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BUNDESTAG/3336: Heute im Bundestag Nr. 341 - 17.07.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 341
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 17. Juli 2012 Redaktionsschluss: 15:00 Uhr

1. Aufgaben der Postbeamtenversorgungskasse werden verlagert
2. Schlecker konnte keine Insolvenzverschleppung begehen
3. Regierung: Zu viel Transparenz schadet dem Wettbewerb
4. Bundesregierung befürchtet Verletzung deutscher Souveränität durch US-Gerichte
5. Großtrappen in Deutschland sind akut gefährdet
6. Bündnis 90/Die Grünen fragt nach Finanzierung der Maßnahmen zur biologischen Vielfalt
7. Linke fordert Informationen über AKW Cattenom nach EU-Stresstest
8. Grüne fragen nach Entwicklung der individuellen Gesundheitsleistungen
9. Grüne fragen nach Lage von hörbeeinträchtigten Menschen in Deutschland
10. Bündnis 90/Die Grünen erkundigen sich nach Cannabis für Forschungszwecke



1. Aufgaben der Postbeamtenversorgungskasse werden verlagert

Finanzen/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Die Aufgaben der Postbeamtenversorgungskasse werden auf die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost übertragen. Dies sieht der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Postbeamtenversorgungskasse (17/10307) vor. Der Bundesrechnungshof habe die Rechtsform "eingetragener Verein" der Postbeamtenversorgungskasse kritisiert und eine öffentlich-rechtliche Einrichtung gefordert, da die Erbringung von Versorgungs- und Beihilfeleistungen an Versorgungsempfänger des Bundes sowie deren Hinterbliebene durch einen privatrechtlichen Verein als Dauerlösung kritisch zu sehen sei, begründet die Bundesregierung den Gesetzentwurf. Dabei hatte der Rechnungshof auch auf die erheblichen finanziellen Zuweisungen des Bundes verwiesen, die im Jahre 2010 und 2011 bei jeweils rund sechs Milliarden Euro gelegen hatten und in diesem Jahr 6,755 Milliarden Euro betragen sollen.

Der Gesetzentwurf enthält "aufgrund der in der Vergangenheit mit diesen Instrumenten gemachten positiven Erfahrungen" eine Regelung zur Verlängerung des Vorruhestandes für die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten für weitere vier Jahre. Außerdem ist eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass unternehmensspezifischer Regelungen zur Altersteilzeitbeschäftigung von Beamten vorgesehen.

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2. Schlecker konnte keine Insolvenzverschleppung begehen

Wirtschaft und Technologie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung kann "keine gesicherte Aussage darüber treffen, welches die maßgeblichen Gründe für die Insolvenz von Schlecker gewesen sind". Es sei auch reine Spekulation, ob eine andere Rechtsform Schlecker vor der Insolvenz bewahrt hätte, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (17/10267) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/10025). In diesem Zusammenhang verweist die Regierung darauf, dass das Gesetz für alle natürlichen Personen ein Recht, aber keine Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages vorsehe. Die Antragspflicht bestehe für insolvente juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person unbeschränkt hafte. "Ein als eingetragener Kaufmann handelnder Unternehmer kann mithin im Zusammenhang mit der eigenen Insolvenz keine Insolvenzverschleppung begehen", schreibt die Bundesregierung.

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3. Regierung: Zu viel Transparenz schadet dem Wettbewerb

Wirtschaft und Technologie (Unterrichtung)

Berlin: (hib/HLE) Zu viel Transparenz bei den Benzinpreisen kann nach Ansicht der Bundesregierung den besonders schutzwürdigen kleinen und mittleren Tankstellenunternehmen schaden. Wie aus der Gegenäußerung der Bundesregierung (17/10253) zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas (17/10060) hervorgeht, würde die geforderte Pflicht zur Meldung jeder Änderung der Endkundenpreise den bürokratischen Aufwand unverhältnismäßig erhöhen. Im Gesetzentwurf der Regierung ist eine wöchentliche Sammelmeldung der Preise vorgesehen. Hinzu komme noch ein weiteres Argument: "Die Bundesregierung teilt zudem die Befürchtung der freien Tankstellen, dass die großen Mineralölgesellschaften 'störenden Wettbewerb' durch die freien Tankstellen durch eine Veröffentlichung der Endkundenpreise noch leichter identifizieren und durch gezieltes Unterbieten der Preise unterbinden können." Die erhöhte Preistransparenz mache es den großen Konzernen noch leichter, die freien Tankstellen aus dem Markt zu drängen. Auch eine Preisregulierung durch eine gesetzlich normierte Benzinpreisbremse wird von der Regierung "schon aus grundsätzlichen ordnungspolitischen Erwägungen" abgelehnt.

