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BUNDESTAG/3036: Heute im Bundestag Nr. 041 - 25.01.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 041
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 25. Januar 2012 Redaktionsschluss: 13:30 Uhr


1. SPD scheitert mit Antrag für schnellere Rückholung der Atomfässer aus der Asse
2. Öffentliches Fachgespräch: Effekt von Studiengebühren auf Studienbereitschaft umstritten


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1. SPD scheitert mit Antrag für schnellere Rückholung der Atomfässer aus der Asse

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/AS) Ein Antrag der SPD-Fraktion (17/8351), die Rückholung der Fässer aus dem Atommülllager Asse II zu beschleunigen, ist am Mittwoch im Umweltausschuss mit der Mehrheit der Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt worden Die Regierung bekräftigte jedoch, dass sie sich weiterhin "uneingeschränkt zur Rückholung" der Fässer bekenne. "Wir müssen anerkennen, dass die Dinge komplizierter sind als wir gedacht haben", sagte Katherina Reiche (CDU), Parlamentarische Staatsekretärin im Bundesumweltministerium. Für die kommende Woche kündigte sie einen Sachstandsbericht an, auf dem die Ergebnisse eines Fachworkshops vorgelegt werden sollen. Dort war am 18. und 19 Januar über die Schachtanlage und weitere Maßnahmen zur Beschleunigung der Rückholung der Atomabfälle beraten worden. Voraussichtlich am 10.Februar soll ein entsprechender Gesetzesentwurf vorgelegt werden. In ihrem Antrag hatte die SPD kritisiert, dass es durch die strikte Anwendung des Atomrechts zu Verzögerungen bei der Rückholung komme. Die Fraktion wollte zudem prüfen lassen, ob für eine Beschleunigung des Verfahrens die entsprechenden Paragraphen des Atomgesetzes zur Gefahrenabwehr angewandt werden könnten. Außerdem forderte sie in ihrem Antrag, der am Donnerstag im Plenum beraten wird, die Einrichtung einer Task-Force für eine schnellere Klärung des weiteren Vorgehens.

Die SPD erklärte, dass man die Dauer des Verfahrens nicht hinnehmen dürfe. Sie betonte, es müsse ein Rechtsrahmen geschaffen werden, der "unverzügliches Handeln möglich mache", sagte eine Vertreterin der Fraktion. Die Bergung sei das vordringliche Ziel. Gleichzeitig stellte sie die Frage in den Raum, ob die Landesregierung wirklich ein Interesse habe, die Fässer zu bergen. Die CDU betonte, dass die "außerordentliche Problemlage" von niemandem in Frage gestellt werde. Das "politische Ping-Pong-Spiel" müsse unterlassen werden, forderte die CDU-Abgeordnete. Das Vertrauen der Menschen vor Ort in die Politik sei in hohem Maße gestört.

Auch die FDP erklärte, dass die Zielrichtung richtig sei. Man wundere sich jedoch, dass die geforderte Task-Force auf Ministerebene eingerichtet werden solle und plädierte dafür, Fachfragen auch auf Ebene der Fachbeamten zu belassen. Die Linke machte deutlich, dass die Menschen vor Ort das Gefühl hätten, dass "es nicht vorwärts" gehe. Man brauche daher ein Verfahren, bei dem alle Ebenen miteinander kooperieren würden. Bündnis 90/Die Grünen warfen Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) vor, er habe es versäumt, seine Verantwortung wahrzunehmen. Der Minister hätte es nicht zur Chefsache gemacht. Die Verantwortung dafür liege aber beim BMU, sagte die Grünen-Abgeordnete.


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2. Öffentliches Fachgespräch: Effekt von Studiengebühren auf Studienbereitschaft umstritten

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/TYH) Ob Studiengebühren Auswirkungen auf die Studienbereitschaft in Deutschland haben, darüber herrschte bei den Sachverständigen eines öffentlichen Fachgesprächs im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochvormittag - je nach empirischer Grundlage und Erfahrung - Uneinigkeit. Seit 2005 haben in Deutschland sieben Bundesländer Studiengebühren eingeführt und fünf wieder abgeschafft. Zum Wintersemester 2012/13 werden voraussichtlich nur noch Bayern und Niedersachsen allgemeine Studiengebühren erheben.

