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STUDIE/277: "Sterben dort, wo man zuhause ist" - Studie zur ambulanten Hospizarbeit (idw)


Deutsche Krebshilfe e. V. - Bonn, 03. August 2010

"Sterben dort, wo man zuhause ist"

Deutsche Krebshilfe fördert Studie zur ambulanten Hospizarbeit


Augsburg (jti) - Ziel der ambulanten Hospiz- und Palliativarbeit ist es, dass Sterbende ihre letzten Wochen und Tage in vertrauter Umgebung verbringen können. Häufig wissen Betroffene jedoch nichts von dieser Möglichkeit. Darüber hinaus ist die Palliativversorgung in Deutschland bislang noch nicht flächendeckend in gleich hoher Qualität verfügbar. Gerade in ländlichen Gebieten fehlen entsprechende Angebote. Dies sind die Ergebnisse einer Studie, die Wissenschaftler der Universität Augsburg in Kooperation und mit Unterstützung des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands (DHPV) durchgeführt haben. Die Deutsche Krebshilfe unterstützte die Studie mit 145.000 Euro.

"Mein Mann ist friedlich zuhause gestorben. Das hatte er sich sehr gewünscht und für mich und unsere Kinder war es auch tröstlich", erzählt die Ehefrau eines kürzlich verstorbenen Darmkrebs-Patienten. "Ohne die Unterstützung durch den ambulanten Hospizdienst wäre das bestimmt nicht möglich gewesen." Viele Menschen haben den Wunsch, dort zu sterben, wo sie zuhause sind. Die ambulante Hospiz- und Palliativarbeit in Deutschland trägt diesem Bedürfnis Rechnung. Jetzt haben Wissenschaftler der Universität Augsburg diese Form der Sterbebegleitung untersucht.

"Die meisten Menschen haben leider nur recht diffuse Vorstellungen von dem, was ein Hospiz eigentlich ist und was ambulante Palliativdiensten anbieten können", sagt Werner Schneider, Soziologe an der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg und Experte für Sterben und Tod aus gesellschaftswissenschaftlicher Perspektive. Schneider leitete die Studie zur ambulanten Hospizarbeit. "In den Köpfen vieler Menschen ist das Wort 'Hospiz' immer noch gleichgesetzt mit 'in Kürze sterben'. Daher nehmen Angehörige häufig erst Kontakt mit einem Hospizdienst auf, wenn der Betroffene bereits im Sterben liegt. Dann können sich die Hospiz-Mitarbeiter aber nicht mehr so gut auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen einstellen", so Schneider. Er fordert daher eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit für die ambulante Sterbebegleitung. Ärztinnen und Ärzte könnten dabei als 'Türöffner' wirken, indem sie Patienten und Angehörige über Hospizdienste informieren und eine Kontaktaufnahme empfehlen.

Obwohl prinzipiell jeder Sterbende Anspruch auf eine palliativmedizinische Betreuung hat, kann diesem Anspruch in der Praxis noch nicht überall Rechnung getragen werden - so ein weiteres Ergebnis der Studie. Vor allem in ländlichen Gebieten ist es oft nicht möglich, Schwerstkranken ein Sterben zuhause zu ermöglichen. Dies liegt einerseits an der Organisation der Dienste, zum anderen an fehlender Infrastruktur auf dem Land: Gerade dort gibt es weit mehr rein ehrenamtlich organisierte Dienste, die nicht auf eine Infrastruktur wie in der Stadt zurück greifen können. In der Stadt jedoch führt allein das Vorhandensein von stationären Hospiz- und Palliativeinrichtungen zu mehr 'Hospitalisierung'. Hier sehen die Wissenschaftler um Schneider noch großen Handlungsbedarf: "Wir müssen die Strukturen für die ambulante Palliativarbeit dringend weiter ausbauen, denn die Möglichkeiten, Menschen ein Sterben zuhause zu ermöglichen, sind noch längst nicht ausgeschöpft."

Die Deutsche Krebshilfe setzt sich seit mehr als 25 Jahren für den Auf- und Ausbau der palliativmedizinischen Versorgung in Deutschland ein. Sie ist Wegbereiterin der Palliativmedizin und hat bereits in den 1980-er Jahren Hospize und Palliativstationen finanziell unterstützt. In ihrem aktuellen Förderschwerpunktprogramm unterstützt die Deutsche Krebshilfe unter anderem zahlreiche stationäre und ambulante palliativmedizinische Dienste sowie Projekte auf dem Gebiet der Versorgungsforschung. "Palliativmedizin und Hospizarbeit sind aktive Lebenshilfe - und damit eine echte Alternative zur Sterbehilfe. Die Deutsche Krebshilfe setzt sich dafür ein, die Palliativmedizin und die Hospizversorgung in Deutschland weiter auszubauen", sagt Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe. "Auch die Ergebnisse der Augsburger Studie werden in unsere Überlegungen zu weiteren Fördermaßnahmen oder auch gesundheitspolitischen Aktivitäten einfließen", so Nettekoven.

Der DHPV vertritt als Dachverband von nahezu 1.000 Hospiz- und Palliativeinrichtungen die Belange schwerstkranker und sterbender Menschen gegenüber Politik und Gesundheitswesen. "Beim weiteren Ausbau der Strukturen muss die Vielfalt der allgemeinen und spezialisierten Versorgung berücksichtigt werden", betont Dr. Birgit Weihrauch, Vorsitzende des Verbandes.


Palliativmedizin und Hospizarbeit - Hintergrundinformationen

Ziel der Palliativmedizin ist es, die Lebensqualität unheilbar kranker Menschen bis zuletzt zu erhalten. Dazu gehört die Bekämpfung von Schmerzen und anderen Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Atemnot oder Verwirrtheit. Auch psychische, soziale und spirituelle Anliegen rücken verstärkt in den Vordergrund. Die Deutsche Krebshilfe versteht sich als Wegbereiterin der Palliativmedizin und der Hospizbewegung in Deutschland: Mit insgesamt rund 60 Millionen Euro hat sie den Aufbau palliativmedizinischer Versorgungsstrukturen bislang maßgeblich unterstützt und die Aus- und Weiterbildung auf diesem Gebiet nachhaltig gefördert. Außerdem gibt die gemeinnützige Organisation umfangreiches Informationsmaterial zum Thema Palliativmedizin heraus. Die Broschüren, DVDs und ein Hörbuch können kostenlos bei der Geschäftsstelle in Bonn angefordert oder unter www.krebshilfe.de heruntergeladen werden.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution500


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Krebshilfe e. V., Dr. med. Eva M. Kalbheim, 03.08.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2010