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BUNDESTAG/3139: Heute im Bundestag Nr. 144 - 21.03.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 144
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 21. März 2012 Redaktionsschluss: 10:50 Uhr


1. Experten sind über den Nutzen eines Finanzmarktwächters uneinig
2. Regierung: Auch Trennbankensystem hat Risiken
3. Im Bundestag notiert: Die Förderung von Wärmepumpen


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1. Experten sind über den Nutzen eines Finanzmarktwächters uneinig

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Anhörung)

Berlin: (hib/EIS) Die Bundesregierung soll im Interesse der Verbraucher einen Finanzmarktwächter einrichten, fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (17/6503), der Grundlage einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am Mittwochvormittag war. Die Grünen wollen, dass die Regierung den Verbraucherzentrale Bundesverband mit der Aufgabe betraut, eine Interessenvertretung für Verbraucher auf den Finanzmärkten, den sogenannten Finanzmarktwächter, zu schaffen und ihn mit angemessenen Haushaltsmitteln ausstattet.

Michael Sell von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) begrüßte, dass der Wächter nach den Plänen der Grünen nicht an die BaFin angebunden werden soll. "Denn die Finanzdienstleistungsaufsicht ist nur im kollektiven Verbraucherschutz tätig", sagte er. "Der Wächter ist eine parteiische Rolle, die die BaFin nicht erfüllen kann." Sell befürchtete, dass die Schaffung eines Finanzmarktwächters zu einem Interessenkonflikt führen werde, weil diese neue Institution einerseits den Verbraucher schützen, andererseits jedoch eine halbstaatliche Kontrollfunktion übernehmen soll.

Gerhard Hoffmann vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken bezweifelte den Zusatznutzen, der durch einen Finanzmarktwächter entsteht: "Es gab bereits weitreichende gesetzliche Änderungen in den letzten Jahren." Dass Interessensvertretungen wie die Verbraucherzentralen Funktion übernehmen sollen, die der hoheitlichen Aufgabe der Überwachung entspricht, lehnte Hoffmann ab. "Das kann zu enormen Haftungsrisiken führen", sagte er.

Herbert Jütten vom Bundesverband Deutscher Banken sah die BaFin für die Zukunft genügend gestärkt, auch die Interessen der Verbraucher in Fragen der Finanzdienstleistung zu schützen. "Die BaFin erhält alle Kundenbeschwerden und kann entscheiden, ob sie sich Berater, über die Beschwerden vorliegen, ansieht", sagte er. "Wir brauchen keine weitere Einrichtung, die Kundenbeschwerden nachgeht."

Das sah Stephan Kühnlenz von der Stiftung Warentest anders: "Jede Maßnahme, die dem Schutz der Verbraucher dient, ist gut." Seiner Ansicht nach muss neben der Bereitstellung von Tests den Verbrauchern die Möglichkeit geboten werden, Missstände anzuzeigen. "Wir können durch Tests den Wächter unterstützen", sagte er. Auf diese Weise könnte an die Arbeit der Verbraucherschutzorganisationen wirkungsvoll angeknüpft werden.

Auch Gerd Billen von der Verbraucherzentrale Bundesverband erläuterte die Notwendigkeit der Ausweitung des Verbraucherschutzes: "Finanzprodukte werden heute überall und bei jeder Gelegenheit angeboten." Sowohl in Bäckereien als auch bei Fußballspielen werde offensiv für Geldanlagen geworben. "Und viele Menschen kommen in die Rechtsberatung der Verbraucherschutzorganisationen, weil sie unzufrieden sind", sagte Billen, der eine neue Architektur im Bereich der Finanzaufsicht und der Finanzmarktbeobachtung forderte. "Dafür braucht der Finanzmarktwächter keine hoheitlichen Aufgaben", entgegnete er Vorrednern wie Gerhard Hoffmann und Herbert Jütten.

"Eine Ratingagentur für Verbraucher und Anbieterprodukte könne wir uns nicht leisten", sagte der Verbraucherschützer. "Aber die Verbraucher brauchen solch ein Angebot." Billen merkte an, dass es in dieser Frage nicht um einen Finanz-TÜV gehe, denn auch risikoreiche Produkte würden zu bestimmten Anlegern passen. "Das Risiko muss ihnen nicht abgenommen werden."

