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BUNDESTAG/3445: Heute im Bundestag Nr. 450 - 17.10.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 450
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. Oktober 2012 Redaktionsschluss: 14:30 Uhr

1. Deutsche Finanzaufsicht wird gestärkt
2. Von der Leyen: Kürzung im Sozialetat ist Beitrag zur Haushaltskonsolidierung
3. Duales Ausbildungssystem wird zum Vorbild in Europa
4. Bundesregierung: Änderung des Römischen Statuts historischer Durchbruch



1. Deutsche Finanzaufsicht wird gestärkt

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Die Koalitionsfraktionen haben in einer Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch Befürchtungen der Wirtschaft als unbegründet zurückgewiesen, durch die Änderungen am deutschem Finanzaufsichtssystem werde es zu mehr Bürokratie kommen. Bei der Datenerhebung sei eine möglichst geringe Belastung der Unternehmen sichergestellt, sagte ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht (17/10040). Die FDP-Fraktion sprach sogar von einem "Meilenstein bei der Regulierung der nationalen Finanzmärkte". CDU/CSU- und FDP-Fraktion stimmten dem Entwurf zu, während SPD-Fraktion und Bündnis 90/Die Grünen dagegen stimmten. Die Linksfraktion enthielt sich.

Der von den Koalitionsfraktionen mit mehreren Änderungsanträgen veränderte Entwurf sieht unter anderem die Gründung eines Ausschusses für Finanzstabilität vor. Mit dem Gesetzentwurf wird der Deutschen Bundesbank die Aufgabe zugewiesen, auch zur Wahrung der Finanzstabilität beizutragen, indem sie "laufend die für die Finanzstabilität maßgeblichen Sachverhalte analysiert, um Gefahren für die Finanzstabilität zu identifizieren und gegebenenfalls Vorschläge zu Warnungen vor diesen Gefahren beziehungsweise zu Empfehlungen von Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahr zu erarbeiten". Auf dieser Grundlage solle dann der Ausschuss für Finanzstabilität gegebenenfalls Empfehlungen an zuständige nationale Stellen zur Beseitigung von Gefahren für die Finanzstabilität aussprechen. Außerdem werden die Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geändert, und es wird ein Verbraucherbeirat eingerichtet.

Die SPD-Fraktion warf der Koalition vor, das Gesetz bereits verabschieden zu wollen, ohne dass Klarheit darüber bestehe, welche Veränderungen die EU an der Finanzaufsicht vornehmen wolle. Erst wenn Klarheit über das EU-Aufsichtsregime bestehe, könne man über die deutsche Aufsicht entscheiden. Zudem sei es falsch, dem Verbraucherschutz nur einen niedrigen Stellenwert einzuräumen. Auch die Linksfraktion kritisierte die unzureichende Berücksichtigung des Anleger- und Verbraucherschutzes in dem Entwurf. Weder sei die Anregung des Bundesrates, einen Finanzmarktwächter einzuführen, berücksichtigt worden, noch werde es zur Einrichtung eines "Finanzmarkt-TÜV" kommen. Wie die anderen Oppositionsfraktionen kritisierte auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den mangelnden Verbraucher- und Anlegerschutz., der Verbraucherbeirat bei der BaFin werde "zahnlos" sein.

Die Koalitionsfraktionen wiesen die Kritik an der unzureichenden Beachtung der EU-Pläne zurück. In dem Gesetz würden Dinge geregelt, mit denen die EU nichts zu tun habe, hieß es aus der CDU/CSU-Fraktion. Auch die FDP-Fraktion wollte "nicht warten, bis der Reformprozess auf EU-Ebene abgeschlossen ist". Es gebe Defizite, die jetzt aufgearbeitet werden müssten. Wichtig sei die Stärkung der Unabhängigkeit der nationalen Finanzaufsicht.

