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BUNDESTAG/3860: Heute im Bundestag Nr. 260 - 13.05.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 260
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 13. Mai 2013 Redaktionsschluss: 17:10 Uhr

1. Notwendigkeit eines Presseauskunftsgesetzes des Bundes unter Experten umstritten
2. Umstritten: Bildungssparen und Altersvorsorge als Ergänzung zum Betreuungsgeld
3. Petentin: Dialysebehandlung "wie am Fließband"
4. Vorstoß zur Reform des Mietrechts
5. Erwerbergemeinschaft musste keine Grunderwerbsteuer bezahlen
6. Im Bundestag notiert: Finanzgerichte



1. Notwendigkeit eines Presseauskunftsgesetzes des Bundes unter Experten umstritten

Innenausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/STO) Die Notwendigkeit eines vom Bundesgesetzgeber erlassenen Presseauskunftsgesetzes ist unter Experten umstritten. Dies wurde am Montag in einer öffentlichen Sachverständigen-Anhörung des Innenausschusses zum von der SPD-Fraktion vorgelegten Gesetzentwurf "zur Auskunftspflicht von Bundesbehörden gegenüber der Presse" (17/12484) deutlich. Nach dem Willen der SPD-Fraktion soll mit dem Gesetz geregelt werden, dass Bundesbehörden gegenüber Vertretern der Presse und des Rundfunks zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe Auskünfte erteilen müssen, wenn der Auskunft keine Geheimhaltungsvorschriften entgegenstehen. Auskünfte sollen zudem nur dann verweigert werden können, wenn die Durchführung von schwebenden Gerichtsverfahren vereitelt, erschwert oder verzögert wird, schutzwürdige Privatinteressen verletzt werden oder die Veröffentlichung der angeforderten Informationen öffentliche Interessen gefährden oder schädigen.

Die Sozialdemokraten verweisen in der Vorlage auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Februar dieses Jahres, in dem die Richter festgelegt haben, dass die Pressegesetze der Bundesländer auf Bundesbehörden nicht anwendbar sind. Deshalb müsse der Bund gesetzliche Regelungen erlassen, um den presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden zu klären.

Der Stuttgarter Rechtsanwalt Professor Emanuel Burkhardt betonte, Presse, Rundfunk und Telemedien benötigten einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Auskunft gegenüber Behörden. Er halte aber die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz in dieser Frage für unzutreffend. Burkhardt fügte hinzu, sollte seine eigene Rechtsauffassung zutreffend sein, stehe die Gesetzgebungskompetenz hier den Ländern zu und nicht dem Bund. Dann bedürfe es eines entsprechenden Bundesgesetzes nicht.

Professor Matthias Cornils von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz sagte, der Weg des Bundesverwaltungsgerichts sei "verfassungsrechtlich unzutreffend". Cornils wandte gegen die Annahme des Gerichts, den Ländern fehle die Gesetzgebungszuständigkeit für die Regelung eines Auskunftsanspruchs der Medien, soweit dieser sich an Bundesbehörden richte. Die besseren Gründe sprächen dafür, dass den Ländern eine ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit für diese Frage zustehe. Fehle hier aber die Gesetzgebungskompetenz des Bundes, spreche alles dafür, abzuwarten, bis möglicherweise eine verfassungsgerichtliche Überprüfung zustande komme.

Cornelia Haß von der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union, ver.di, bezeichnete demgegenüber eine bundesgesetzliche Regelung nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als "unverzichtbar". Journalisten bräuchten einen gesetzlich ausgestalteten Auskunftsanspruch. Haß begrüßte den Vorstoß der SPD-Fraktion, auch wenn deren Entwurf Unzulänglichkeiten aufweise.

Benno Pöppelmann vom Deutschen Journalisten-Verband argumentierte, im Interesse der Rechtsklarheit sei eine schnelle Reaktion des Gesetzgebers nötig. Ihm sei bekannt, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gerichtsurteil geplant sei. Bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts müsse man aber mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts umgehen. Daher solle man nicht abwarten, sondern eine "vorsorgliche" Regelung schaffen.

