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BUNDESTAG/4793: Heute im Bundestag Nr. 658 - 18.12.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 658
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 18. Dezember 2014, Redaktionsschluss: 10.25 Uhr

1. Finanzierung der Bahn zugestimmt
2. Experten: Mehr tun gegen Internetsucht
3. Weiterentwicklung der Produktverantwortung
4. Bildung in Deutschland soll gestärkt werden
5. Forschungen zur Barrierefreiheit



1. Finanzierung der Bahn zugestimmt

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) Der Haushaltsausschuss hat am Mittwochabend der Fortschreibung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV II) zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG (DB AG) zugestimmt. Für den Vertragsentwurf votierten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD; bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmte die Linksfraktion dagegen.

Die LuFV ist das zentrale Instrument zur Finanzierung von Investitionen zum Erhalt des Schienennetzes. Derzeit umfasst sie ein Volumen von drei Milliarden Euro pro Jahr, wozu der Bund etwa 2,5 Milliarden Euro beisteuert. Die LuFV II, die nach dem Votum des Ausschusses unterzeichnet werden kann, soll ab dem 1. Januar 2015 eine Laufzeit von fünf Jahren haben und umfasst einen Bundeszuschuss von jährlich durchschnittlich vier Milliarden Euro - also insgesamt 20 Milliarden Euro. Zudem will die DB AG selbst in dieser Zeit acht Milliarden Euro in das Netz investieren, so dass insgesamt 28 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

Keine Mehrheit fand im Ausschuss ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Forderung, den Vertrag nicht zu unterzeichnen und nachzuverhandeln. Dabei sollten Hinweise des Bundesrechnungshofs berücksichtigt werden, der den Vertragsentwurf kritisiert hatte.

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2. Experten: Mehr tun gegen Internetsucht

Kinderkommission/Fachgespräch

Berlin: (hib/ABB) Experten wünschen sich mehr Beratungs- und Präventionsmaßnahmen für Eltern, Kinder und Jugendliche. In dieser Meinung waren sich die Mitglieder der Kinderkommission (KiKo) und geladene Experten aus den Bereichen der Kinder- und Jugendpsychotherapie und Suchthilfe am Mittwochnachmittag einig. Für die Eltern ist die Medienerziehung als Aufgabe hinzugekommen. Deshalb sei es wichtig, dass sie ein Grundverständnis an Medienkompetenzen haben und vermitteln können. "Man muss den Eltern klar machen, dass sie Rollenvorbilder sind, ob sie es wollen oder nicht", so Bernd Werner, Berufsschulpastor der Stiftung Medien- und Onlinesucht. Er betonte, dass Präventionsprogramme in Form von Telefonberatung, Workshops oder Elternabenden wichtige Schritte seien, um die Eltern zu sensibilisieren. "Es beginnt mit dem Verständnis für das Interesse der Kinder an den neuen Medien, sich also auch mal von seinem Kind das Smartphone erklären lassen." Dieser Meinung stimmte auch Philipp Theis von Vitos Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Bad Wilhelmshöhe zu. Er wünsche sich die Anerkennung von Medienabhängigkeit als eigenständige psychische Erkrankung. Dadurch könnten Leitlinien festgelegt und der Ausbau von regionalen Versorgungsprogrammen gefördert werden. "Kinder sollen nicht einfach in eine Klinik, fünf bis sechs Wochen unter der Käseglocke leben und das reiche dann aus", argumentierte er. "Sozialisation findet zuhause statt, die Eltern können wir nicht entbinden." Auch Diplom-Soziologe Michael Dreier von der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz bestätigte, dass es Eltern oft nicht bewusst sei, dass die Kinder deren Nutzungsverhalten mit neuen Medien kopieren würden. Er hob aber hervor, dass ein hohes Online-Engagement "nicht per se problematisch" sei. Phasen exzessiver Internetnutzung könnten auch einen entwicklungsspezifischen Hintergrund haben, so Dreier. Internetabhängigkeit sei mit psycho-sozialen Belastungen und geringen Medienkompetenzen verbunden. "Das Internet dient als starke Selbstbestätigungsquelle und die Kinder erleben dort positive Gefühle, die sie in der realen Welt möglicherweise nicht empfangen", erklärte Dreier. Diese Meinung hob auch Theis hervor: "Angststörungen, Depressionen sind bei Internetsüchtigen meist schon vorab vorhanden." Ihr exzessives Mediennutzungsverhalten sei daher eine Art der Therapie.