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2. Von der Leyen: Kürzung im Sozialetat ist Beitrag zur Haushaltskonsolidierung

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Berlin: (hib/VER) Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat am Mittwochvormittag im Ausschuss für Arbeit und Soziales den Haushaltsplan 2013 ihres Ressorts (17/10200, Einzelplan 11) vorgestellt. Es ist der größte Einzel-Etat, der Ausgaben von 118,74 Milliarden vorsieht. Das sind allerdings 7,4 Milliarden Euro weniger als 2012. Die Einsparungen lobte die Ministerin als Beitrag ihres Ministeriums zur angestrebten Konsolidierung des Bundeshaushalts.

Kein anderes Ressort werde "so zur Kasse gebeten", kritisierte eine Abgeordnete der SPD-Fraktion die Kürzungen im Sozialbereich zugunsten der Konsolidierung. Das sei bereits das dritte Mal in Folge geschehen und sei somit ein "Kahlschlag über Jahre".

Hinsichtlich der aktuellen Debatte um eine mögliche Senkung der Beiträge zur Rentenversicherung erklärte von der Leyen: "Sammeln löst keine strukturellen Probleme". Damit erteilte sie dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Schaffung eines Demografie-Fonds (17/10775) eine Absage. Die Sozialdemokraten wollen mit Blick auf die demografische Entwicklung den Rentenbeitragssatz nicht wie von der Bundesregierung geplant von 19,6 auf 19,0 Prozent senken, sondern die Überschüsse aus den 0,6 Prozent in einen Fonds fließen lassen. So soll über einen längeren Zeitraum der Rentenbeitragssatz stabil bleiben.

Bereits in der vergangenen Sitzungswoche hatte das Bundestagsplenum über die Rentenpolitik der Zukunft debattiert. Am morgigen Donnerstag werden dann neun Anträge der Linksfraktion zur Rentenpolitik Thema einer einstündigen Plenardebatte sein. Am Montag, 22. Oktober 2012, wird der Ausschuss um 13:30 Uhr eine Expertenanhörung zum Thema "Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung" durchführen.

Die Redner der Koalitionsfraktionen begrüßten die Haushaltsplanung und dankten der Ministerin. Ein Abgeordneter der CDU/CSU-Fraktion verwies auf die sinkenden Arbeitslosenzahlen, von denen auch Langzeitarbeitslose profitierten. Ein FDP-Abgeordneter ergänzte, dass Deutschland um seine Arbeitsmarktzahlen "von Europa und wahrscheinlich der ganzen Welt" beneidet werde. Die Rednerin der Linksfraktion bemerkte, dass die Beschäftigungszahlen in dem Maße steigen würden, wie die Vollbeschäftigung sinke. Und eine Grünen-Abgeordnete kritisierte den Gesetzentwurf "Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung" (17/10773) der Bundesregierung: die Ausweitung der Minijobs bedeute gleichzeitig eine Ausweitung der Altersarmut. Das Gesetz war in der vergangenen Sitzungswoche in erster Lesung im Plenum beraten worden. Auch zu diesem Thema wird kommenden Montag ein öffentliches Fachgespräch stattfinden, direkt im Anschluss an die Expertenanhörung zur Rentenpolitik um 14:45 Uhr.

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3. Duales Ausbildungssystem wird zum Vorbild in Europa

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) Das duale deutsche Berufsbildungssystem erfreut sich auch im Ausland immer größerer Beliebtheit. Das unterstrichen nahezu alle Sachverständigen, die zum Öffentlichen Fachgespräch "Grenzüberschreitende Kooperation im Bereich der Berufsbildung" am Mittwochvormittag auf Einladung des Ausschusses für Bildung und Forschung in das Paul-Löbe-Haus in Berlin gekommen waren. Dem Fachgespräch lag der Berufsbildungsbericht 2012 (17/9700), die Anträge der Grünen "Mit DualPlus mehr Jugendlichen und Betrieben die Teilnahme an der dualen Ausbildung ermöglichen" (17/9586), der Antrag der SPD "Jugendliche haben ein Recht auf Ausbildung" (17/10116) und der Linken "Perspektiven für 1,5 Millionen Menschen ohne Berufsabschluss schaffen - Ausbildung für alle garantieren" (17/10856) zugrunde.

