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BUNDESTAG/3890: Heute im Bundestag Nr. 290 - 03.06.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 290
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 3. Juni 2013 Redaktionsschluss: 16:00 Uhr

1. Europäische Bankenaufsicht unterschiedlich beurteilt
2. Gesundheitsausschuss hört Experten zur Finanzierung von Gesundheit und Pflege
3. Bundesrechnungshof beantragt Entlastung
4. Im Bundestag notiert: Fethullah-Gülen-Bewegung
5. Im Bundestag notiert: Tod eines KSK-Elite-Soldaten
6. Im Bundestag notiert: Opfer der Militärdiktatur in Argentinien



1. Europäische Bankenaufsicht unterschiedlich beurteilt

Finanzausschuss/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die Schaffung einer einheitlichen europäischen Bankenaufsicht ist von den Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag höchst unterschiedlich beurteilt worden. Auch gab es Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Vorhabens.

Grundlage der Anhörung war ein von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP gemeinsam eingebrachter Entwurf für ein Gesetz zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (17/13470). Ziel ist, dass bisher national wahrgenommene Aufgaben der Bankenaufsicht in Zukunft von der Europäischen Zentralbank (EZB) übernommen werden sollen. Mit dem Entwurf soll die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass der deutsche Vertreter im Europäischen Rat zum Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (SSM-Verordnung) in der Fassung vom 16. April 2013 (Ratsdokument 7776/1/13 REV 1) seine förmliche Zustimmung erteilen darf.

Die Deutsche Bundesbank begrüßte in ihrer Stellungnahme die gemeinsame Aufsicht: "Sie ist mit Blick auf die ausgeprägten Verflechtungen europäischer Kreditinstitute und die länderübergreifenden Wirkungen von Bankenkrisen sinnvoll." Allerdings verlangte die Bundesbank auch, dass geldpolitische und aufsichtliche Funktionen "strikt getrennt und die Unabhängigkeit der EZB und ihrer Entscheidungsgremien zweifelfrei gewährleistet werden".

In diese Richtung argumentierten auch andere Sachverständige in ihren Stellungnahmen. Die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, sah ebenfalls den Bedarf "einer klareren Trennung, die sich insbesondere in der organisatorischen und personellen Aufstellung sowie den jeweiligen Befugnissen und Entscheidungsstrukturen innerhalb der EZB niederschlagen muss". Sie vermisste außerdem parlamentarische Kontrolle für die Aufsicht. Der Verband der Auslandsbanken sah seinen Wunsch nach einheitlicher Aufsicht erfüllt und äußerte die Erwartung, dass die EZB in der Lage sein werde, "nationale Interessenkonflikte konstruktiven Lösungen zuzuführen".

Das Thema Unabhängigkeit der EZB betrachteten auch andere Sachverständige: "Eine Bankenaufsicht bei der EZB darf keine Einflussmöglichkeiten auf die Geldpolitik haben, genauso wenig wie die Geldpolitik Einfluss auf die die Bankenaufsicht haben darf", argumentierte Professor Jörg Rocholl (European School of Management and Technology Berlin). Professor Thomas Hartmann-Wendels (Universität zu Köln) bezweifelte, dass die in der Verordnung vorgesehenen Vorkehrungen "ausreichen, um eine strikte Trennung der Aufgaben in der Geldpolitik von der Bankenaufsicht zu gewährleisten". Grundsätzlich sei die Schaffung einer europäischen Bankenaufsicht jedoch zu begrüßen. Als Beispiel für eine ungenügende Trennung nannte Professor Claudia Buch (Institut für Wirtschaftsforschung Halle), dass die EZB davor zurückschrecken könnte, "eine aus Sicht der Geldpolitik gebotene Zinserhöhung vorzunehmen, weil sich hierdurch die finanzielle Lage der von ihr beaufsichtigten Institute verschlechtern würde". Insgesamt bezeichnete Buch eine Bankenunion als sinnvoll. Die gemeinsame Aufsicht bei der EZB bleibe ein unbefriedigender Kompromiss und sei nur ein erster Schritt, dem die nötigen institutionellen Änderungen hin zu einer Bankenunion folgen müssten.

