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BUNDESTAG/3162: Heute im Bundestag Nr. 167 - 28.03.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 167
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 28. März 2012 Redaktionsschluss: 15:20 Uhr



1. Bundesbildungsbericht: Ausbildungslage für Jugendliche hat sich verbessert
2. Finanzwirtschaft beklagt bürokratische Auswüchse des Anlegerschutzes
3. Experten: Fragmentierung der Entwicklungszusammenarbeit muss verringert werden
4. CDU/CSU und FDP legen Gesetzentwurf zur Änderungen der Europäischen Verträge für ESM vor
5. Grüne fordern Verbot von Mengenrabatte auf Antibiotika in der Tierhaltung
6. Regierung will ein freiwilliges Regionalsiegel für Lebensmittel erproben

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1. Bundesbildungsbericht: Ausbildungslage für Jugendliche hat sich verbessert

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) Insgesamt hat sich die Ausbildungslage im Jahr 2011 in Deutschland deutlich verbessert. Das wurde durch den Bundesbildungsbericht 2011 der Bundesregierung (17/5400) deutlich. Der Parlamentarische Staatssekretär, Helge Braun (CDU), sagte am Mittwochvormittag im Paul-Löbe-Haus in Berlin: "Die Bilanz ist erfreulich." Angesichts der Zunahme an Studierwilligen, sei es in der Zukunft umso wichtiger, hochqualifizierte Ausbildungsplätze anzubieten.

Erneut habe es zum Ende des Ausbildungsjahres mehr offene Stellen als unversorgte Bewerber gegeben. Demnach waren am Stichtag 30. September 2010 noch 19.605 Ausbildungsstellen unbesetzt, während 12.255 Bewerber einen Ausbildungsplatz suchten. Die Zahl der offenen Stellen ist damit um 13,6 Prozent gestiegen (in den neuen Bundesländern um 38,6 Prozent), die Zahl der unversorgten Bewerber um 21,8 Prozent gesunken. Vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2010 wurden bundesweit 560.073 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Im Jahr zuvor waren es 564.307. Das läge aber vor allem an der demographischen Entwicklung, hieß es im Ausschuss.

Bündnis 90/Die Grünen bemängelten, dass überhaupt nur 22,5 Prozent der Betriebe ausbilden. In manchen Branchen sei der Fachkräftemangel hausgemacht. Ferner kritisierten die Grünen, dass es nach wie vor eine große Zahl von Bewerbern gäbe, denen der Übergang von der Schule in die Ausbildung nicht sofort gelinge. Das würde den Staat Geld kosten und die Fortbildung der Jugendlichen würde ebenfalls nicht ausreichend betrieben.

Die Union sieht sich durch den Erfolg des dualen Ausbildungssystems bestätigt. Darunter versteht man die Ausbildung im Betrieb und in der Berufsschule. Die CDU/CSU machte noch einmal deutlich, wie wichtig eine duale Ausbildung sei. Das Credo, so viel betriebliche Ausbildung wie möglich, und so viel außerbetriebliche Ausbildung wie nötig, habe sich bewährt.

Die SPD merkte unter anderem an, dass das duale Ausbildungssystem, trotz einiger Mängel in der Umsetzung, bereits Aufmerksamkeit in der EU gefunden habe. Nun müsse man überlegen, ob man das Modell nicht auch in den finanziell leidenden Staaten Südeuropas einführt, um die Jugendarbeitslosigkeit, die dort teilweise bei 40 Prozent liegt, zu drosseln.

Besorgt äußerte sich die Union zu den 1,48 Millionen jungen Menschen bis 29 Jahren, die überhaupt keine Ausbildung machen würden. Und auch die Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sei nicht zufriedenstellend. Man müsse als Volkswirtschaft alle Potentiale nutzen.

Die Linke untermauerte die Situation junger Menschen mit Migrationshintergrund mit Zahlen: Obwohl diese Jugendlichen immer häufiger ganz passable Realschulabschlüsse vorweisen könnten, erhielten zwei Drittel von ihnen anschließend keinen Ausbildungsplatz.

Die FDP, die den eingeschlagenen Weg insgesamt ausdrücklich begrüßte, forderte eine weitere Verzahnung von Aus- und Weiterbildung.

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2. Finanzwirtschaft beklagt bürokratische Auswüchse des Anlegerschutzes

Finanzausschuss/(Anhörung)

Berlin: (hib/HLE) Banken und Emittenten von Wertpapieren haben sich in einer Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch über die geplante Änderung des Börsengesetzes zu bürokratischen Vorschriften beklagt. Ein Kapitalmarktexperte hielt der Bundesregierung vor, den Anlegerschutz an wichtigen Stellen zu opfern.

