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ENTWICKLUNG/842: Neue Software hilft Stoffwechselprozesse von Mikroorganismen besser zu verstehen (idw)


Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH - 27.04.2012

Forscher der DSMZ entwickeln innovative Software für Biolog-Phänotyp-Analysen

Stoffwechselprozesse von Mikroorganismen und Zellen besser verstehen



Ein interdisziplinäres Team aus Mikrobiologen, Pflanzenbiotechnologen und Bioinformatikern des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH in Braunschweig hat ein anwenderorientiertes Softwarepaket für die Analyse von Biolog-Phänotyp-Hochdurchsatzdaten entwickelt.

Das "opm"-Paket (OmniLog Phenotype MicroArray), welches auf der freien Programmierumgebung R basiert, erlaubt die umfassende statistische Analyse von quantitativen Daten von Energieproduktions-Kurven und eine bessere grafische Darstellung. So kann die neue Software einen wertvollen Beitrag dazu leisten, physiologische Zusammenhänge im Stoffwechsel verschiedenster Zellen, von Mikroorganismen bis zu Krebszellen, besser zu verstehen. Erste Einblicke sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift PLoS ONE veröffentlicht.

Welche Eigenschaften haben Bakterien, Pilze, Hefen, oder auch Krebs-Zelllinien? Diese Frage ist sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der angewandten Biologie regelmäßig von großer Bedeutung. Die Bestimmung dieser Eigenschaften im Labor ist oft mühselig und zeitaufwändig. Automatisierte Hochdurchsatz-Verfahren wie das "Phenotype MicroArray"-System der Firma Biolog bringen die Lösung. Hier lässt sich parallel die Reaktionsfähigkeit von Bakterien, Hefen, Pilzen und tierischen Zellen auf fast 2000 physiologische Herausforderungen testen.

"Der verwendete Redoxfarbstoff bildet bei einer positiven Reaktion ein violettes Pigment. Dadurch ist es möglich, bis zu 96 chemische Substanzen auf einer Mikrotiter-Platte gleichzeitig darauf hin zu überprüfen, ob sie für Keim-Isolate oder Zelllinien eine Energiequelle darstellen oder eventuell antibiotisch wirksam sind", informiert der Mikrobiologe Dr. Johannes Sikorski. "In kurzen Abständen von 15 Minuten wird überprüft, wie sich die Intensität der Farbstoffbildung verändert. So werden hochinformative sogenannte 'Respirationskinetiken' gemessen, deren Kurvenverlauf oft einer typischen bakteriellen Wachstumskurve ähnelt. Bei einer Messung über vier Tage können bei einem einzigen Experiment knapp 2000‍ ‍Kurven mit je etwa 380 Messwerten aufgenommen werden. In der Form des Kurvenverlaufes sind wertvolle biologische Informationen enthalten, wie etwa über Beginn, Stärke und Intensität einer physiologischen Reaktion."

Um diese Daten zu nutzen, entwickelte jetzt ein interdisziplinäres Team aus Mikrobiologen, Pflanzenbiotechnologen und Bioinformatikern der DSMZ ein neues Softwarepaket auf der Basis der freien Programmierumgebung R (www.r-project.org). "Die bisherige Analyse-Software vom Hersteller Biolog war nur sehr bedingt dazu geeignet, diese Fülle an hochdimensionalen Daten graphisch und statistisch auszuwerten", erläutert Dr. Markus Göker, der Bioinformatiker, der das "opm"-Paket programmiert hat. "Die meisten Anwender analysieren die Daten bisher bezogen darauf, ob eine Reaktion überhaupt stattfindet oder nicht. Damit werden viele wertvolle Daten und somit aussagekräftige Informationen verworfen."

"Das neue 'opm'- Paket ermöglicht eine umfassende Auswertung der Kurvenkinetiken mit mehreren hochauflösenden Formen der graphischen Analyse. Durch das sogenannte 'Bootstrapping-Verfahren' kann auch untersucht werden, inwieweit einzelne Kurven voneinander signifikant verschieden sind. Die wirkliche Stärke von 'opm' liegt jedoch darin, alle gewünschten Analyse-Richtungen für alle Teile des umfassenden Datensatzes zu ermöglichen", sagt Dr. Markus Göker.
"Der Anwender kann nahezu unbegrenzt Metadaten zu den untersuchten Organismen oder experimentellen Bedingungen in 'opm' einpflegen. Vielfältige Such- und Auswahlfunktionen zu Rohdaten, Kurvenparametern und Metadaten erlauben es, spezifische Fragestellungen an den Datensatz gezielt zu verfolgen", führt die Pflanzenbiotechnologin Lea Vaas weiter aus. "Mit dem 'opm'-Softwarepaket entstehen daher zukünftig vielfältige Möglichkeiten für ein innovatives Design von Versuchen. Untersuchungen zum Stoffwechsel und Genfunktionen von Mikroorganismen, wie Gen-Defekte von regulatorischen Enzymen, oder auch die Reaktion von Krebszellen auf Anti-Krebs-Agenzien, könnten nun mit dem OmniLog Phenotype MicroArray-System erheblich besser analysiert werden."

Barry R. Bochner, Ph.D., Präsident, CEO & CSO des Herstellers Biolog freut sich über die erfolgreiche Kooperation mit dem Leibniz-Institut DSMZ und betont: "Das neu entwickelte 'opm'-Paket der Forscher des Leibniz-Instituts DSMZ kann die Anwendungsbreite und Aussagekraft von Biolog-Untersuchungen deutlich erweitern und verbessern und damit unseren Anwendern entscheidende Vorteile in ihrer Forschung bieten."


Originalpublikation:
PloS ONE 7(4): e34846, 2012
http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0034846

Weitere Hintergrundinformationen zur "opm"-Software und die Möglichkeit zum freien Download finden Sie unter
http://goo.gl/tFPl2

Ansprechpartner:
- Dr. Johannes Sikorski
(Johannes.Sikorski@dsmz.de)
- PD Markus Göker
(Markus.Goeker@dsmz.de)

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
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Über das Leibniz-Institut DSMZ
Das Leibniz-Institut DSMZ - Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen - ist eine Einrichtung der Leibniz-Gemeinschaft und mit seinen umfangreichen wissenschaftlichen Services und einem breiten Spektrum an biologischen Materialien seit Jahrzehnten weltweiter Partner für Forschung und Industrie. Als einem der größten biologischen Ressourcenzentren seiner Art wurde der DSMZ die Übereinstimmung mit dem weltweit gültigen Qualitätsstandard ISO 9001:2008 bestätigt. Neben dem wissenschaftlichen Service bildet die sammlungsbezogene Forschung das zweite Standbein der DSMZ. Die Sammlung mit Sitz in Braunschweig existiert seit 42 Jahren und beherbergt mehr als 30.000 Kulturen und Biomaterialien. Die DSMZ ist die vielfältigste Sammlung weltweit: neben Pilzen, Hefen, Bakterien und Archaea werden dort auch menschliche und tierische Zellkulturen sowie Pflanzenviren und pflanzliche Zellkulturen erforscht und archiviert.
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution969

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH
Susanne Thiele, 27.04.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2012