Martin Baethge, Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen an der Georg-August-Universität Göttingen, bemängelte dennoch, dass es nicht genug Transfermöglichkeiten innerhalb des Systems gebe. Die Hauptfrage der Zukunft werde sein, ob die jungen Menschen den mittleren Ausbildungsweg oder die Hochschulausbildung wählen.

Auf einen anderen Aspekt wies der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung Bonn, Friedrich Hubert Esser, hin. Er trat dafür ein, die interkulturelle Kompetenz in der Ausbildung zu stärken. Es müsse zudem präzisiert werden, was genau interkulturelle Kompetenz sei und gab selbst die Antwort: "Interkulturelle Kompetenz ist mehr als nur Sprache. Es ist die Affinität zu anderen Kulturen und die Handlungskompetenz in andern Kulturen." Dieser Aspekt müsste in die berufliche Ausbildung als fester Bestandteil eingearbeitet werden.

Günter Lambertz vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag Berlin berichtete aus seinem Arbeitsalltag über das zunehmende Interesse südeuropäischer Länder am dualen System. Attraktiv sei das deutsche duale Berufsbildungssystem für diese Länder auch, weil die Jugendarbeitslosigkeit im Vergleich zu den südeuropäischen Staaten eher niedrig ist. Lambertz warnte aber vor einer Eins-zu-eins Übertragung des Systems auf andere Länder.

Jürgen Männicke, EDUCON - Internationales Berufliches Weiterbildungsconsulting, machte auf den Aspekt der sozialen Sicherheit aufmerksam. In den Ländern, in denen es eine große Jugendarbeitslosigkeit gebe, stoße man auf verheerende soziale Spannungen. Somit diene eine qualifizierte Berufsausbildung auch dem sozialen Frieden eines Landes. Zugespitzt könnte man sagen, so Männicke: "Gebt ihnen Werkzeuge, sonst greifen sie zur Kalaschnikow."

Das Qualifikationsniveau der Absolventen sei entscheidend für die Entwicklung eines Landes, argumentierte auch Hermann Nehls vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftbundes. Ein wichtiges Kriterium sei die Ausbildungsdauer. Als Mindestzeit nannte er drei bis dreieinhalb Jahre und verwahrte sich damit gegen das angelsächsische System von "Learning on the job".

Für einen verbindlichen Katalog von Mindeststandards setzte sich Felix Rauner, Universität Bremen, Forschungsgruppe Berufsbildungsforschung, ein. Als gelungenes Beispiel für ein duales Ausbildungssystem nannte er die Handhabung in der Schweiz. Dem Land sei es entgegen dem europäischen Trend gelungen, die Attraktivität des Berufsbildungssystem im Vergleich zum Universitätsstudium zu erhöhen.

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4. Bundesregierung: Änderung des Römischen Statuts historischer Durchbruch

Menschenrechte und humanitäre Hilfe/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/BOB) Die Einigung in Kampala (Uganda) im Mai/Juni 2010 ist nach Darstellung der Bundesregierung ein historischer Durchbruch für die Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts. Die Normierung des Aggressionstatbestandes im Römischen Statut schließe eine wesentliche Lücke der völkerrechtlichen Strafbarkeit, heißt es im Gesetzentwurf des Bundesregierung (17/10975). Damit werde ein wichtiger Schritt beim Kampf gegen die Straflosigkeit schwerster Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganze betreffen, markiert. Die Einigung sei das Ergebnis eines "mühevoll errungenen Kompromisses" zwischen den Vertragsstaaten, dem jahrelange Vorberatungen vorausgegangen waren. Deutschland sei wesentlich an diesem Prozess beteiligt gewesen, so die Bundesregierung.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 450 - 17. Oktober 2012 - 14:30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2012