Angela Rapp vom Deutschen Anwaltsverein regte an, das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) dahingehend zu ergänzen, dass es auch für die Presse gilt. Professor Michael Sachs von der Universität Köln sagte, eine bundesgesetzliche Lösung "mit dem bewussten Risiko des Kompetenzmangels" wäre am wenigsten problematisch, wenn einfach auf die jeweils maßgeblichen Landespressegesetze verwiesen würde.

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2. Umstritten: Bildungssparen und Altersvorsorge als Ergänzung zum Betreuungsgeld

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Berlin: (hib/AW) Das Vorhaben der Koalitionsfraktionen, das Betreuungsgeld durch eine Bildungssparkomponente beziehungsweise eine private Altersvorsorge zu erweitern, stößt bei Experten auf ein geteiltes Echo. In einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses zu dem von CDU/CSU und FDP vorgelegten Entwurf eines Betreuungsgeldergänzungsgesetzes (17/11315) am Montag Nachmittag begrüßten zwar zwei Vertreter der Versicherungsbranche die Gesetzesinitiative ausdrücklich, die Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge sowie der Humanwissenschaftler Michael Klundt von der Hochschule Magdeburg-Stendal lehnten das Vorhaben ebenso entschieden ab wie die Einführung des Betreuungsgeldes selbst.

Der Gesetzentwurf von Union und Liberalen sieht die Aufstockung des Betreuungsgeldes um monatlich 15 Euro vor, wenn die Bezieher es sich nicht bar auszahlen lassen, sondern für eine private Altersvorsorge oder für ein Studium beziehungsweise Ausbildung ihres Kindes ansparen und in eine entsprechende Versicherung investieren. Das Betreuungsgeld in Höhe von monatlich 150 Euro erhalten ab August dieses Jahres alle Eltern, die ihre ein- und zweijährigen Kinder nicht in einer staatlich geförderten Betreuungseinrichtung betreuen lassen.

Diesen Ansatz lehnten Norbert Hocke vom GEW-Hauptvorstand, Reiner Höft-Dzemski vom Deutschen Verein und Klundt übereinstimmend als eine doppelte Benachteiligung ab. So würden Eltern, die ihre Kinder in einer Kita oder in der Tagespflege betreuen lassen, zum einen benachteiligt, weil sie kein Betreuungsgeld erhielten. Zum anderen seien sie dann auch noch von der staatlichen Förderung für diese Form der privaten Altersvorsorge oder vom Bildungssparen ausgeschlossen. Hocke und Klundt plädierten hingegen für ein kosten- und gebührenfreies Bildungssystem, das bei der frühkindlichen Bildung in der Kita beginnen müsse. Nur so sei ein gerechtes Bildungssystem für alle unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem sozialen Status möglich. Die drei Sachverständigen wiesen darauf hin, dass junge Familien bereits durch eine Reihe private Vorsorgeversicherungen für ihre Kinder finanziell belastet seien. Eine zusätzliche Versicherung zwecks Altersvorsorge oder Bildung, die über den Förderraum von zwei Jahren während des Bezugs des Betreuungsgeldes hinaus ginge, könnten sich somit nur Familien mit mittlerem oder höherem Einkommen leisten.

Auf dieses Problem kamen auch Udo Corts von der Deutschen Vermögensberatung und Peter Schwark vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zu sprechen. In der Tat machten im Bereich der Altersvorsorge und des Bildungssparen nur längerfristige Versicherungsmodelle Sinn, um genügend Kapital anzusparen, mit dem sich beispielsweise nach einem Versicherungszeitraum von 18 Jahren ein Studium teilweise finanzieren ließe. Corts und Schwark verteidigten dieses Modell trotzdem vehement. Die Möglichkeit eines Bildungssparens sei angesichts der eher niedrigen Bafög-Sätze, mit denen allein die Kosten für ein Studium nicht zu bewältigen seien, eine gute Investition in die Zukunft der Kinder, argumentierte Corts.