Die Frage der Studienfinanzierung spiele bei der Entscheidung für oder gegen ein Studium eine wichtige Rolle, sagte Matthias Anbuhl vom Deutschen Gewerkschaftsbund. So sagten 69 Prozent derer, die auf ein Studium verzichteten, dass die Finanzierung ein entscheidendes Kriterium gewesen sei. Auch Christoph Heine vom HIS Hochschul-Informations-System betonte, dass die Kosten einen hohen Einfluss auf die Studienentscheidung hätten. Zwei unterschiedlichen Studien des HIS zufolge sei die Studierbereitschaft aufgrund von Gebühren gesunken. Es habe eine "länderübergreifende Verunsicherung" gegeben - und zwar auch dort, wo keine Gebühren eingeführt worden seien.

Dagegen sagte Marcel Helbig vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Studiengebühren hätten keinen Einfluss auf die Studienneigung. Wie eine entsprechende Studie des WZB ergeben habe, gilt das auch für nicht-akademische Haushalte. Jedoch sei festzustellen, dass sich mit Erhöhung der Kosten die Ertragserwartungen der Studenten an ihr Studium erhöht hätten.

Studiengebühren wirkten abschreckend und seien sozial selektiv, widersprach Bernhard Börsel, Referatsleiter Studienfinanzierung und Bildungspolitische Fragen beim Deutschen Studentenwerk. Dieser Meinung schloss sich Erik Marquardt vom "Freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften" an. Bildung sei ein Menschenrecht, das der Staat sicherstellen müsse, forderte er.

Zwar hätten Studiengebühren lediglich Einfluss auf einen niedrigen Prozentsatz der breiten Masse von Studienberechtigten, meinte Michael Hartmann, Professor für Elite- und Organisationssoziologie an der Technischen Universität Darmstadt. Jedoch läge der Einfluss im kleinen Segment - etwa bei Frauen aus Arbeiterfamilien - im hohen zweistelligen Prozentbereich. Zudem wirkten Studiengebühren in Höhe von 500 Euro nicht unbedingt abschreckend, jedoch bestehe immer die Gefahr einer Erhöhung. Als Beispiel nannte Hartmann Großbritannien: Hier seien die Studiengebühren von anfangs 1000 Pfund auf durchschnittlich 8000 Pfund gestiegen.

Bayern sei trotz Studiengebühren weiterhin ein Zuzugsland für Studenten, betonte Wolfgang Heubisch (FDP), bayerischer Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Zudem seien die Studiengebühren sozial verträglich: Rund ein Drittel der Studierenden ist laut Heubisch von den Gebühren befreit, darüber hinaus gebe es das Modell der nachgelagerten Studienbeiträge. Hierbei hätten die Studierende die Möglichkeit, die Gebühren zurückzuzahlen, wenn sie nach dem Studium einen Arbeitsplatz und eine bestimmte Einkommensgrenze erreicht haben.

Wie Andreas Schleicher von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sagte, haben sich nachgelagerte Studiengebühren im europäischen Vergleich positiv ausgewirkt. Jedoch reichten nachgelagerte und einkommensabhängige Darlehen allein nicht aus. Daneben müsse es nach sozialen Kriterien differenzierte, nicht zurückzuzahlende Leistungen geben.

Nicht die Studiengebühren an sich seien das Problem, sondern der "Block der Studienfinanzierung insgesamt", meinte Christiane Konegen-Grenier vom Institut der deutschen Wirtschaft. Das aktuelle System unterstütze Studierende aus hochschulfernen und einkommensschwachen Schichten nicht ausreichend. Als Lösung nannte sie gezieltere Förderung statt kostenfreies Studium. Mathias Winde vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft betonte die Wichtigkeit von Studiengebühren: Das Geld werde an den Hochschulen benötigt.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 041 - 25. Januar 2012 - 13:30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2012