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BUNDESTAG/3958: Heute im Bundestag Nr. 358 - 26.06.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 358
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 26. Juni 2013 Redaktionsschluss: 13:20 Uhr

1. Experten bei Anhörung :Hochwasserschutz länderübergreifend optimieren
2. Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im Steuerrecht einstimmig beschlossen
3. Verbraucher in Deutschland kaufen "Fairtrade"-Produkte im Wert von einer halben Milliarde Euro pro Jahr
4. Im Bundestag notiert: Förderung von Tierfabriken durch Hermesbürgschaften



1. Experten bei Anhörung :Hochwasserschutz länderübergreifend optimieren

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Berlin: (hib/PST) "Wir werden uns daran gewöhnen müssen, eine Jahrhundertflut alle elf oder 15 Jahre zu haben." Das sagte Norbert Rollinger, Vorsitzender des Hauptausschusses Schaden- und Unfallversicherung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), gegenüber dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages. Der Ausschussvorsitzende Ernst Hinsken hatte ihn und weitere Verbandsvertreter zum Gespräch über die Auswirkungen der Flutkatastrophe auf die Wirtschaft geladen. Die Zahl katastrophaler Hochwasser habe sich seit den sechziger Jahren verdreifacht, führte Rollinger aus. Die Versicherer rechneten mit etwas höheren Schäden als bei der Flut 2002, als sie für 1,8 Milliarden Euro aufkommen mussten. Einschließlich nichtversicherter Schäden und der Schäden an der öffentlichen Infrastruktur sei eine Summe von zehn bis elf Milliarden zu erwarten.

Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Magdeburg, Wolfgang März, lobte, dass alle Beteiligten aus der Flut 2002 gelernt hätten und die Bewältigung der Flut "hervorragend klappt". Dennoch habe das Hochwasser "unendlich viel Leid für Bevölkerung und Wirtschaft" gebracht. Deichbaumaßnahmen in Sachsen seit der letzten Flut hätten dazu geführt, dass Sachsen-Anhalt diesmal noch stärker betroffen sei. Hier müsse "grundsätzlich etwas passieren". März forderte eine bundeseinheitliche Regelung für den Hochwasserschutz.

Die Maßnahmen seit 2002 spiegeln sich in der vorläufigen Schadensbilanz des Handwerks. 2002 seien 2800 Handwerksbetriebe direkt geschädigt worden, jetzt nur 1.700 bis 1.800, berichtete Dirk Palige, Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Da aber dort, wo die Deiche nicht hielten, das Wasser höher stand, sei der Gesamtschaden diesmal höher. Ähnlich wie März forderte auch Palige, daraus zu lernen und den Hochwasserschutz länderübergreifend zu optimieren.

Dieses Anliegen fand unter den Mitgliedern des Wirtschaftsausschuss allgemeines Wohlwollen, wobei die Lösungsvorschläge von einer Kompetenzverlagerung auf den Bund (Die Linke) bis zu einer Ländervereinbarung ohne Beteiligung des Bundes (FDP) reichten. Die Verbandsvertreter selbst wollten sich auf die Frage aus der SPD-Fraktion, wie sie sich einen bundeseinheitlichen Hochwasserschutz vorstellen, nicht festlegen. Auf jeden Fall sei eine bessere Abstimmung nötig, sagte Norbert Rollinger (GDV), und Dirk Palige (ZDH) ergänzte, eine "bundesweite Koordinierung wäre ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung".

Aus der CDU/CSU-Fraktion kam die Frage an den GDV, wie sich die Zahl der Geschädigten aufteilt in diejenigen, die versichert sind, diejenigen, die sich versichern könnten, es aber nicht getan haben und diejenigen, die keine Versicherung bekämen. Rollinger erläuterte, dass über 99 Prozent der Gebäude versicherbar seien. Lediglich 50.000 bis 60.000 Häuser in Deutschland seien wegen besonderer Hochwassergefährdung nicht versicherbar. Die Zahl der Elementarschadensversicherungen sei in den letzten Jahren zwar kontinuierlich gestiegen, noch immer seien aber mehr als zwei Drittel der Gebäude nicht versichert.