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3. Petentin: Dialysebehandlung "wie am Fließband"

Petitionsausschuss

Berlin: (hib/HAU) Heftige Kritik an der Absenkung der Sachkostenpauschale für Dialysebehandlungen übte die Petentin Monika Centmayer vom Selbsthilfeverein "Niere Baden-Württemberg" am Montagnachmittag in der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses. Während es früher auch eine seelische Betreuung gegeben habe, erfolge die Behandlung heute "wie am Fleißband", weil in Folge der Kürzungen der Druck auf das Pflegepersonal erheblich gestiegen sei, sagte Centmayer, die selbst auf die Dialyse angewiesen ist. "Der Mensch als Individuum spielt im Sozialstaat Deutschland kaum noch eine Rolle", kritisierte sie. Centmayer nahm Bezug auf dem Amtseid von Ministern, in dem diese versprächen, ihre Kraft "dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen". Die Kürzung der Pauschale sei aber in keinem Falle "zum Wohle der Patienten", lautete ihr Fazit. Auch der Verweis auf die Stärkung der Prävention ändere an dieser Einschätzung nichts. "Prävention und Vorsorge sind gut, weil dadurch die Dialyse verhindert oder zumindest heraus gezögert werden kann", sagte Centmayer. Die Stärkung der Vorsorge dürfe aber nicht zu Lasten derjenigen erfolgen, die schon in der Dialyse sind, machte sie deutlich.

Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG) Thomas Ilka verwies darauf, dass die Entscheidung für die Absenkung der Sachkostenpauschale für Dialysebehandlungen nicht von der Politik, sondern durch die Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen gefällt worden sei. Man habe die Entscheidung aus "guten Gründen" dahin gelegt, sagte er. Eine Verschlechterung der Versorgung als Folge der Kürzung sei nicht zu erwarten, betonte der Staatssekretär. In dem mehrstufigen Überprüfungssystem gebe es "genug Bremsen, die greifen, wenn etwas in die falsche Richtung gehen sollte".

Der Kritik der Petentin und auch einiger Ausschussmitglieder, wonach bei der Kostenermittlung des Bewertungsausschusses in Folge fehlender eigener Zahlen auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes zurückgegriffen wurde, die vom Amt selber als nicht ausreichend belastbar eingeschätzt wurden, trat ein weiterer Ministeriumsvertreter entgegen. Man habe die Datengrundlage durch eigene Daten erweitert, sagte er. Die Standartabweichung liege daher nicht mehr bei über 15 Prozent, sondern lediglich bei 4,3 Prozent. Festgestellt worden sei bei den Berechnungen ein Senkungspotenzial von 30 Prozent, so der Ministeriumsvertreter weiter. Die tatsächlich geplanten Senkungen lägen aber nur bei durchschnittlich sieben bis zehn Prozent.

Zugleich machte der BMG-Vertreter darauf aufmerksam, dass alle dialysierenden Praxen in Deutschland in ein umfassendes Qualitätssicherungssystem eingebunden seien. In diesem werde auch die Behandlungsqualität mit erfasst. "Es würde also erkannt werden, wenn die Qualität sinkt", lautete seine Einschätzung.

Was die Belastbarkeit der Zahlen angeht, so konstatiere er einen "Zugewinn an Qualität und nicht ein Wegbügeln von Dingen, die einem nicht passen", sagte Staatssekretär Ilka. Zudem würden die Qualitätsberichte jährlich erstellt und auch veröffentlicht. "Sie können dann natürlich dem Gesetzgeber als Grundlage für gesetzgeberisches Handeln dienen", machte er deutlich. Gleichzeitig sei auch die Selbstverwaltung dazu aufgerufen, "die Ressourcen richtig zu lenken und zu verteilen". Es gebe also genügend Instrumente und genügend Transparenz, um gegebenenfalls einzuschreiten, befand Ilka.