Günter Hörmann von der Verbraucherzentrale Hamburg stellte fest, dass die am meisten verbreitete Geldanlage in Deutschland Versicherungen sind. "Versicherungen sind zugleich die Geldanlage, die die größten Schäden verursachen, weil drei von vier Versicherungsnehmern vorzeitig aussteigen", sagte er. Deshalb dürfe nicht der Fokus nur auf den Anleger gelegt werden, auch die Anbieter seien in der Pflicht.

"Der Finanzmarktwächter ist als eine zivilgesellschaftliche Institution zu verstehen, der Anbieter kontrolliert." Deshalb solle der Wächter an Verbraucherschutzorganisationen angelehnt werden, denn in den Organisationen würden Tag für Tag die Probleme der Verbraucher auf den Tisch gelegt. Das sei ein enormer Wissensschatz, der zum Nutzen aller gehoben werden müsse.

Jürgen Keßler von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin kritisierte, dass dem Verbraucher nur noch eine passive Rolle zugemessen werde. "Die Märkte werden nicht von den Unternehmen untereinander determiniert", sagte er. Der Verbraucher entscheide am Ende, welches Produkt er kauft. Deshalb forderte er, statt einem Wächter die Aufgabe des Schutzes der Verbraucher anzuvertrauen, die Markttransparenz zu verbessern und den Verbrauchern die Möglichkeit einzuräumen, ihre Stimme gebündelt ins Gewicht zu bringen.

Achim Tiffe vom Institut für Finanzdienstleistungen Hamburg sah den Staat in der Pflicht, mehr in die Verbraucherforschung zu investieren. "Es gibt keine regelmäßigen Berichte und man weiß nicht, wie die Situation der Verbraucher wirklich aussieht", sagte er. An Einrichtungen wie der BaFin und auch den Verbraucherschutzzentralen kritisierte er, dass der Verbraucher nicht weiß, was mit seiner Beschwerde passiert. Auch sei es ein grundsätzliches Problem, dass der Verbraucherschutz nicht in der BaFin und in den Verbraucherzentralen gesetzlich verankert sei.


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2. Regierung: Auch Trennbankensystem hat Risiken

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung ist nicht davon überzeugt, dass durch eine Trennung des Investment- vom klassischen Bankensystem systemische Risiken ausgeschlossen werden können. In einer Antwort (17/8935) auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion (17/8631) schreibt die Bundesregierung: "Unabhängig davon, ob ein Universalbanken oder ein Trennbankensystem besteht, könnte es auch in Zukunft erforderlich sein, Institute zu stabilisieren, um systemgefährdende Ansteckungs- und Zweitrundeneffekte zu vermeiden." Bei allen Diskussionen über ein Trennbankensystem sollte nach Ansicht der Regierung berücksichtigt werden, "dass der deutsche Bankenmarkt beim Geschäft mit Privatkunden und mit kleinen und mittleren Unternehmen durch Volksbanken und Sparkassen dominiert wird, deren Geschäftsausrichtung das klassische Bankgeschäft im heimischen Markt ist und die zudem über einen umfassenden Einlagenschutz verfügen".


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3. Im Bundestag notiert: Die Förderung von Wärmepumpen

Umwelt/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AS) Die Förderung von Wärmepumpen ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen (17/8974). Darin fragen die Abgeordneten, welche Rolle Wärmepumpen innerhalb des Energiekonzepts der Bundesregierung spielen. Zudem möchte die Fraktion wissen, wie die Regierung den energiewirtschaftlichen Nutzen dieser Pumpen im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien im Wärmebereich bewertet. Außerdem erkundigen sich die Grünen nach der Leistung der elektrischen Wärmepumpen in Deutschland. Wärmepumpen wandeln Energie aus der Umwelt, das heißt Wärme aus dem Erdreich, der Luft und dem Grundwasser unter Nutzung von elektrischer Energie in Warmwasser, Heizwärme und Kühlung um.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 144 - 21. März 2012 - 10:50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2012