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3. Weiterentwicklung der Produktverantwortung

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Im Interesse des Ressourcenschutzes muss es eine Weiterentwicklung der Produktverantwortung geben. Diese Forderung erhoben die am Mittwoch zu einer öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Beirats für Nachhaltigkeit geladenen Experten. In der Frage, ob dies durch die Schaffung von Anreizen oder eher durch verbindliche gesetzliche Regelungen erreicht werden kann, gab es unterschiedliche Ansichten. So sprach sich Stefan Schridde vom Verein "Murks? Nein danke!" eindeutig für klare Regularien aus. "Wir brauchen mehr Pflichten statt Anreize", sagte er. Dagmar Parusel von der EPEA Internationale Umweltforschung GmbH vertrat die Ansicht, dass der Staat zwischen den Akteuren vermitteln und Anreize für Hersteller zur ressourcenschonenden und recycelfähigen Produktion geben solle. Stefan Wöhrl vom Verband der Automobilindustrie (VDA) plädierte für freiwillige Verpflichtungen der Hersteller.

Die Autoindustrie habe schon 1996 freiwillige Zusagen gemacht, Fahrzeuge zurückzunehmen, sagte Wöhrl. Erst fünf Jahre später sei dies auf EU-Ebene gesetzlich festgeschrieben worden. Auch weltweit habe der VDA - ohne gesetzliche Verpflichtung - Standards auf den Weg gebracht, wie etwa die ISO-Norm für Recycling und die Kennzeichnung in Demontage-Handbüchern, welcher Kunststoff wo verbaut sei.

Mehr Verbindlichkeit bei der Produktverantwortung forderte indes Benjamin Bongardt vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Derzeit gebe es diese lediglich in aufgeweichter Form im Kreislaufwirtschaftsgesetz, wo die Rede davon sei, dass Produkte "möglichst" abfallarm zu gestalten seien. Dabei sei die Produktverantwortung "das richtige Instrument für den Ressourcen- und den Klimaschutz", zeigte sich der NABU-Vertreter überzeugt. Es gelte daher, das Kreislaufwirtschaftsrecht zu stärken und verbindlich zu machen. Zugleich sprach sich Bongardt für ein Ressourcenschutzgesetz aus.

"Der qualitative Zustand - bezogen auf die Inhaltsstoffe unserer heutigen Alltagsprodukte - ist nach wie vor für eine Vielzahl der Umweltprobleme verantwortlich", sagte die Biologin Dagmar Parusel. Viele Inhaltsstoffe und Komponenten der Produkte seien nicht hinreichend bekannt und stellten daher eine Gefahr für Umwelt und Gesundheit dar. So fänden sich in einem Joghurtbecher 300 Chemikalien, in einer einfachen Alu-Dose mehr als 120 Chemikalien. Kreislaufwirtschaft sei mit solchen Produkten nicht möglich, sagte Parusel.

Für eine Ausdehnung der Produktverantwortung auf Haushaltsabfälle, die eine ähnliche Zusammensetzung wie Verpackungen haben, sprach sich Evelyn Hagenah vom Umweltbundesamt aus. "Wir brauchen die verbindliche Einführung einer Wertstofftonne", sagte sie. Wichtig seien zudem Recycling-Quoten. Mit Blick auf die europäische Ebene zeigte sich Hagenah enttäuscht, dass das EU-Paket zur Kreislaufwirtschaft zurückgezogen worden sei. "Das ist kein gutes Signal", befand sie.

Die heutigen Recycling-Quoten stammten noch aus den 1990er Jahren und seien inzwischen überholt, bemängelte Agnes Bünemann von der cyclos GmbH, einem Sachverständigenbüro für Entsorgungsfragen. "Das muss man etwas tun", forderte sie. Schaffe man es, hier den Wettbewerb auf einem höheren Recyclingniveau zu führen, könnten dadurch auch Investitionshemmnisse überwunden und Wettbewerbsnachteile ausgeschaltet werden, sagte die Abfallexpertin.

Für ein Produktverantwortungsgesetz sprach sich Stefan Schridde vom Verein "Murks? Nein danke!" aus. Er warf Handel und Herstellern zugleich vor, absichtlich für eine verkürzte Lebensdauer von Produkten zu sorgen. Es sei möglich, bei gleichen Kosten deutlich langlebigere Produkte herzustellen. Die Industrie wolle dies jedoch nicht. Daher werde ein Gesetz gegen die "geplante Obsoleszenz" benötigt.