In der Anhörung ging es um den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2010/73/EU und zur Änderung des Börsengesetzes (17/8684). Nach der Änderung der EU-Richtlinie über Wertpapierprospekte muss das deutsche Recht entsprechend angepasst werden. In dem Gesetzentwurf geht es auch darum, den bürokratischen Aufwand zu verringern. So werden im Bereich des Wertpapierprospektgesetzes bestimmte Obergrenzen und Schwellenwerte für Ausnahmen von der Prospektpflicht erhöht. Auch soll es Erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme geben.

Die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Spitzenorganisationen der deutschen Banken, beklagte in ihrer Stellungnahme die geplante zeitliche Begrenzung von Basisprospekten für Wertpapiere. Dies stelle einen wesentlichen Nachteil für Wertpapiere dar, die nicht nur einmalig während der Zeichnungsphase, sondern dauerhaft öffentlich angeboten werden würden. So müssten wesentliche Bestandteile der Dokumentation spätestens nach Ablauf von zwei Jahren neu erstellt oder bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) neu hinterlegt werden. Da sich das Angebot auf das gleiche Wertpapier beziehe, würden sich keine neuen oder geänderten Informationen ergeben, dafür aber "weitreichende bürokratische Aufwendungen bei den Emittenten".

Auch der Deutsche Derivate-Verband beklagte, dass für Altprodukte neue Prospekte erstellt werden müssten. Betroffen seien mehrere hunderttausend Wertpapieremissionen. Der Verband verwies darauf, dass an der Stuttgarter Börse am 22. März 812.141 strukturierte Produkte im Angebot gewesen seien. Für 243.724 dieser strukturierten Produkte müsste nach der geplanten Vorschrift ein neuer Prospekt erstellt werden. "Dies wird zu einem enormen Aufwand für Emittenten sowie auch für die BaFin führen. Jährlich werden viele hunderttausende neue strukturierte Produkte emittiert", hieß es in der Stellungnahme des Derivate-Verbandes. Der Vertreter der Deutschen Börse (Frankfurt/Main) wies darauf hin, dass sich die Zahl der strukturierten Produkte sogar der Millionen-Grenze nähere. Als Grund sagte er: "Es ist ein Markt dafür da." Aus seiner Sicht handelt es sich bei dem Gesetzentwurf um eine gelungene Umsetzung der EU-Richtlinie.

Ganz anders argumentierte Rechtsanwalt Peter Mattil (München), dessen Kanzlei geschädigte Anleger vertritt: "Unserer Ansicht nach wird der Anlegerschutz an einigen wichtigen Stellen, zur Erreichung der Vollendung des Binnenmarktes, geopfert." Mattil schilderte ein Beispiel: Ein Emittent mit Sitz in Frankreich verwende einen Wertpapierprospekt für Zertifikate ausschließlich zum Vertrieb an deutsche Kleinanleger. Der Prospekt sei abwechselnd in englischer und französischer Sprache verfasst. "Im Falle einer Streitigkeit muss der Anleger den Prospekt auf seine Kosten übersetzen lassen und in Frankreich nach französischem Recht klagen. Ein Verbraucher, der beispielsweise Zertifikate für 5.000 Euro erworben hat, muss also zigtausend Euro für die Übersetzung des Prospekts aufbringen und sich sodann einen Anwalt in Paris suchen, der sich mit ihm verständigen kann. Ein völlig aussichtsloses Unterfangen, das jeglichen Rechtsstreit im Keim erstickt", schrieb Mattil. Er erklärte, dass Deutschland schon lange zum "Eldorado für Emittenten" geworden sei und unterlegte dies mit Zahlen: An der Pariser EURONEXT würden etwa 26.000 strukturierte Produkte gehandelt, an der Deutschen Börse über 800.000.

Allerdings räumte auch der Rechtsanwalt ein, dass die Verpflichtung, alle zwölf Monate einen neuen Prospekt für ein Wertpapier vorzulegen, "etwas viel" sei. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hielt eine Verbesserung der Situation durch die Pflicht zur Neuvorlage der Prospekte für möglich, "auch wenn man den Verwaltungsaufwand nicht ins unermessliche steigern sollte".

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3. Experten: Fragmentierung der Entwicklungszusammenarbeit muss verringert werden

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Anhörung)

Berlin: (hib/HAU) Die durch eine Vielzahl von Gebern entstandene Fragmentierung der Entwicklungszusammenarbeit muss verringert werden. In dieser Forderung waren sich die zu einer Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Mittwoch geladenen Experten weitgehend einig. Die Frage, ob dieses Ziel eher auf dem Wege der bilateralen oder der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit erreicht werden kann, konnte hingegen nicht klar beantwortet werden.

Eine pauschale Bewertung sei nicht möglich, sagte Tobias Hauschild von der Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam Deutschland. Eine gut koordinierte bilaterale Entwicklungszusammenarbeit könne durchaus von Wert sein. Um die Wirksamkeit der bilaterale Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen, müsse sie "multilateralisiert" werden, forderte er. Hauschild verwies auf die zunehmende Gebervielfalt, die zu immer höheren Transaktionskosten führe und die Partnerländer belaste. "Es herrscht die Tendenz, dass es immer mehr Geber mit immer weniger Geld gibt." Seiner Ansicht nach kann eine multilaterale Entwicklungszusammenarbeit dem entgegenwirken. Zumindest müsse sich die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit "immer mehr am multilateralen Handeln orientieren".

