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AUSSEN/1423: Globalisierungskonzept - Viele Worte für wenig Substanz


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 08. Februar 2012

Globalisierungskonzept: Viele Worte für wenig Substanz


Zum heute vorgestellten Grundsatzpapier " Globalisierung gestalten - Partnerschaften aufbauen - Verantwortung teilen" von Minister Westerwelle erklären Frithjof Schmidt, Stellvertretener Fraktionsvorsitzender, und Kerstin Müller, Sprecherin für Außenpolitik:

Westerwelle verschwendet viele Worte für wenig Substanz. Über zwei Jahre hat es gedauert, eine offenkundige Leerstelle in der schwarz-gelben Außenpolitik zu füllen. Seit langem ist klar, das sich kein Problem mehr ohne die Einbeziehung der G 20 und der Vereinten Nationen lösen lässt. Das gilt für die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise ebenso, wie für den Klimawandel, Fragen der Rohstoffpolitik oder der Abrüstung. So richtig es ist, diese Veränderungen politisch gestalten zu wollen, so unklar bleibt das Konzept. Es formuliert Grundsätze aber keine verbindlichen Zielen und lässt zentrale Fragen offen.

Welche Länder von der Bundesregierung zu den "Gestaltungsmächten" gezählt werden bleibt unklar. Das verweist auf die diplomatischen Schwierigkeiten, die ein solcher Begriff hervorruft, wenn er zur Regierungsdoktrin erhoben wird. Eine zentrale Herausforderung der globalen Politik liegt ja gerade im sich zuspitzenden Gegensatz zwischen den Vereinten Nationen und den G-20. Hier braucht es eine Reform der Vereinten Nationen und eine Einbindung der G-20 in eine neue Struktur.

Deutschland könnte diese Ideen mit seinem derzeitigen Sitz im Sicherheitsrat maßgeblich vorantreiben. Die G-20 als Eliteclub allein hat keine ausreichende Legitimation zur Lösung der globalen Herausforderungen. Doch das vorliegende Konzept versucht noch nicht einmal diese entscheidende Frage zu beantworten oder eine Perspektive zu entwickeln. Dem Konzept fehlt nicht nur der normative Rahmen, es bleibt auch in vielen Teilbereichen weit hinter dem Notwendigen zurück.

So wird der Handel und Abbau von Rohstoffen nur unter dem Aspekt der deutschen Versorgungssicherheit thematisiert. Das gerade der überproportionale Verbrauch von Rohstoffen durch die Industrieländer Teil des Problems ist, wird genauso ausgeblendet, wie die sozialen und ökologischen Folgen für die Bevölkerung in den Abbauländern. Aussagen zu Menschrechten und Rechtsstaatlichkeit beschränken sich auf Allgemeinplätze. Das gilt gerade auch im Bereich der Außenwirtschaftförderung. Menschenrechte kommen nicht vor, ebenso wenig wie Umwelt- und Sozialstandards bei der Aushandlung von Freihandelsabkommen.

Nirgendwo im Papier wird das eigene Handeln kritisch reflektiert. Es ist unglaubwürdig, einerseits vollmundige Erklärungen zu Frieden, Menschenrechten und Nachhaltigkeit abzugeben und anderseits mitverantwortlich zu sein für einen Raubbau an den globalen Ressourcen und regelmäßige Waffenexporte an autoritäre Regime. Zudem wird die Verantwortung ignoriert, ökologische und soziale Leitplanken für die Weltwirtschaf aufzubauen. Wer Dialog fordert, aber sich selbst nicht ändern will, wird schnell sprachlos sein.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN


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Quelle:
Pressemitteilung vom 08. Februar 2012, Nr. 0099
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2012