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ZOOLOGIE/982: Intelligenz, Kommunikation und Sozialverhalten in der "Affengesellschaft" (idw)


Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung - 19.05.2012

Intelligenz, Kommunikation und Sozialverhalten in der "Affengesellschaft"

Julia Fischer vom Deutschen Primatenzentrum blickt auf unsere evolutiven Ursprünge und erlaubt einen tiefen Blick hinter die Kulissen des Forscheralltags



Was unterscheidet uns von unseren nächsten Verwandten, was verbindet uns, und was haben große Gehirne mit intelligentem Verhalten zu tun? In ihrem Buch "Affengesellschaft" erklärt die Verhaltensforscherin Julia Fischer in unterhaltsamer und verständlicher Form ihre Forschung über Intelligenz, Kommunikation und Sozialverhalten von Affen. Fischer erlaubt dem Leser nicht nur Einblicke in den Forschungsalltag, sondern beschreibt auch ihre persönliche Entwicklung als Wissenschaftlerin. Das Buch erscheint am 21. Mai 2012 im Suhrkamp Verlag.

Wenn Julia Fischer, Jahrgang 1966, in Göttingen ist, leitet sie die Abteilung Kognitive Ethologie am Deutschen Primatenzentrum und lehrt als Professorin an der Biologischen Fakultät der Georg-August-Universität. Wenn sie in Afrika ist, erforscht sie Guinea-Paviane in der Nähe der Forschungsstation "Simenti" im Senegal, die sie mit ihrem Team aufgebaut hat. "Ich möchte die Evolution des menschlichen Sozialverhaltens, unserer Intelligenz und Sprache verstehen", sagte Julia Fischer.

Bereits während ihres Studiums begeisterte sie sich für die Primatologie und promovierte an der FU Berlin über die Laute von Berberaffen, die sie in einem Tierpark in Frankreich studierte. Ihre Postdoc-Zeit an der University of Pennsylvania in Philadelphia verbrachte sie größtenteils mit der Leitung einer Feldstation im Okavango Delta in Botswana, wo sie Bärenpaviane untersuchte und auch mal von Elefanten zertrampelte Wasserleitungen reparierte. Nach einer weiteren Station am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie und der Habilitation an der Universität Leipzig, kam sie 2004 als Professorin und Abteilungsleiterin nach Göttingen. Neben Lehrtätigkeit an der Universität und Mitarbeit in vielfältigen Gremien, engagiert sich Fischer unter anderem für Frauen in der Wissenschaft sowie für Politikberatung im Rahmen der Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Gleichzeitig hat sie zusammen mit engagierten Mitgliedern ihrer Abteilung die Feldstation im Senegal aufgebaut. "Wir sind den Guinea-Pavianen drei Jahre lang gefolgt, bis sie unsere Nähe schließlich akzeptiert hatten und wir ihr Gruppenleben beobachten konnten", so Fischer.

Foto: © Peter Maciej

Männliche Guineapaviane (Papio papio) kämpfen um eine Futterquelle im Niokolo Koba Nationalpark, Senegal.
Foto: © Peter Maciej

Affenforschung stellt auch immer die Frage nach der Evolution des Menschen: Welche Merkmale finden wir nur beim Menschen und welche teilen wir? Julia Fischers Interesse liegt hierbei besonders in den kognitiven Fähigkeiten und der Entwicklung der Sprache. In ihrem Buch "Affengesellschaft" untersucht sie zwei grundlegende Hypothesen: Zum einen soll Intelligenz als Folge des Lebens in Gruppen mit komplexer Struktur entstanden sein. Zum anderen wird häufig ein enger Zusammenhang zwischen Intelligenz und kommunikativen Fähigkeiten vermutet. Im ersten Teil des Buches berichtet Fischer vom Gruppenleben der Affen, die sie selbst in Afrika beobachtet hat. Anschließend beschäftigt sie sich mit der Intelligenz. Im dritten Teil geht Fischer der Frage nach, was wir von der Kommunikation bei Affen über die Evolution der menschlichen Sprache lernen können.

"Die Mischung aus fachlicher Darstellung und persönlicher Anekdote macht dieses Buch zu einem Beispiel hervorragender Wissenschaftsprosa und das Lesen zu einem großen Vergnügen", sagte Hannes Rakoczy, Professor für Biologische Entwicklungspsychologie an der Universität Göttingen. Wolf Singer, Neurophysiologe und Emeritus am Max-Planck-Institut für Hirnforschung ergänzt: "Worin sie uns ähnlich sind - unsere nahen Verwandten - und warum sie dennoch keine Kathedralen bauen, das erläutert dieses faszinierende Buch, dem leidenschaftliches Wissenwollen, Abenteuerlust, Klugheit, intellektuelle Redlichkeit und empathischer Humor Pate standen." Fischer verschweigt auch nicht die Hürden des Forscheralltags, seien es die bürokratischen Schwierigkeiten vor Ort oder widrige Wetterbedingungen. "Man braucht einen langen Atem", sagt Fischer, und meint nicht nur ihr Durchhalten beim Schreiben des Buches, sondern auch ihre Kollegen, die gerade wieder im Senegal den Guineapavianen auf den Fersen sind.


Die Deutsches Primatenzentrum GmbH (DPZ) - Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen betreibt biologische und biomedizinische Forschung über und mit Primaten auf den Gebieten der Infektionsforschung, der Neurowissenschaften und der Primatenbiologie. Außerdem unterhält das DPZ vier Forschungsstationen in den Tropen und ist Referenz- und Servicezentrum für alle Belange der Primatenforschung. Das DPZ ist eine der 86 Forschungs- und Infrastruktureinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft.

Weitere Informationen Sie unter:
http://www.suhrkamp.de/autoren/julia_fischer_8636.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution305

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung,
Dr. Susanne Diederich, 19.05.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2012