Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

FINANZEN/1149: Finanzkrise - Wann lernen Merkozy endlich aus ihren Fehlern?


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 10. Januar 2012

Finanzkrise: Wann lernen Merkozy endlich aus ihren Fehlern?


Angesichts des neuen Rekordwertes kurzfristiger Einlagen der Banken bei der EZB in Höhe von 482 Milliarden Euro erklärt Dr. Gerhard Schick, Sprecher für Finanzpolitik:

Der neue Rekordwert belegt die weitere Verschärfung der Finanzkrise und offenbart, dass zentrale politische Entscheidungen in Europa in den vergangenen Monaten falsch waren.

In der Vorwoche waren bereits die Forderungen an Kreditinstitute auf ein Allzeithoch von 864 Milliarden Euro gestiegen. Das zeigt, dass die Liquiditätssteuerung der Banken ausschließlich über die Notenbank passiert. Das Vertrauen in der Branche ist auf dem Tiefpunkt. Das hat nicht zuletzt mit dem Krisenmanagement selbst zu tun: Die Unsicherheit bezüglich der Kapitalerhöhung der Unicredit wäre vermeidbar gewesen, wenn man - vergleichbar dem US-amerikanischen Vorgehen bei TARP - die Großbanken in Europa zeitgleich zwangskapitalisiert hätte. Jetzt ist unklar, ob der italienischen Großbank die Kapitalerhöhung gelingt, die ihr durch die Europäische Bankenaufsicht quasi vorgegeben worden ist. Die Aktie musste vom Handel ausgesetzt werden. Wie soll so Vertrau en und Stabilität in Europa geschaffen werden?

Ähnliches gilt für Griechenland: Noch immer gibt es keine Klarheit über die Gläubigerbeteiligung. Die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern ziehen sich hin, während der Internationale Währungsfonds offenbar massive Zweifel hat, dass die bislang angepeilte Gläubigerbeteiligung zur Stabilisierung der staatlichen Schuldensituation ausreicht. Der Ansatz, die Gläubigerbeteiligung über Verhandlungen mit den Gläubigern zu realisieren, schafft nun bereits seit über einem halben Jahr zusätzliche Unsicherheit. Diese wäre bei einer Gläubigerbeteiligung über Rückkauf der Anleihen am Markt vermeidbar gewesen.

Drittes aktuelles Beispiel ist die Unsicherheit über die Hebelung der EFSF, bei der Finanzminister Schäuble jetzt Schwierigkeiten einräumt. Diese Unsicherheit ist darauf zurückzuführen, dass die beste Lösung, nämlich die Nutzung von EZB-Liquidität über eine Banklizenz der EFSF, von Deutschland verhindert wurde.

Das Krisenmanagement ist seit Ausbruch der Krise Teil des Problems statt Teil der Lösung. Für eine umfassende Stabilisierung der europäischen Finanzmärkte braucht es dringend ein Umsteuern. Die Staats- und Regierungschefs müssen aus den Fehlern lernen und viel stärker schnelle und klare Fakten schaffen, als bewusst monatelange Phasen der Unsicherheit zu erzeugen und dann den Vertrauensverlust zu beklagen.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN


*


Quelle:
Pressemitteilung vom 10. Januar 2012, Nr. 0007
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Pressestelle
Telefon: 030/227-572 12, Fax: 030/227-5 69 62
E-Mail: presse@gruene-bundestag.de
Internet: www.gruene-bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Januar 2012