Die Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen wies auf ein Problem der Fluthilfe aus Steuermitteln für Nicht-Versicherte hin: "Irgendwann lohnt es sich nicht mehr, sich zu versichern." Vor diesem Hintergrund fragte sie, ob eine Pflichtversicherung sinnvoll sein könnte. Rollinger verneinte dies. Wenn man auf jeden Fall einen Schaden ersetzt bekäme, entfiele der Anreiz für den Einzelnen, Flutvorsorge zu treffen. Auch Dirk Palige (ZDH) erklärte, er sei "kein Freund der Pflichtversicherung".

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2. Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im Steuerrecht einstimmig beschlossen

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe im Einkommensteuerrecht einstimmig zugestimmt. Alle Fraktionen stimmten für den von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 (17/13870), der eine Anwendung des Splittingtarifs für Lebenspartnerschaften vorsieht. Änderungsanträge und Gesetzentwürfe der Oppositionsfraktionen wurden von der Koalitionsmehrheit zurückgewiesen.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte, mit dem Gesetzentwurf werde der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts eins zu eins umgesetzt. Man habe den Weg einer Generalnorm im Steuerrecht zur Gleichstellung der Lebenspartnerschaft gewählt, um noch vor der parlamentarischen Sommerpause zu einem gesetzgeberischen Abschluss zu kommen. Es sei beabsichtigt, alle im Steuerrecht betroffenen Bestimmungen im Detail zu ändern, aber das werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Auch der Vertreter der Bundesregierung versicherte, sie werde die Umsetzung des Urteils eins zu eins nicht hintertreiben, brauche aber Zeit, um die zahlreichen Einzelbestimmungen zu ändern.

Diese Angaben stießen auf Widerspruch bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die genügend Zeit für eine umfassende Gesetzesänderung sah. Der Gesetzesbeschluss könne noch auf der im September geplanten Bundestagssitzung erfolgen.

Von der SPD-Fraktion wurde kritisierte, dass im Koalitionsentwurf nur bei noch offenen Steuerfällen eine rückwirkende Änderung erfolgen solle. Auch die anderen Oppositionsfraktionen äußerten sich ähnlich.

Die FDP-Fraktion begrüßte die Einigkeit aller Fraktionen darüber, dass das Steuerrecht umfassend geändert werden müsse, auch wenn der Zeitpunkt umstritten sei. Immerhin sei dies ein Signal an die Betroffenen. Einen Eingriff in die schon bestandskräftigen Steuerfälle lehnte die FDP-Fraktion auch mit Hinweis auf die geringen finanziellen Auswirkungen ab. In wichtigen Fällen hätten die Betroffenen dafür gesorgt, dass die Steuerbescheide nicht bestandskräftig geworden seien.

Die Fraktion die Linke widersprach diesem Argument mit dem Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz. Der Gesetzgeber sei in der Pflicht, für eine saubere Regelung zu sorgen und für Gerechtigkeit. Zur Frage der Rückwirkung wurde aus der CDU/CSU-Fraktion angeregt, für Betroffene zu prüfen, ob eine "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" möglich sei.

Auf Fragen von Abgeordneten, ob zum Beispiel im kirchlichen Bereich tätige Lebenspartner für das Splitting unbedingt die Lohnsteuermerkmale ändern lassen müssten, erklärte der Vertreter der Bundesregierung, ein "steuerliches Outing" sei nicht erforderlich. So gebe es heute bei Ehepaaren die Möglichkeit, dass beide die Steuerklasse I (Ledige) oder die Steuerklasse IV wählen könnten.

