed-deutschland.de

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Quelle:
pro familia Magazin 03/2022, 50. Jahrgang, Seite 16-17
Herausgeber und Redaktion:
pro familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung,
Sexualpädagogik und Sexualberatung e.V., Bundesverband
Mainzer Landstraße 250-254, 60326 Frankfurt am Main
Telefon: 069/269 57 79-0, Fax: 069/269 57 79-30
E-Mail: info@profamilia.de
Internet: www.profamilia.de
 
Erscheinungsweise: Vierteljährlich
Einzelheft: 5,10 Euro zuzüglich Versandkosten und einschl. MwSt.
Jahresabonnement: 19,50 Euro (Ausland 21,50 Euro) und einschl. MwSt.

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 1. Oktober 2022

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