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AUSLAND/8323: Aus aller Welt - 18.11.2019 (SB)


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Ordnungskräfte in Bolivien müssen Strafverfolgung nicht fürchten

In Bolivien hat das von der selbsternannten Übergangspräsidentin Jeanine Áñez eingesetzte Kabinettsmitglied Arturo Murillo erklärt, die bei einer Demonstration am Freitag getöteten Kokabauern hätten sich selbst umgebracht. Diese Auffassung bekräftigte auf derselben Pressekonferenz der Polizeikommandant von Cochabamba, Jaime Zurita. Seinen Angaben zufolge wurden Militär und Polizei aus den Reihen der Protestierenden beschossen, während die Ordnungskräfte nur Abschreckungsmittel eingesetzt hätten, um die Kokabauern daran zu hindern, in Cochabamba einzudringen. Laut Zurita hatten sich die Demonstranten abgesprochen, sich selbst zu verletzen, um den Ordnungskräften die Schuld zuzuschieben. Bei den Protestkundgebungen gegen die Übergangsregierung sind zuletzt neun Menschen getötet und Hunderte teils schwer verletzt worden. Die Übergangsregierung hat am 14. November ein Dekret erlassen, wonach Angehörige der Streitkräfte nicht für Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ordnung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Der als Verteidigungsminister agierende Fernando López hat das Dekret am Wochenende verteidigt.

Seit der Präsidentschaftswahl am 20. Oktober versuchen antisozialistische Kräfte in Bolivien eine vierte Amtszeit von Evo Morales zu verhindern. Dieser hatte die Wahl im ersten Durchgang gewonnen, beraumte jedoch nach Vorwürfen der Wahlmanipulation Neuwahlen an. Wenige Stunden später sah er sich aufgrund der Haltung von Militär und Polizei gezwungen, abzudanken und nach Mexiko ins Asyl zu fliehen. Die Senatorin Áñez riß die Macht ohne verfassungsrechtliche Grundlage an sich. Morales wird weiterhin von großen Teilen der Bevölkerung, vor allem den Indigenen, unterstützt. Seine Anhänger setzten der Interimspräsidentin am Samstag eine Frist bis Montag, in der sie zurückzutreten hat.

18. November 2019


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