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FINANZEN/1238: Niebel betreibt Schuldverschiebung


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 29. November 2012

Niebel betreibt Schuldverschiebung



Zu den Äußerungen von Entwicklungsminister Niebel, das 0,7-Prozent-Ziel sei eine "Lebenslüge", erklären Thilo Hoppe MdB, und Ute Koczy, Sprecherin für Entwicklungspolitik:

Entwicklungsminister Dirk Niebel hört nicht damit auf, dem Bundestag dafür die Schuld in die Schuhe zu schieben, dass Deutschland seine auf internationaler Bühne gemachte Zusage nicht einhalten kann, bis 2015 mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. In einem Presseinterview verstieg sich Niebel jetzt sogar zu der Aussage "Wir dürfen nicht länger der Lebenslüge erliegen und so tun, als würden wir das Ziel erreichen können, wenn der Bundestag die Grundlage dafür nicht schafft".

Niebel kritisiert zu Recht, dass im Haushaltsverfahren des Deutschen Bundestages sein Entwicklungsetat im Vergleich zum Regierungsentwurf um 124 Millionen Euro und im Vergleich zum Vorjahr um 86,5 Millionen Euro gekürzt wurde. Der Minister verschweigt aber, dass selbst die minimale Erhöhung des Entwicklungsetats um 37 Millionen Euro, den die Bundesregierung vorgeschlagen hatte, bei weitem nicht ausgereicht hätte, um auch nur annähernd in Reichweite des 0,7-Prozent-Ziel zu kommen. Dafür hätten 2012 beginnend bis 2015 die ODA-Leistungen (official development assistance) jährlich um mindestens 1,2 Milliarden Euro gesteigert werden müssen - so, wie es auch von 372 Mitgliedern des Deutschen Bundestages in dem interfraktionellen Aufruf zu einem Entwicklungspolitischen Konsens gefordert, von uns Grünen beantragt aber von der schwarz-gelben Koalition nicht umgesetzt wurde.

Niebel hat selbst dazu beigetragen, dass sich die von der Kanzlerin und ihm immer wieder abgegebenen Bekenntnisse zum 0,7-Prozent-Ziel als Lüge erwiesen haben - nicht erst jetzt. Denn bereits im vergangenen Jahr hat er - im Gegensatz zu einigen seiner Fraktionskollegen aus dem Entwicklungsausschuss - den Aufruf zum interfraktionellen Entwicklungspolitischen Konsens nicht unterstützt.

Den Höhepunkt an schizophrenem politischen Verhalten hat er aber vor einer Woche im Deutschen Bundestag abgeliefert. Als wir mit einem Antrag das Schlimmste verhindern, die von Niebel zu Recht kritisierte Streichaktion des Haushaltsausschusses korrigieren und lediglich den ursprünglichen Regierungsentwurf verteidigen wollten, stimmte der Entwicklungsminister in der namentlichen Abstimmung mit Nein. Wenn der Minister Dirk Niebel nun ständig das Parlament kritisiert, es habe die Kürzung des Entwicklungsetats zu verantworten, dann trifft diese Kritik auch den Bundestagsabgeordneten Dirk Niebel, der genau dieser Kürzung zugestimmt hat.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 29. November 2012, Nr. 1070/12
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2012