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4. Bundesregierung befürchtet Verletzung deutscher Souveränität durch US-Gerichte

Recht/Antwort

Berlin: (hib/ISA) Die Bundesregierung zeigt sich besorgt über eine mögliche Verletzung deutscher Souveränitätsinteressen durch die Rechtsprechung von Gerichten in den USA. Dies geht aus ihrer Antwort (17/9867) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/9687) hervor. In der Antwort nimmt die Regierung Stellung zu ihrer Einmischung in den Rechtsstreit "Kiobel versus Shell" mittels eines "amicus curiae briefs". Diese im angelsächsischen Rechtssystem zulässige Intervention hat eine beratende Funktion, besitzt jedoch keine Entscheidungskraft. Diese Option ermöglichte es der Bundesregierung, ihre Zweifel über die Zuständigkeit von U.S.-Gerichte für den Fall anzubringen.

Gegenstand des Verfahrens "Kiobel versus Shell" ist laut Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die im U.S. Supreme Court eingereichte Klage Esther Kiobels im Namen des im Nigerdelta ansässigen Ogoni-Volkes gegen die Royal Dutch Shell und deren nigerianische Tochtergesellschaft Shell Petroleum Development Company of Nigeria (SPDC). Den Angeklagten werde demnach eine Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstößen gegen das Völkerrecht vorgeworfen, darunter Folter und Hinrichtung führender Mitglieder der Organisation "Movement for the Survival of the Ogoni People" (MOSOP) . Zwischen 1992 und 1995 soll Shell unter anderem die militärische Niederschlagung von Protesten des Ogonivolkes finanziell unterstützt und belastende und bewusst unwahre Zeugenaussagen gekauft haben. Nun hätten die Kläger vor dem US Supreme Court Entschädigungsansprüche geltend gemacht.

Dass die Klage überhaupt vor einem US-Gerichtshof verhandelt werden kann, ohne dass es einen direkten sachlichen oder territorialen Bezug zu den USA gibt, ist durch ein seit 1789 geltendes Gesetz, das Alien Tort Statue (ATS), möglich, schreibt die Fraktion in ihrer Kleinen Anfrage. Diese erlaube US-Gerichten bei Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Akteure, Privatpersonen und Unternehmen deren Verurteilung zu Schadensersatzzahlungen, auch bei geringem territorialen Zusammenhang zu den USA. Das Gesetz stehe in der Kritik, internationale völkerrechtliche Zuständigkeiten zu verletzen und so zu möglichen Rechtunsicherheiten und Jurisdiktionskonflikten zwischen Staaten führen zu können.

Auch die Bundesregierung befürchtet in ihrer Antwort, dass eine solche Auslegung des ATS im Falle einer möglichen Klage gegen deutsche Unternehmen zu rechtlichen Unklarheiten und einer Einschränkung des internationalen Handels führen kann. Eine Ausweitung exterritorialer Rechtsprechung durch die USA dürfe es nur bei "gewisser Sachnähe" und "ausreichendem Inlandsbezug" geben, um Auseinandersetzungen zu vermeiden, heißt es in der Antwort weiter.

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5. Großtrappen in Deutschland sind akut gefährdet

Umwelt/Antwort

Berlin: (hib/AS) Die Großtrappe ist in Deutschland vom Aussterben bedroht. Derzeit leben hier noch 123 Vögel dieser Art. Diese Zahl nennt die Bundesregierung in einer Antwort (17/10191) auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion (17/9903). Die meisten der Großtrappen (otis tarda) gibt es demnach in Brandenburg. Ihre Zahl habe dort von 1939 bis 1997 dramatisch abgenommen - von 4.000 Tieren auf 57 Exemplare. Der Lebensraum der Art ist nach Einschätzung der Bundesregierung trotz des Ausbaus europäischer Vogelschutzgebiete durch die Zunahme erneuerbarer Energien "akut gefährdet". Als Ursachen nennt die Bundesregierung zum einen die regional zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft und die so genannte Vermaisung, da Maisflächen für Großtrappen keinen ausreichenden Lebensraum bieten. Zum anderen würde der Lebensraum auch durch Windparks stark eingeschränkt, weil Großtrappen Untersuchungen zufolge diese Orte meiden. Da diese Vogelart große, unzerschnittene Gebiete mit extensiver Ackerwirtschaft benötigt, sei der Großvogel auch durch die zunehmende Zersiedlung stark bedroht, heißt es in der Antwort weiter.

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6. Bündnis 90/Die Grünen fragt nach Finanzierung der Maßnahmen zur biologischen Vielfalt

Umwelt/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AS) Die Kosten für die Umsetzung der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) sind Thema einer Kleinen Anfrage (17/10248) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Darin weisen die Grünen darauf hin, dass es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage ihrer Fraktion (17/512) keine Übersicht zu den Kosten der Strategie zum Schutz der biologischen Vielfalt gegeben habe. Die Abgeordneten möchten daher wissen, ob die Bundesregierung einen Kostenplan zur Umsetzung der nationalen Biodiversitätsstrategie besitzt und welche Mittel seit dem Beschluss für eine solche Strategie eingesetzt wurden.