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4. Vorstoß zur Reform des Mietrechts

Recht/Antrag

Berlin: (hib/KOS) Eine Mietminderung soll künftig schon dann möglich sein, wenn die Wohnfläche um weniger als zehn Prozent unter der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche liegt. Mieter sollen vielmehr schon dann zu Abschlägen bei der Mietzahlung berechtigt sein, wenn die vertraglich fixierte Wohnfläche "nur wenig größer ist als die tatsächliche Wohnfläche". Dies sieht ein Antrag der Grünen (17/13098) vor, der auf eine Stärkung der Rechte von Mietern zielt. Die Fraktion will es auch Mietern leichter machen, eine ordentliche Kündigung des Mietvertrags wegen Rückständen bei der Mietzahlung durch eine nachträgliche Begleichung dieser Rückstände hinfällig zu machen. In diesem Punkt sollen die gesetzlichen Regelungen zu ordentlichen und zu fristlosen Kündigungen angeglichen werden. Zudem dürfen nach den Vorstellungen der Grünen irrtümliche Mietminderungen künftig nur noch dann eine Kündigung nach sich ziehen, wenn sich Mieter bei der Beurteilung des Minderungsgrundes "grob fahrlässig oder vorsätzlich" verhalten haben. Entsprechende Nachzahlungen zur Korrektur der irrtümlichen Mietminderung sollen laut Antrag eine Kündigung leichter als bisher verhindern können. Schließlich will die Fraktion Mietern den Nachweis von falschen Betriebskostenabrechnungen erleichtern. Aus diesem Grund sollen u. a. die Vermieter verpflichtet werden, die entsprechenden Belege gegen eine geringe Gebühr den Mietern zu übersenden. Generell sei eine Vereinfachung der Regelungen zur Betriebskostenabrechnung nötig, die bislang häufig zu Rechtsstreitigkeiten führen würden.

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5. Erwerbergemeinschaft musste keine Grunderwerbsteuer bezahlen

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung geht davon aus, dass es sich bei den erzielten Kaufpreisen für die TLG Immobilien GmbH und die TLG WOHNEN GmbH um die besten erzielbaren Marktpreise für die beiden Unternehmen gehandelt hat. An den Mietverträgen ändere sich nichts, und die Sozialcharta sei von den Vertragspartnern unterzeichnet worden, heißt es in den Antwort der Bundesregierung (17/13359) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/13048). Nach Angaben der Bundesregierung zahlten die TAG Administration GmbH 206,7 Millionen Euro für ihre Anteile und die TAG Beteiligungs GmbH & Co. KG 11,1 Millionen Euro. Auf Fragen der Fraktion teilt die Bundesregierung mit, ihr sei bekannt gewesen, dass beide Unternehmen der TAG Immobilien AG gehören. Grunderbsteuer hätten die Unternehmen nicht zahlen müssen, "weil kein Erwerber das erforderliche Quantum von mindestens 95 vom Hundert der Anteile an der grundstückbesitzenden TLG WOHNEN GmbH erworben hat". Das Bundesfinanzministerium sei aus beihilferechtlichen Gründen gehindert gewesen, Erwerbergemeinschaften aus dem Privatisierungsverfahren auszuschließen.

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6. Im Bundestag notiert: Finanzgerichte

Recht/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/KOS) Fragen des Familienlastenausgleichs sollen künftig jene Finanzgerichte behandeln, die für den Wohnsitz des Klägers zuständig sind, und nicht mehr jene Instanzen, deren Sitz sich nach dem Standort jener Behörde bestimmt, bei der das jeweilige Verfahren seinen Anfang nahm. Dies sieht ein Gesetzentwurf des Bundesrats vor (17/13034). Die Länderkammer begründet die Forderung nach einer solchen Umstellung mit der drastischen Reduzierung der Zahl von derzeit 102 örtlichen Familienkassen im Zuge einer Neuorganisation bei der Bundesagentur für Arbeit.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 260 - 13. Mai 2013 - 17:10 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Mai 2013