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ZOOLOGIE/1402: Spinnen fressen jedes Jahr 400-800 Millionen Tonnen Beutetiere (idw)


Universität Basel - 14.03.2017

Spinnen fressen jedes Jahr 400-800 Millionen Tonnen Beutetiere


Spinnen werden seit langer Zeit verdächtigt, zu den wichtigsten Fressfeinden der Insekten zu gehören. Zoologen der Universität Basel und der Universität Lund in Schweden zeigen nun: Spinnen töten global betrachtet tatsächlich beträchtliche Mengen von Insekten. Die Fachzeitschrift «Science of Nature» hat die Resultate veröffentlicht.


Bild: © David E. Hill, Peckham Society, Simpsonville, South Carolina

Springspinne Phidippus mystaceus saugt eine Mücke aus
Bild: © David E. Hill, Peckham Society, Simpsonville, South Carolina


Mit mehr als 45.000 Spezies und Besiedlungsdichten von bis zu 1.000 Individuen pro Quadratmeter gehören Spinnen zu den artenreichsten und weitverbreitetsten räuberischen Tierarten. Aufgrund ihrer versteckten Lebensweise - viele Spinnen sind nachtaktiv oder leben gut getarnt in der Vegetation - war es bisher schwierig den ökologischen Nutzen der Spinnen aufzuzeigen. Zoologen der Universität Basel und der Lund University (Schweden) kommen anhand von Berechnungen zum Schluss: Spinnen haben als Insektenfresser eine grosse ökologische Bedeutung.


Spinnen töten grosse Mengen von Insekten

Mit zwei auf unterschiedlichen Modellen beruhenden Berechnungsmethoden wurde übereinstimmend aufgezeigt, dass die globale Spinnengemeinschaft (welche ein Gewicht von rund 25 Millionen Tonnen hat) jährlich schätzungsweise 400-800 Millionen Tonnen Beutetiere vernichtet. Mehr als 90 Prozent der getöteten Beutetiere sind Insekten und Springschwänze (Collembolen). Ausserdem erbeuten grosse tropische Spinnen gelegentlich auch kleinere Wirbeltiere (Frösche, Eidechsen, Schlangen, Fische, Vögel und Fledermäuse) oder ernähren sich von Pflanzenkost. Die grosse Spannbreite erklärt sich dadurch, dass Vertilgungsraten innerhalb spezifischer Ökosysteme stark schwanken können. Diese Schwankungen müssen bei ökologischen Hochrechnungen entsprechend berücksichtigt werden.

Zum Vergleich: die menschliche Weltbevölkerung verzehrt nach Aussagen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) jährlich etwa 400 Millionen Tonnen Fleisch und Fisch. Ferner lässt sich die Fressleistung der Spinnen mit derjenigen der Wale (Cetacea) in den Weltmeeren vergleichen, die auf 280-500 Millionen Tonnen Beutebiomasse pro Jahr geschätzt wird.


Besonders grosse Bedeutung der Spinnen in Wäldern und Grasland

Die Zoologen konnten weiter zeigen, dass Spinnen weit mehr Insekten in Wäldern und Grasland töten, als in den übrigen Habitaten. In Wald- und Grasland fallen den Spinnen zahlreiche Forst- und Graslandschädlinge zum Opfer. Im Gegensatz dazu ist die Insektenvertilgungsrate der Spinnen in Wüstengebieten, in der arktischen Tundra und in Kulturfeldern relativ niedrig. Im Falle der Agrarlandschaft lässt sich dies dadurch erklären, dass die intensiv bewirtschafteten Kulturfelder «gestörte Systeme» darstellen, in welchen für die Spinnen eher ungünstige Überlebensbedingungen herrschen.


Bild: © David E. Hill, Peckham Society, Simpsonville, South Carolina

Springspinne Phidippus regius frisst eine Laubheuschrecke
Bild: © David E. Hill, Peckham Society, Simpsonville, South Carolina

«Durch unsere Berechnungen lässt sich erstmals global quantifizieren, dass Spinnen wichtige natürliche Feinde von Insekten sind. Zusammen mit den übrigen Insektenfressern - wie etwa Ameisen und Vögel - tragen sie dazu bei, die Populationsdichten von Insekten signifikant zu reduzieren», sagt Erstautor Martin Nyffeler von der Universität Basel. «Spinnen tragen dadurch wesentlich zur Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichtes der Natur bei», fährt er fort.

Originalbeitrag
Martin Nyffeler & Klaus Birkhofer
An estimated 400-800 million tons of prey are annually killed by the global spider community
The Science of Nature (2017),
doi: 10.1007/s00114-017-1440-1


Weitere Informationen unter:
https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Spinnen-fressen-jedes-Jahr-400-800-Millionen-Tonnen-Beutetiere.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution74

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Basel, Olivia Poisson, 14.03.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2017

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