Zu den verfassungsrechtlichen Fragen sagte Professor Rainer Wernsmann (Universität Passau), schon der Wortlaut der Lissabon-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeige, dass ein Gesetz notwendig sei. Hartmann-Wendels erklärte, da die Übertragung der Kompetenzen auf dünnem Eis stehe, sei es sinnvoll, dass der Bundestag zustimme. Dagegen bezeichnete Professor Franz C. Mayer (Universität Bielefeld), das Zustimmungsgesetz sei "bereits in formaler Hinsicht verfassungswidrig". Eine unzureichende Kompetenzgrundlage auf europäischer Ebene könne auf keinen Fall durch ein Zustimmungsgesetz nach Artikel 23 Absatz 1 Grundgesetz in irgendeiner Form "geheilt" werden.

Professor Paul Welfens (Bergische Universität Wuppertal) warnte davor, sich durch Übertragung der Aufgaben auf die EZB in ein "großes Risiko" zu begeben. In seiner Stellungnahme verwies er auf die Zusammensetzung der EZB-Gremien, die nach dem Prinzip "ein Land eine Stimme" erfolgen solle. Das seien "sehr sonderbare Machtverhältnisse". In seiner Stellungnahme schrieb Welfens: "Es besteht das Risiko, dass die Bevölkerungsmehrheit beziehungsweise der ökonomisch größere Teil der Eurozone von einer Stimmenmehrheit kleiner Länder im Fall einer Bankenkrise in den kleineren Ländern ausgebeutet wird; zugleich besteht umgekehrt auch die Gefahr, dass Kosten von Bankenkrisen in großen Ländern faktisch auf die kleineren Länder abgewälzt werden."

Zufrieden mit dem Entwurf zeigte sich Guntram B. Wolff, (Bruegel ThinkTank), der eine Zustimmung zu dem Gesetzentwurf empfahl: "Die gemeinsame Bankenaufsicht ist von zentraler Bedeutung für die Bankenunion, welche als notwendig für die Stabilität des Euroraums eingeschätzt wird. Eine gemeinsame Aufsicht kann auch dazu beitragen, die aus Bankenkrisen resultierenden Kosten für den Steuerzahler zu reduzieren." Bedenken wegen der Trennung von Geldpolitik und Aufsicht, der Interessen der Länder außerhalb des Euroraums und des Subsidiaritätsprinzips bei der Aufsicht kleiner Institute seien zufriedenstellend berücksichtigt worden, "so dass empfohlen wird, zügig zuzustimmen".

Wie die Koalitionsfraktionen in der Begründung des Gesetzentwurfs erläutern, konzentriert sich die direkte EZB-Aufsicht auf "bedeutende" Kreditinstitute der teilnehmenden Länder. Kreditinstitute oder Konzerne mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro oder mehr als 20 Prozent des Bruttoninlandsprodukts eines Mitgliedslandes gelten grundsätzlich als bedeutend. In der Anhörung ging es auch um einen gemeinsamen Antrag von SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/11878), die einen "neuen Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte" fordern. Verlangt wird die Schaffung einer starken europäischen Bankenunion.

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2. Gesundheitsausschuss hört Experten zur Finanzierung von Gesundheit und Pflege

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/SUK) Die solidarische Finanzierung von Gesundheit und Pflege ist Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch, 5. Juni 2013. Ab 14 Uhr werden die Parlamentarier Experten zu einem Antrag der Linksfraktion (17/7197) hören.