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4. Bildung in Deutschland soll gestärkt werden

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Eine qualitativ hochwertige Bildung ist von herausragender Bedeutung für die persönliche Entwicklung eines Menschen und gleichzeitig die beste Absicherung gegen Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel. Nur durch ausreichende und nachhaltige Investitionen in die Bildung lassen sich Zukunftschancen für jeden einzelnen Menschen und Wohlstand für die Gesellschaft insgesamt sichern. Das bundesdeutsche Bildungssystem steht dabei vor großen Herausforderungen, die nur in enger Abstimmung von Bund, Ländern und Kommunen gelöst werden können, schreiben die Fraktionen CDU/CSU und SPD in ihrem Antrag (18/3546). Ohne einen verstärkten Einsatz und eine intensive Kooperation aller staatlichen Ebenen und ohne ein nachhaltiges Engagement auch aus der Wirtschaft heraus werde die Erreichung des Ziels, sieben Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) für Bildungsausgaben zur Verbesserung von Quantität und Qualität der Bildungsförderung aufzuwenden, nicht zu erreichen sein, befürchtet die große Koalition.

Deshalb fordert die Große Koalition die Bundesregierung auf, bei der Förderung der Bildungsforschung die Schaffung guter Rahmenbedingungen für die Förderung einer inklusiven Bildung als ein Schwerpunktthema weiter zu führen. Hierzu gehöre auch, den Forschungsbedarf im Bereich von Technologien zu fördern, die Behinderungen kompensieren und Forschungsprojekte für die Entwicklung von Strategien mit dem Schwerpunkt Lernmaterialen und Unterrichtshilfen für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung zu fördern. Bei den Ländern soll darauf hingewirkt werden, dass die Kultusministerkonferenz einen Entwicklungsplan zur Schaffung von inklusiven Bildungseinrichtungen aufstellt, der die positive Entwicklung in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, sowie im Grundschulbereich auch für den Sekundarbereich I weiterführt und die Möglichkeiten der Eingliederungshilfe mit speziellen Fördermitteln der Länder und Kommunen hierzu verbindet. Die verstärkte Aus- und Weiterbildung des Personals für die neuen Aufgaben der inklusiven Bildung soll durch gezielte Maßnahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung in Abstimmung mit den Bundesländern gefördert werden, und zwar von der Kindertagesstätte, über die Schule, der beruflichen Bildung bis zur Hochschule.

Gemeinsam mit den Bundesländern soll ein regelmäßiger Fachkongress im zweijährigen Rhythmus mit Politikern, Wissenschaftlern, Pädagogen, Eltern sowie Vertretern von Behindertenverbänden und der Selbsthilfe durchgeführt werden, um konkrete und weiterführende Handlungsempfehlungen zur Inklusion auf Grundlage der Bewertung der bisherigen Arbeit vorzubereiten. Es soll nach den Vorstelllungen der Großen Koalition die Qualifizierung in der Lehrerbildung auf dem Gebiet der Inklusion und auf diesen Bereich ausgerichtete Lehrpläne für alle Schulstufen und alle Schularten weiter unterstützt werden. In diesen gemeinsamen Initiativen mit den Ländern, denen primäre Verantwortung hierfür zukomme, sollten auch weitere Fachkräfte für eine erfolgreiche Inklusion einbezogen werden. Ohne die zusätzliche Betreuung durch Sozialpädagogen könne Inklusion im regulären Schulunterricht nicht gelingen.

Zudem beschäftigt sich der Antrag unter anderem mit den Themen "Diagnostik von sonderpädagogischem Förderungsbedarf", der Sprachstandfeststellung, der qualifizierten Aus- und Weiterbildung von Erziehern und den Bildungsketten, mit Jugendberufsagenturen und der hohen Abbruchsquote in der dualen Ausbildung.

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5. Forschungen zur Barrierefreiheit

Verkehr und digitale Infrastruktur/Unterrichtung

Berlin: (hib/MIK) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat zur Umsetzung einer Entschließung des Bundestages (17/10859) unter anderem die Durchführung eines Forschungsvorhabens initiiert. Dies geht aus der Unterrichtung durch die Bundesregierung (18/3544) zum Stand und Fortschritt der Verhandlungen über einen barrierefreien Fernbuslinienverkehr auf EU-Ebene hervor.

Zudem arbeitet die Bundesregierung an einem Vorschlag zur Erweiterung der international harmonisierten Bestimmungen für die Beförderung von Rollstuhlnutzern in Kraftomnibussen, heißt es in der Unterrichtung weiter. Damit solle zukünftig die Möglichkeit geschaffen werden, in Bussen auch Rollstühle mit großer Masse (zum Beispiel Elektrorollstühle) sicher befördern zu können.

Schließlich hat die Bundesregierung die Europäische Kommission über die Gesetzesnovelle informiert und darum gebeten, auch auf der europäischen Ebene vergleichbare Regelungen zu treffen, die eine Barrierefreiheit im Fernlinienbusverkehr gewährleisteten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 658 - 18. Dezember 2014 - 10.25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2014


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