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AUSLAND/8295: Aus aller Welt - 21.10.2019 (SB)


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Chiles Regierung weitet Ausnahmezustand aus

In Chile wurden der am Freitag über die Hauptstadt Santiago verhängte Ausnahmezustand und die nächtliche Ausgangssperre auf Antofagasta, Valparaiso und Punta Arenas sowie die anderen größeren Städte im Norden und Süden des Landes ausgeweitet, wie die Tageszeitung La Nación berichtete. In Santiago patrouillieren mehr als 10.000 Soldaten und Polizisten. Seit gut einer Woche gibt es soziale Unruhen in dem südamerikanischen Land, die zunächst wegen der Preiserhöhungen im Öffentlichen Personennahverkehr der Hauptstadt und einer landesweiten Erhöhung der Stromtarife ausgebrochen waren. Im Verlauf der Unruhen wurden zahlreiche Einrichtungen und U-Bahnhöfe der Metropole verwüstet und in Brand gesetzt. Landesweit über 60 Supermärkte wurden geplündert, in mehreren wurde Feuer gelegt. Mindestens sieben Menschen seien im Zusammenhang mit Vandalismus ums Leben gekommen, meldete Innenminister Andrés Chadwick. Mehr als 1550 Menschen wurden festgenommen. Am Samstagabend nahm die Regierung die Fahrpreiserhöhung zurück. Damit hörten die Unruhen jedoch nicht auf.

Seit der 1990 geendeten Diktatur des Militärmachthabers Augusto Pinochet wird die neoliberale Wirtschaft Chiles von ausländischen Investoren dominiert. Die Vermögen sind extrem ungleich verteilt. Ein Prozent der Bevölkerung verfügt nach Uno-Angaben über 26,5 Prozent des nationalen Reichtums. Das Nationale Statistikamt weist für die Hälfte der Arbeiter einen Monatslohn von etwas über 500 Euro aus, während die Kosten für Strom, Wasser, Gas, Internetzugang und Autobahn-Maut mit denen in Europa vergleichbar sind. Lebensmittel werden zunehmend teurer und sind teils unerschwinglich wie auch die Gebühren für Schul- und Uni-Besuch. Die Mieten sind hoch, eine Altersvorsorge ist teuer.

Präsident Sebastián Piñera, von Haus aus Unternehmer, gehört zu den reichsten Menschen im Land. Er hat vor dem Militärputsch in Chile Wirtschaftswissenschaften studiert und setzte seine Studien an der Harvard University in den USA fort. Der Milliardär sagte in einer Fernsehansprache zu den Unruhen unter der Bevölkerung, man befinde sich im Krieg gegen einen mächtigen Feind, der grenzenlose Gewalt nutze. Seiner Ansicht nach werden Unruhen und Krawalle organisiert.

21. Oktober 2019


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