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7. Linke fordert Informationen über AKW Cattenom nach EU-Stresstest

Umwelt/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AS) Das französische Atomkraftwerk (AKW) Cattenom ist Gegenstand einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10238). Hintergrund ist laut Fraktion die Tatsache, dass bei den EU-Stresstests zur Sicherheit bei europäischen Atomkraftwerken im Februar 2012 erhebliche Mängel an dem Atomkraftwerk festgestellt worden seien. Sowohl die Strom- als auch die Kühlwasserversorgung des Atomkraftwerks seien bei Hochwasser und Erdbeben nicht ausreichend gesichert, heißt es in der Kleinen Anfrage. Cattenom liegt rund 20 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Die Linke möchte daher wissen, ob die Bundesregierung Informationen darüber hat, inwieweit die deutschen Grenzregionen vor oder während des Baus des Kraftwerks Belastungen durch Abwinde und Abwasser ausgesetzt waren. Außerdem fragen die Abgeordneten, inwieweit Deutschland beim Bau von Cattenom einbezogen wurde. Zudem verlangt die Fraktion Informationen über den EU-Stresstests und erkundigt sich nach entsprechenden Konsequenzen.

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8. Grüne fragen nach Entwicklung der individuellen Gesundheitsleistungen

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AS) Individuelle Gesundheitsleistungen, bekannt als IGel Leistungen, sind Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/10266). Dabei handelt es sich um Selbstzahlerleistungen für die keine Leistungspflicht von Seiten der Krankenkassen besteht und die von den Versicherten selbst übernommen werden müssen. Nach repräsentativen Umfragen werden damit, schreiben die Grünen, jährlich rund 1,5 Milliarden Euro von den Vertragsärztinnen und -ärzten eingenommen. Da viele Patientinnen und Patienten nicht in der Lage seien, zu beurteilen, inwieweit sie diese Leistungen wirklich benötigten, bestehe dabei die Gefahr einer "tendenziösen Information und Aufklärung" seitens der Ärzte, heißt es in der Kleinen Anfrage zur Begründung. Die Abgeordneten möchten daher wissen, wie die Regierung die Entwicklung dieser Leistungen einschätzt und wie sie die Tatsache bewertet, dass entgegen den bestehenden Regelungen schätzungsweise 50 bis 80 Prozent dieser Leistungen ohne schriftliche Vereinbarungen zustande kommen.

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9. Grüne fragen nach Lage von hörbeeinträchtigten Menschen in Deutschland

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AS) Die Situation hörbeeinträchtiger Menschen in Deutschland ist Thema einer Kleinen Anfrage (17/10254) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Abgeordneten weisen darauf hin, dass alle Menschen die Möglichkeiten erhalten sollten, "sich zu verständigen, dabei zu sein und mitzumachen". Es gebe aber noch immer Kommunikationsbarrieren, die hörbeeinträchtigte Menschen daran hindern würden, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Eine Möglichkeit dies abzubauen, sei das Erlernen der Gebärdensprache. Die Fraktion fragt daher die Bundesregierung danach, welche Möglichkeiten geschaffen würden, um ein Beratungsangebot zu schaffen, das sich nicht nur auf medizinisch-technische Möglichkeiten beschränkt, sondern auch die Möglichkeit erörtert, ohne ein Implantation wie beispielsweise die Cochlea-Implantation zu leben. Dabei wird Kindern kurz nach der Geburt eine elektronische Innenohrprothese eingesetzt, mit der das Hörvermögen wiederhergestellt werden soll. Die Grünen möchten wissen, inwieweit Eltern dahingehend beraten werden, auf die Implantation zu verzichten und mittels der Gebärdensprache zu kommunizieren.

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10. Bündnis 90/Die Grünen erkundigen sich nach Cannabis für Forschungszwecke

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AS) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fragt die Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage (17/10232), warum in Deutschland bislang auf die Einrichtung einer Cannabisagentur verzichtet wurde. Eine solche Agentur wäre auch nach Auffassung der Regierung eine Voraussetzung, um den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken zu erlauben. Bislang werden, schreiben die Grünen, Genehmigungen für den Anbau THC-reicher Cannabissorten (THC: Tetrahydrocannabinol), die in der medizinischen Forschung eingesetzt werden, jedoch nicht erteilt. Die Abgeordneten möchten in diesem Zusammenhang von der Regierung wissen, ob sie die Einschätzung der pharmazeutischen Industrie teilt, wonach Cannabinoide ein "innovatives Forschungsfeld" darstellen, auf dem weiterführende Therapieansätze entwickelt werden könnten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 341 - 17. Juli 2012 - 15:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2012