Der einstimmig beschlossene Entwurf sieht vor, das die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu Ehegatten und Ehen nach Maßgabe des Gerichtsurteils auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften angewendet werden. Zu den Haushaltsausgaben heißt es, die Steuermindereinnahmen würden in diesem Jahr 175 Millionen Euro betragen. 150 Millionen davon entstehen wegen der rückwirkenden Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe für alle noch offenen Fälle. 2014 wird mit Mindereinnahmen in Höhe von 40 Millionen Euro gerechnet, 2015 mit 65 Millionen Euro und ab 2016 mit 70 Millionen Euro für alle staatlichen Ebenen zusammen. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird darauf hingewiesen, dass durch die Teilnahme von Lebenspartnern an der pauschalierenden Wirkung des Splittingverfahrens Unterhaltszahlungen für den Lebenspartner beziehungsweise die Lebenspartnerin nicht mehr nachgehalten und für den steuerlichen Abzug im einzelnen nachgewiesen werden müssten.

Die SPD-Fraktion wollte mit ihrem von der Koalitionsmehrheit abgelehnten Entwurf (17/13871) über die zwingenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinaus auf Antrag der Lebenspartner auch die Änderung bereits bestandskräftiger Steuerfestsetzungen ermöglichen. Dazu hieß es, das Gericht habe dem Gesetzgeber die Entscheidung überlassen, ob die begünstigenden Neuregelungen auch für bereits abgeschlossene Steuerfälle gelten sollen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wollte mit ihrem ebenfalls abgelehnten Entwurf (17/13872) auch eine Rückwirkung ab dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes (31. Juli 2001) erreichen.

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3. Verbraucher in Deutschland kaufen "Fairtrade"-Produkte im Wert von einer halben Milliarde Euro pro Jahr

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) In Deutschland werden an 42.000 Verkaufsstellen und in 20.000 gastronomischen Einrichtungen Produkte mit dem "Fairtrade"-Siegel angeboten. Das berichtete der Vorstandsvorsitzende von Transfair e.V., Heinz Fuchs, am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Im Jahr 2012 seien 51 neue Lizenzpartner mit 241 neuen Produkten hinzugekommen. Insgesamt dürfen in Deutschland mehr als 2.000 Produkte das Siegel tragen, das für die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards bei der Herstellung in den Herkunftsländern und für faire und entwicklungsförderliche Handelsbeziehungen bürgt. Laut Hochrechnungen kauften Verbraucher in Deutschland im vergangenen Jahr "Fairtrade"-Produkte im Wert von rund einer halben Milliarden Euro, sagte Fuchs. Damit sei fairer Handel aus der Nische herausgetreten: Weiteres Wachstum in diesem Bereich könne einen wirksamen Beitrag zur Armutsminderung und zur ländlichen Entwicklung leisten. Fuchs wies unter anderem auf den Zuspruch der Konsumenten hin: Die Bekanntheit des "Fairtrade"-Siegels liege laut Marktforschungen bei 80 Prozent, 98 Prozent der Befragten gaben an, dem Label zu vertrauen.

Als Herausforderungen benannte Fuchs unter anderem den Aufbau von Strukturen und Beratungsangeboten in Entwicklungsländern, um Produzenten dort die Teilnahme an "Fairtrade" zu ermöglichen sowie die Entwicklung eines "Fairtrade"-Standards für Textilprodukte. Vorhaben solcher Tragweite überstiegen jedoch die Ressourcen des "Fairtrade"-Systems und seien nur in Kooperation mit staatlicher Entwicklungszusammenarbeit zu ermöglichen.

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4. Im Bundestag notiert: Förderung von Tierfabriken durch Hermesbürgschaften

Wirtschaft und Technologie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Exportkreditgarantien des Bundes werden nicht für Projekte oder Unternehmen im Ausland übernommen, sondern für deutsche Exporte. Vorrangiger Förderzweck sei der Erhalt von Arbeitsplätzen in Deutschland durch die Exportgeschäfte, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung (17/13843) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/13623) zur Förderung von Tierfabriken durch Hermesbürgschaften und internationale Finanzinstitutionen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 358 - 26. Juni 2013 - 13:20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2013