Die Linke fordert darin die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf für die Einführung einer "solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung" vorzulegen, die eine umfassende und qualitativ hochwertige Gesundheits- und Pflegeversorgung sicherstellen soll. Dabei müssten Versicherte nach "ihrer individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit" in die Versicherung einzahlen, zudem sollen nach dem Willen der Fraktion der Versichertenkreis auf "alle Menschen, die in Deutschland leben", ausgeweitet und die private Kranken- und Pflegeversicherung auf "Zusatzleistungen" reduziert werden. Dabei soll ein bundesweit einheitlicher Beitragssatz gelten.

Als Experten sind unter anderen Vertreter der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, der Bundesärztekammer (BÄK), des Deutschen Beamtenbunds, des Deutschen Gewerkschaftsbunds, des GKV-Spitzenverbands, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Sozialverbands Deutschland und des Verbands der Krankenversicherten Deutschland e.V. geladen. Als Einzelsachverständige wurden bislang Robert Paquet, Gregor Thüsing, Franz Knieps und Heinz Rothgang benannt.

Die Anhörung findet statt im Anhörungssaal 3 101,
Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (MELH), Eingang:
Adele-Schreiber-Krieger-Str. 1, 10557 Berlin.

Zuhörer werden gebeten, sich im Sekretariat des Ausschusses für Gesundheit mit vollständigem Namen, Geburtsdatum und dem polizeilich gemeldeten Wohnort vorzugsweise per E-Mail (gesundheitsausschuss@bundestag.de) anzumelden.

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3. Bundesrechnungshof beantragt Entlastung

Haushalt/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Der Bundesrechnungshof (BRH) hat im Jahr 2012 insgesamt 125,56 Millionen Euro ausgegeben. Zur Verfügung standen 137,03 Millionen Euro. Das geht aus der Rechnung des BRH für das Haushaltsjahr 2012 hervor, die BRH-Präsident Dieter Engels als Antrag auf Entlastung (17/13640) vorgelegt hat.

Angestiegen sind im vergangenen Jahr die Einnahmen: Eingeplant waren 354.000 Euro, eingenommen wurden tatsächlich 1,27 Millionen Euro.

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4. Im Bundestag notiert: Fethullah-Gülen-Bewegung

Auswärtiges/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Nach der Zusammenarbeit der Bundesregierung mit der Fethullah-Gülen-Bewegung erkundigt sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (17/13609). Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, "inwieweit, bei welcher Gelegenheit und im welchem Rahmen" sich die Bundesregierung mit der Gülen-Bewegung befasst hat, welche Einschätzungen es von Bundesbehörden zu ihr gibt und inwieweit in den letzten fünf Jahren Institutionen, Veranstaltungen oder Projekte der Bewegung mit Bundesmitteln unterstützt wurden. Außerdem fragen die Abgeordnete zu Erkenntnissen über "mögliche Sektenstrukturen" und "möglichen Repressalien gegen Aussteigerinnen und Aussteiger".

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5. Im Bundestag notiert: Tod eines KSK-Elite-Soldaten

Auswärtiges/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Der Tod eines KSK-Elite-Soldaten in Afghanistan Anfang Mai steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (17/13633). Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, wie es zum Beschuss von Aufständischen auf deutsche Soldaten und ihre afghanischen Begleiter westlich von Baghlan kam und wie viele afghanische Soldaten und Zivilisten beziehungsweise wie viele Aufständische dabei getötet oder verletzt wurden. Außerdem fragt die Fraktion, ob die Bundesregierung ausschließen könne, "dass sich infiltrierte Aufständische unter den afghanischen Sicherheitskräften" befanden, die mit den deutschen Soldaten auf Patrouille waren.

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6. Im Bundestag notiert: Opfer der Militärdiktatur in Argentinien

Menschenrechte und humanitäre Hilfe/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Opfer der Militärdiktatur in Argentinien zwischen 1976 und 1983 sind Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/13630). Die Bundesregierung soll zu mehreren Fällen von vermissten und getöteten Deutschen in Argentinien sowie insbesondere auch zur Reaktion der damaligen Bundesregierung Auskunft geben.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 290 - 3. Juni 2013 - 16:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2013