Von einem "multilateralen Geberchaos" sprach der OECD-Forschungsdirektor Helmut Reisen angesichts von 280 multilateralen Institutionen. Das führe zu "inneffizienten Dopplungen", sagte er. Bei der Frage "bilateral oder multilateral" müsse man abwägen zwischen dem Wunsch nach Kontrolle, Verantwortung und Sichtbarmachung auf der einen Seite und positiven Effekten bei der Präsens vor Ort auf der anderen Seite. Deutschland, so Reisens Forderung, müsse sich entscheiden, ob es mehr auf bilaterale Entwicklungszusammenarbeit setze oder stärker auf die multilateralen Prozesse einwirken wolle. Für Stephan Klingebiel, Leiter der Abteilung bi- und multilaterale Entwicklungspolitik beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik, stellt sich nicht die Frage nach bilateral oder multilateral. "In der Realität haben wir es mit Sonder- und Mischformen zu tun", sagte der Politologe. Die Frage, ob und welche Vorteile das eine oder das andere System hat, sollte vorrangig aus der Perspektive der Partnerseite bewertet werden, forderte Klingebiel. Wenn ein fragmentiertes System für die Partnerseite nachteilig sei, müsse viel grundsätzlicher über die Angebotsstruktur der Geberseite geredet werden.

Neben der Frage von Vorteilen der bilateralen und der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit wurde während der Anhörung auch über feste Quoten bei der Aufteilung von Geldern diskutiert. Die von Deutschland fixierte feste Quote für den Anteil der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit sei eine "selbst auferlegte Fessel", sagte Thomas Fues, Leiter der Abteilung Ausbildung beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik. "Mit dieser Vorfestlegung wird das Pferd von hinten aufgezäumt", sagte er. Wenn Deutschland seinen Einfluss in den internationalen Organisationen wahren und selbst Kooperationen zur Schaffung globaler Regelwerke mitgestalten wolle, müsse die Quote auf den Prüfstand, forderte der Ökonom. Auch Klaus Schilder von der Nichtregierungsorganisation Global Policy Forum Europe sprach sich gegen eine feste Quote aus. Durch sie bestehe die Gefahr, dass sinnvolle Maßnahmen aus Quotierungszwängen nicht oder nicht in ausreichendem Maße erfolgen könnten. Unter der durch die feste Quote bedingte Bevorzugung bilateraler Programme könne die politische Unterstützung Deutschlands für multilaterale Initiativen leiden, warnte er.

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4. CDU/CSU und FDP legen Gesetzentwurf zur Änderungen der Europäischen Verträge für ESM vor

Europa/Antrag

Berlin: (hib/AS) Für die Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) muss der Bundestag einer Änderung der Europäischen Verträge zustimmen. Mit dem Gesetzentwurf (17/9047), der am Donnerstag im Plenum debattiert wird, erfolgt die Zustimmung zur Änderung des Artikels 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). CDU/CSU und FDP legten dazu einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Er sieht vor, dass die EU-Verträge dahingehend geändert werden, dass alle Euro-Länder einen Stabilitätsmechanismus einrichten dürfen. Der ESM soll aktiviert werden, wenn die Stabilität des Währungsgebietes in Gefahr ist. "Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen", heißt es in dem Gesetzentwurf.

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5. Grüne fordern Verbot von Mengenrabatte auf Antibiotika in der Tierhaltung

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung in einem Antrag (17/9068) auf, die Bedingungen in der Tierhaltung grundlegend zu verändern. Die Sozialdemokraten wollen unter anderem durch die Festsetzung von maximalen Wachstumsraten und durch die Bestimmung einer tierartbezogenen Mindestmastdauer die Mastzeiten verlängern, um der unnötigen Vergabe von Antibiotika vorzubeugen. Des Weiteren wird gefordert, Mengenrabatte auf Antibiotika zu verbieten.

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6. Regierung will ein freiwilliges Regionalsiegel für Lebensmittel erproben

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Die Einführung eines freiwilligen "Regionalfensters" auf Nahrungsmittelverpackungen zur Kennzeichnung von in der Region produzierten Lebensmitteln soll bis Ende 2012 erfolgen. Das geht aus einer Antwort (17/9011) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion (17/8812) hervor. Dazu heißt es weiter, dass eine Erprobung und Einführung dieses Siegels durch einen noch zu gründenden Verein erfolgen soll. Die SPD hatte mit ihrer Anfrage eine Aussage von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) aufgegriffen, die anlässlich der Internationalen Grünen Woche 2012 angekündigt hatte, ein entsprechendes Konzept für ein Regionalsiegel entwickeln und vorlegen zu wollen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 167 - 28. März 2012 - 15:20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. März 2012